Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
auf den Weg.
Auf der Fahrt beschäftigten ihn zwei Gedanken. Er konnte es kaum erwarten, Annie in die Arme zu schließen. Und er wollte keine zehn Tage von ihr getrennt sein. Selbst ein ganzer Strand voller nackter Frauen konnte ihn nicht eher geneigt machen, ausgerechnet jetzt zu verreisen. Aber er hatte bereits gepackt, weil er es nicht auf die letzte Minute verschieben wollte, und er würde es hinter sich bringen. Danach aber sollte es, so weit es an ihm lag, bei Annie mit Volldampf voraus heißen. Und sie sollte es dann auch besser nicht wagen, ihn hängen zu lassen. Er war jetzt zweiunddreißig und hatte viele Freundinnen gehabt, aber er konnte sich nicht erinnern, jemals eine Frau so begehrt zu haben, wie er sie begehrte. Zum Teufel, er begehrte die ganze Familie. Er wollte, dass Annie ein Teil seiner Familie wurde und dass die beiden Familien sich verbanden und Zuwachs bekamen.
Er war sogar verlobt gewesen, ohne derartige Wünsche zu hegen. Es war geradezu unheimlich.
Kaum war er zu Hause – die Welpen schleckten gerade ihr Abendessen auf –, als der Pager an seinem Gürtel vibrierte. Die Telefonnummer kannte er, es war ein Pferdezüchter, dessen Tiere er betreute. Seine Lieblingspatienten, Vollblüter. Die Familie wohnte nicht in der Nähe, sondern jenseits der Bezirksgrenze in Mendocino.
Nate rief zurück. Eine ihrer wertvollen Zuchtstuten hatte eine Fehlgeburt, drehte völlig durch und bearbeitete die Wände ihrer Box mit den Hufen.
Anschließend legte er auf, behielt den Hörer jedoch in der Hand. Enttäuscht atmete er einmal tief durch, wählte dann die Nummer der McKenzie-Farm und fragte nach Annie.
„Nate? Was ist los?”, fragte sie ihn, als sie den Hörer aufnahm.
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich es hasse, aber ich habe einen Notfall und muss weg. Eine Stute, die eine Fehlgeburt hat, und der Stall befindet sich im Nachbarbezirk. Es könnte eine komplizierte Sache sein, das heißt, es könnte spät werden.”
„Mach dir keine Sorgen wegen der Zeit, Nate. Kümmere dich um das Pferd.”
„Liebes, vielleicht solltest du lieber nicht hier auf mich warten, denn es wäre möglich, dass ich dort festgehalten werde, bis es sehr spät ist. Unter Umständen muss ich sogar die ganze Nacht dortbleiben und habe dann gerade noch Zeit genug, nach Hause zu fahren, mich zu waschen und für die Abreise fertig zu machen. Aber, Annie, ich werde nicht fahren, ohne dich noch mal zu sehen. Im schlimmsten Fall schau ich bei dir im Laden vorbei, wenn ich morgen durch Fortuna komme.”
„Das ist nicht nötig, Nate. Wenn dir die Zeit knapp wird, ruf mich einfach an.”
„Aber ich
muss
einfach”, sagte er weich. „Ich kann nicht abreisen, ohne dich noch einmal in die Arme zu nehmen, ohne dir einen Abschiedskuss zu geben.”
„Du bist so süß. Aber wenn es nicht funktioniert, kann ich das verstehen. Fahr vorsichtig. Ich hoffe, dass mit der Stute alles in Ordnung kommt.”
Obwohl Nate sie gewarnt hatte, dass er unter Umständen erst sehr spät wieder zurückkommen könnte, fuhr Annie zu seinem Haus. Sie hatte an seiner Stimme erkennen können, wie sehr er sich wünschte, noch etwas Zeit mit ihr zu verbringen. Und was gab es denn schon, das sie daran gehindert hätte? Falls er morgen früh noch immer nicht zurück sein sollte, würde sie die Welpen füttern, dann nach Hause fahren, duschen und sich für die Arbeit fertig machen.
Seltsamerweise fühlte sie sich von dem großen Schlafzimmer angezogen, obwohl sie gar keinen Grund hatte, es zu betreten. Der Anblick von zwei Koffern, die mit Kleidung vollgepackt offen auf dem Boden standen, machte sie so tieftraurig, dass ihr das Herz ein wenig schmerzte. Oh ja, sie würde ihn sehr vermissen! Dann überfiel sie die Enttäuschung. Sie hatte sich darauf gefreut, noch eine oder zwei Stunden mit ihm zu kuscheln, bevor sie ihn für sein zehntägiges Abenteuer aufgeben musste. Jetzt würde wahrscheinlich nichts daraus werden.
Hör auf zu jammern, Annie, wies sie sich zurecht. Und damit schälte sie sich aus der Jacke und sah nach, ob die Welpen gut versorgt waren. „Also, meine kleinen Schätzchen”, redete sie mit der Kiste voller sich windender, springender, jaulender, vibrierender kleiner Hündchen. „Igitt”, fügte sie hinzu, als sie etwas anwehte. „Wie ich sehe, ist es an der Zeit für eine kleine Auffrischung.“ Und dann machte sie sich daran, ihren Schützlingen ein sauberes Fell und ein trockenes Bett zu verschaffen. „Jawohl, ihr seid
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