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Unguad

Unguad

Titel: Unguad
Autoren: Ingrid Werner
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Nase provokant in
die Luft gestreckt. Wenn die Polizei doch nur schon wieder draußen wäre aus
ihrem Heim!
    »Ich sehe, Frau Böhm war in den letzten Monaten häufig
krankgeschrieben. Was waren die Gründe?«
    »Da müssen Sie schon ihren Arzt fragen. Ich bekomme ja immer nur die
Krankmeldungen. Dort ist kein Grund vermerkt.«
    Kommissarin Langenscheidt schaute verblüfft von den Unterlagen auf.
Der Ton war mehr als schnippisch. Nun gut, darauf konnte sie sich einstellen.
    »Aber Sie als Chefin werden sich doch bei Ihrer Angestellten
erkundigt haben, warum sie krank war.«
    Frau Imhoff schlug ihre Beine in die andere Richtung übereinander. »Dazu
ist hier keine Zeit. Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Arbeit wir
haben.«
    Darauf ging die Kommissarin nicht ein. »Sicherlich haben Sie
regelmäßig Mitarbeitergespräche geführt.«
    »Das sieht meine Arbeitsbeschreibung nicht vor.«
    »Aha.« Die beiden Frauen taxierten sich. Sie liebt Machtspielchen,
dachte die Kommissarin. Laut sagte sie: »Bei Frau Böhm wurde ein Asthmaspray
gefunden. Wissen Sie etwas über eine Asthmaerkrankung?«
    »Natürlich.«
    »Ah ja?«
    Frau Imhoff beugte sich vor und blätterte in der Personalakte. »Das
steht ja auch hier. Da ist der Bescheid des Versorgungsamtes. Es wurde ein Grad
der Behinderung von zwanzig Prozent festgestellt.«
    »Hatte Frau Böhm Anfälle?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Sie hatte ja ihr Spray. Am besten fragen
Sie Schwester Sieglinde. Frau Schönhuber. Das ist die Stationsleiterin.«
    »Dann holen Sie mal Frau Schönhuber.«
    Frau Imhoff starrte die Kommissarin an. Schlussendlich griff sie
über den Schreibtisch zu ihrem Telefonhörer und tippte eine zweistellige
Nummer. Im Nebenzimmer läutete es.
    »Frau Zwicknagl, sagen Sie doch der Schwester Sieglinde Bescheid,
dass die Polizei sie sprechen möchte.« Sie legte wieder auf und lehnte sich
zurück.
    »Sie können einstweilen gehen, Frau Imhoff. Aber halten Sie sich
bitte zu unserer Verfügung.«
    Ohne ein weiteres Wort rückte die Heimleiterin ihren Stuhl
geräuschvoll nach hinten und stolzierte aus dem Zimmer. Die beiden Polizisten
schauten sich kopfschüttelnd an.
    »Hans, ruf doch mal bei dem Hausarzt von der Frau Böhm an und bitte
ihn, er soll uns die Liste der Erkrankungen und der verschriebenen Medikamente
an die Dienststelle faxen. Und die sollen es mir sofort rüberschicken.« Damit
schob sie ihm die Akte zu.
    Kommissar Braun hängte sich ans Telefon. Es klopfte an der Tür.
Schwester Sieglinde kam forschen Schrittes herein.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    »Ja, grüß Gott, Frau Schönhuber. Nehmen Sie doch bitte Platz.« Die
Kommissarin zeigte auf den Stuhl vor ihrem Tisch. »Sie sind die Leiterin der
Station zwölf?«
    »Ganz richtig.«
    »Gut. Was können Sie uns über die Asthmaerkrankung der Frau Böhm
erzählen?«
    Schwester Sieglinde setzte sich zurecht. »Meiner Meinung nach war es
nicht so schlimm. Sie war ein wenig kurzatmig. Anfälle hatte sie allerdings
keine. Zumindest nicht in der Arbeit. Wenn es mit dem Atmen mal schwerer ging,
hat sie ihr Spray benutzt.« Sie faltete ihre Hände unter ihrem imposanten
Busen. »Aber wenn Sie mich fragen, war das Show.«
    »Show?«, hakte die Kommissarin nach.
    Schwester Sieglinde nickte. »Sie war nicht eine der Fleißigsten. Und
sie machte gern eine Pause. Da war so ein bisschen pfeifend atmen und
demonstrativ sprayen ganz praktisch.«
    »Aha. Frau Böhm war in letzter Zeit oft krankgeschrieben. Wissen
Sie, warum?«
    Die Schwester blinzelte und schaute in die rechte obere Zimmerecke.
»Nein.«
    »Sie haben sie nie danach gefragt?«, fasste die Kommissarin nach.
    »Für großartige Privatgespräche fehlt uns die Zeit.«
    »Nun gut.« Langsam bekam die Kommissarin ein Bild vom Arbeitsklima
auf der Station. »Ist Ihnen heute Vormittag etwas Besonderes aufgefallen?«
    »Heute war ein enormer Betrieb. Gerade als wir mit Aufstehen,
Waschen und dem Frühstück fertig waren, kamen schon die ersten Gäste für Herrn
von Markovics. Der feiert heute seinen Neunzigsten. Geburtstag«, schob sie zur
Erklärung nach. »Alle fragten nach seiner Zimmernummer, mit dem Bürgermeister
kam der Reporter von der Passauer Neuen Presse, sie brauchten zusätzliche
Stühle, und so weiter. Zur gleichen Zeit vermisste eine Bewohnerin etwas und
machte ein ziemliches Drama daraus. Die mussten wir beschwichtigen. Wir wollten
ja nicht, dass die Zeitung davon Wind bekommt und einen Diebstahl vermutet.«
Sie lachte. Von den
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