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Unser Sommer in Georgia

Unser Sommer in Georgia

Titel: Unser Sommer in Georgia
Autoren: P Henry
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möglichst schnell und möglichst weit weglaufen wollte.
    »Als ich ›ganz gut‹ gesagt habe, habe ich gemeint, dass sie nicht ...«
    »Tot ist«, vervollständigte Maisy den Satz ihrer Schwester.
    »So deutlich wollte ich es nicht sagen. Sie kann wieder nach Hause, aber sie wird bettlägerig sein ...«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen will.«
    Maisy schloss die Augen. »Doch, klar weiß ich das. Du willst sagen, dass ich früher kommen soll. Und länger bleiben.«
    »Ja, du musst nach Hause kommen.«
    »Nein.« Maisy öffnete die Augen wieder, nahm ein herumliegendes Stück Stoff in die Hand und faltete es ordentlich zusammen. »Wenn irgend möglich, helfe ich euch von hier aus, aber ich kann nicht länger bleiben als das eine Wochenende. Ich habe hier einen Job ... und Freunde. Mein Leben eben.«
    »Deine Familie braucht dich, Maisy. Du weißt ja, dass der Buchladen ruiniert ist, wenn die Veranstaltungen nächste Woche nicht genug ... Geld einbringen. Dann ist alles futsch. Das weißt du doch.«
    »Jetzt komm mir bitte nicht mit der Familie! Ich kann mich nicht entsinnen, dass jemand von euch hier nach Laguna Beach gekommen wäre, um mir zu helfen.«
    »Schließlich warst du es ja, die abgehauen ist.«
    »Das stimmt. Und ich bleibe hier. Also, was kann ich tun, um euch zu helfen?«
    »Nimm ein früheres Flugzeug, und lass den Rückflug offen!« Riley brach die Stimme, so angestrengt war sie bemüht, die Tränen zurückzuhalten. »Bitte!«
    »Nein«, wiederholte Maisy, aber sie merkte, dass ihre Antwort bereits wie eine verwässerte Version des Nein klang, das sie gerade eben ausgesprochen hatte. Sie wusste, wie es weitergehen würde - ihre Weigerung würde immer weniger entschieden werden und sich bald in ein Vielleicht und dann in ein Ja verwandeln. Vorher musste sie auflegen.
    Rileys Stimme wurde kräftiger. »Ich ... Wir brauchen dich, Maisy.«
    »Ich wollte nur zur Abschlussparty kommen und dann gleich wieder verschwinden. Fertig, aus. Nur unsere Mutter konnte auf die Idee verfallen, ihren Fünfundsechzigsten mit der Zweihundertjahrfeier für das Haus zusammenzulegen - ist doch wahr. Und jetzt das noch!«
    »Hör auf, Maisy!«
    »Kannst du denn nicht Adalee anrufen und ihr sagen, dass sie euch helfen soll?«
    »Das mache ich, sobald wir aufgelegt haben.«
    Das Rauschen in der Leitung klang wie die einsetzende Flut, wie die Überflutung der Salzwiesen, wie die Zikaden auf der hinteren Veranda und das Lied einer Möwe an einem Sommerabend.
    »Nein«, wiederholte Maisy. »Ich kann nicht.« Sie überwand ihre guten Manieren und legte einfach auf.
    Sheila streckte den Kopf ins Hinterzimmer. »Alles in Ordnung?«
    »Bloß ein kleines Familiendrama, ganz typisch für die Südstaaten.«
    Sheila lachte. »Nun glaub bloß nicht, die Südstaaten hätten Familiendramen für sich gepachtet.« Ihr nachgeahmter Südstaaten-Akzent brachte Maisy zum Lachen.
    »Meine Mama ist betrunken die Treppe runtergefallen und hat sich ein Bein und noch weitere Knochen gebrochen. Jetzt will meine zickige Schwester, dass ich sofort zu Hause antanze und ihr helfe.«
    Sheila wurde ernst. »Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe meine Mutter vor zwei Jahren verloren. Du weißt, dass du hinfliegen musst, oder?«
    »Jetzt fang du nicht auch noch an!«
    Sheila lächelte. »Wir kommen auch mal ohne dich klar - allerdings nicht sehr lange.«
    Maisy ließ sich in einen Sessel fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Schon beim nächsten Atemzug stand die Wahrheit ihr deutlich vor Augen: Sie musste nach Hause, nach Georgia.

Drei
    Riley
    Riley lehnte sich an den Schreibtisch und presste das Handy ans Ohr. Rings um den Buchladen herum wurde es Nacht, und in der zunehmenden Dunkelheit flossen die Schatten ineinander. Riley hatte bereits viermal vergeblich versucht, Adalee telefonisch zu erreichen. Jetzt meldete sie sich endlich.
    »Hallo, Schwester. Was gibt's denn?« Im Hintergrund waren laute Stimmen zu hören.
    »Ich versuche schon den ganzen Abend, dich zu erreichen«, sagte Riley mit munterer Stimme, bemüht, ihre Frustration zu verbergen.
    »Ich weiß. Ich hatte ... viel zu tun.«
    »Wo bist du denn?«
    »Ich bin bei meinem Freund, bei Chad. Auf einer Party. Hast du was Wichtiges?«
    »Ja. Ich hoffe, dass du etwas früher kommen kannst, als du geplant hast, weil -«
    »Kommt nicht in Frage«, unterbrach Adalee sie.
    »Lass mich ausreden!«
    »Na, dann muss ich kurz rausgehen.« Adalee rief Chad
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