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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition)
Autoren: Susan Andersen
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Griffus getötet hatte. Auf einer viel tieferen Ebene als derjenigen, auf der ihn das Ganze berührte, einer viel tieferen Ebene als der seines vergeblichen Wunsches, an einem toten Mann Rache zu üben für die entsetzlichen Dinge, die dieser der von ihm geliebten Frau angetan hatte, wusste Vincent, was das für sie bedeutet hätte.
    Es wäre eine Entscheidung gewesen, die sie kaum mit ihren Überzeugungen hätte in Einklang bringen können. Letztlich hätte sich das als ein größeres Hindernis auf dem Weg zu ihrer Gesundung herausgestellt als all die Erlebnisse, mit denen sie ohnehin fertig werden musste.

20
     
    Um Viertel nach vier in der Früh wurde Ivy aus der Notaufnahme entlassen, und das Erste, was sie tat, als Vincent sie in seine Wohnung gebracht hatte, war, unter die Dusche zu gehen. Sie blieb so lange darunter stehen, bis nur noch lauwarmes Wasser aus der Leitung kam.
    Vincent saß mit angezogenen Knien auf dem Boden des Badezimmers, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und döste, als sie aus der Duschkabine trat. Das erste Lächeln seit langer Zeit spielte um ihre Lippen, und sie kitzelte ihn mit ihrem Zeh. »Hey.«
    »Mmmh?« Er blinzelte. »Oh. Entschuldige. Ich muss wohl kurz eingeschlafen sein.« Das kratzende Geräusch seiner Finger, die über seine rauen Wangen strichen, wurde in dem gefliesten, engen Bad noch verstärkt. Er reichte ihr ein Handtuch. »Hier. Das brauchst du wohl.«
    »Danke«, antwortete sie.
    Vincent stand schweigend da, während sie sich abtrocknete. Er fühlte sich unsicher und wünschte, er könnte irgendetwas tun, was sie von dem Alptraum befreite, in den Griffus sie gestürzt hatte, wusste aber nicht, was das sein könnte. »Möchtest du darüber reden?«, fragte er schließlich.
    Die Hand, mit der sie ihre Haare trocknete, hielt inne, und sie sah ihn mit gehetzten, umschatteten Augen an. »Nein. Ich habe alles gesagt.«
    »Dann vielleicht morgen?«
    »Ja.« Ivy warf das Handtuch in die Ecke. »Vielleicht morgen.« Sie trat auf Vincent zu, umfasste seine Taille mit beiden Armen und legte die Stirn in seine Halsbeuge. »Weißt du, was ich am liebsten täte?«
    Vorsichtig strich er mit den Händen über ihren Nacken. »Nein, was denn, Liebes?«
    »Am liebsten wäre mir, wenn du mich ins Bett bringen und ganz fest halten würdest, bis ich einschlafe.«
    Vincent stieß die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Er hob sie auf seine Arme und trug sie durch die Tür. »Nun, das ist etwas«, sagte er, als er auf das Schlafzimmer zusteuerte, »womit ich gerade noch fertig werde.«
     
    Als Ivy spät am nächsten Morgen aufwachte, lag Vincent auf einem Arm gestützt neben ihr und inspizierte das orangefarbene Antiseptikum, das über den Zahnabdrücken auf ihrer rechten Brust aufgetragen worden war. »Ich hätte da sein sollen«, sagte er, als er bemerkte, dass sie wach war. Er strich ihr sanft über die leicht geschwollene Wange und fügte reumütig hinzu: »Es war nicht das erste Mal, dass ich dich im Stich gelassen habe, Ivy. Es tut mir so Leid.«
    »Wo warst du, Vincent?«
    Nachdem er es ihr erzählt hatte, versuchte er, ihr zu erklären, wie es kam, dass er gestern Abend seinen Argwohn, der ihm jeden ihrer Schritte verdächtig erscheinen ließ, überwunden und plötzlich Vertrauen zu ihr gefasst hatte. »Ich wusste praktisch schon beim ersten Mal, als wir miteinander geschlafen haben, dass ich dir vollkommen ausgeliefert war«, gestand er ihr, legte sich neben sie und nahm sie in die Arme. »Ich war dir mit Haut und Haaren verfallen – und das hat mich zu Tode erschreckt, Ive.«
    »Aha.« Dafür, dass dieser Laut praktisch nichts aussagte, schaffte sie es, eine ganze Menge Skepsis hineinzulegen.
    »Glaubst du vielleicht, ich mache Spaß? Ich habe immer gewusst, dass du die Macht hast, mich zu vernichten. Verdammt, ich habe so lange mit angehaltenem Atem darauf gewartet, dass du genau das tun würdest, dass ich schon ganz blöd im Kopf davon war – Sauerstoffmangel«, witzelte er, aber die Augen, denen sein Blick begegnete, als er ihr den Kopf zuwandte, waren vollkommen ernst. Er atmete aus, wandte sich wieder ab und starrte an die Decke. »Ich schätze mal, dass ich dachte, Angriff wäre die beste Verteidigung. Womit ich allerdings nur erreicht habe, dich zu vertreiben.« Einen Moment lang war Vincent still, bis er sich erneut aufstützte und sie ansah. »Und dann, gestern Abend, zack! Ich wusste es, einfach so. Ich wusste, dass du mich nie betrügen würdest. Dass du
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