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Unguad

Unguad

Titel: Unguad
Autoren: Ingrid Werner
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nicht
arbeiten. Also warum dann?« Ich blickte meinen Ehemann auffordernd an.
    »Vielleicht sollte etwas vertuscht werden?« Ich konnte ihm ansehen,
dass er lieber schlafen statt raten wollte.
    »Du meinst, sie hat was gesehen? Und der andere wollte nicht, dass
sie das sieht und weitererzählt?« Diese Idee könnte man weiterverfolgen. Die
hörte sich interessant an.
    Er hob zustimmend das Kinn. »Oder sie haben wüste Sexspielchen in
der Abstellkammer getrieben und es ging schief.« Damit rückte er näher an mich
heran.
    »Ich bitte dich! Wer soll ausgerechnet mit Elvira Sex gehabt haben?
Und ich habe heute auch keine Lust. Ich muss nachdenken!« Ich rutschte ein
Stück von ihm weg.
    Er zuckte mit den Schultern, drehte sich um und löschte das Licht.
Bald, sehr bald – wie schaffen Männer es nur, so blitzschnell einzuschlafen? –
war sein gleichmäßiges Atmen zu hören. Er hatte es gut. Er konnte auf
Knopfdruck abschalten. Ich dagegen zerknautschte mein heiß gedachtes Kopfkissen
und strampelte meine Beine unter der Decke hervor. Immer wieder kreisten die
gleichen Gedanken und Bilder durch mein Gehirn, brachten mich nicht weiter,
sondern hielten mich bloß vom Schlafen ab.
    Um halb drei hatte ich die Faxen dicke. Ich stand auf, ging nach
unten zum Medizinschrank und holte mir – nein, keine Schlaftablette. Ich nahm
homöopathische Globuli. Oft erprobt und für gut befunden. Die Kügelchen halfen
auch dieses Mal. Das Gedankenkarussell verlangsamte seine Fahrt, mir gelang es
auszusteigen und ich konnte endlich einschlafen. Eine Wohltat.

Mittwoch, den 17. Juni
    morgens
    Passauer Neue Presse
    Kirchmünster
    Im örtlichen Alten- und Pflegeheim Haus Sonnenhügel machte eine
Besucherin gestern einen grausigen Fund. Auf der Suche nach einer Blumenvase
entdeckte Karin S. (44) die Pflegerin Elvira B. (37) tot in
einer Abstellkammer. Ob die Altenpflegerin Opfer eines Gewaltverbrechens
geworden ist, ermittelt die Kriminalpolizei. Unser Reporter war zum Zeitpunkt
der Auffindung der Leiche vor Ort. Ausführlicher Bericht auf Seite 3.
    Acht Uhr fünf
    Hauptkommissarin Langenscheidt und Kommissar Braun standen vor
dem leeren Zimmer der Heimleitung. Sie waren überrascht, Frau Imhoff nicht
anzutreffen.
    Immerhin war deren Sekretärin, Frau Zwicknagl, schon an ihrem
Arbeitsplatz.
    »Wo ist denn Frau Imhoff?«, fragte die Kommissarin missgelaunt.
    Der Frau Zwicknagl war es unangenehm, dass ihre Chefin noch nicht im
Haus war. Unterwürfig entgegnete sie: »Frau Imhoff ist bedauerlicherweise noch
nicht da. Sie kommt selten vor neun Uhr.«
    »Na, dann rufen Sie sie bitte an und richten ihr aus, sie soll
schleunigst hier erscheinen. Wir warten in ihrem Zimmer. Sie können uns
einstweilen die Personalakten von allen Angestellten der Station zwölf
bringen.«
    »Das kann ich leider nicht.« Der Sekretärin wurde warm. »Alle
Personalakten sind im Aktenschrank bei Frau Imhoff eingeschlossen, und nur sie
hat einen Schlüssel.«
    Die Laune der Kommissarin verschlechterte sich zusehends. »Das ist
nicht Ihr Ernst?«
    Frau Zwicknagl hob entschuldigend die Hände. »Doch. Tut mir leid.«
    »Dann schaffen Sie uns Ihre Chefin her.« Und zu ihrem Kollegen
gewandt: »Ich hätte angenommen, dass ein ungewöhnlicher Todesfall eine
Heimleitung an ihren Schreibtisch treibt.« Damit schloss sie die Tür.
    Nach zwanzig Minuten stöckelte Frau Imhoff zur Tür herein. Ihr
Make-up war an diesem Tag noch greller ausgefallen als sonst. Die Heimleiterin
legte für gewöhnlich großen Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Ihre
Devise war, dass Schönheit zu zehn Prozent aus Veranlagung und zu neunzig
Prozent aus Anstrengung bestand. Böse Zungen behaupteten, dass sie sich noch
ein wenig mehr bemühen musste. Aber heute hatte sie eindeutig übertrieben.
    Die Polizisten hatten sich in ihrem Büro ausgebreitet, sie
verglichen gerade die bisherigen Protokolle der Befragungen. Frau Zwicknagl
hatte ihnen Kaffee aufgebrüht. Die leeren Tassen standen auf der polierten
Tischplatte von Frau Imhoffs heiligem Schreibtisch. Sie registrierte dies und musste
tief Luft holen, um nicht mit einer pampigen Bemerkung herauszuplatzen.
    »Da sind Sie ja endlich, Frau Imhoff. Zu ihrer Information: Solange
wir ermitteln, beginnen wir um acht Uhr, und ich erwarte, Sie dann hier
anzutreffen.«
    Die Heimleiterin konnte nur nicken. Sie musste sich immer mehr um
Beherrschung bemühen.
    »Wir brauchen die Personalakten von allen Angestellten der Station.«
    Immer noch ohne
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