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Ungeahnte Nebenwirkungen

Ungeahnte Nebenwirkungen

Titel: Ungeahnte Nebenwirkungen
Autoren: Victoria Pearl
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Frau. Sie haut dich schon beim ersten Anblick um, sie zieht dich an – und dann aus!« Nicoles Seufzer kam aus dem tiefsten Grund ihres Herzens.
    »Sie hat dich verführt, und du wolltest von ihr verführt werden! Du hast mit ihr geflirtet, dich ihr fast an den Hals geworfen. Zumindest hattest du keinen Moment daran gedacht, nicht auf ihr unausgesprochenes Angebot einzugehen. Und nun ist sie weg!«
    Soweit schien der Ablauf klar zu sein. Einen Aspekt der Geschichte hatte Nicole vor sich aber bis jetzt verschwiegen.
    »Sie ist deine Zahnärztin!« rief sie sich ins Gedächtnis.
    »Na und«, widersprach sie sich gleich selbst. »Ist das ein Grund, sich nicht in sie zu verlieben oder was auch immer?«
    Sie sollte etwas vorsichtiger mit dem Wörtchen Liebe umgehen, ermahnte sich die Schuhverkäuferin, immerhin hatten ihr diese fünf Buchstaben in der Vergangenheit schon ziemlichen Ärger und Kummer eingebracht.
    »Also gut«, besänftigte sich Nicole, die aufgestanden war und ruhelos im Zimmer auf und ab schritt.
    »Sagen wir, du hast dich in sie verknallt! Und was nun?«
    Nicole stellte sich ans Fenster. Sie blickte auf die dunkle, leere Straße, die ihr Innenleben widerzuspiegeln schien. Was nun? Hatte Mirjam kalte Füße bekommen? Wer war Mirjam? Was wusste sie von ihr? Wo lebte diese Frau? Mit wem lebte sie? Wieso hatte sie bei ihr zu später Stunde noch geklingelt? War es ihre Absicht gewesen, Nicole an diesem Abend zu verführen?
    Die unbeantworteten Fragen türmten sich in Nicoles Kopf. Sie stapelten sich aufeinander und bildeten eine unüberwindbare Mauer. Nebenwirkungen waren in der Regel unangenehm, schließlich sollte man laut Werbung den Arzt oder Apotheker danach befragen, doch in diesem Falle würde das herzlich wenig nützen, da die Ärztin selbst Ursache für sie war.
    Nicole drehte sich vom Fenster weg. Sie ging in die Küche und holte sich ein Glas Wasser – Flüssigkeit soll beim Denken helfen, kam ihr in den Sinn. Auf der Spüle lag ein Zettel. Gedankenlos nahm ihn Nicole in die Hand und heftete ihn an die Pinnwand zu all den anderen Zetteln. Da ihre Suche sowohl nach Mirjam als auch nach den Antworten auf ihre Fragen erfolglos blieb, entschied sie sich, wieder ins Bett zu gehen. Im Moment konnte sie nichts ausrichten, und vielleicht kam Mirjam wenigstens im Traum an ihren angestammten Platz in Nicoles Armen zurück.
    Am nächsten Morgen erinnerte sich Nicole nur noch verschwommen an die Vorkommnisse der Nacht. Die Kratzer auf ihrem Rücken brannten, als beim Duschen Wasser darüberlief.
    Vor ihren Augen tauchte das Bild der nackten Mirjam in ihrem Bett auf. Göttin, was für eine Frau, stöhnte Nicole in Gedanken. Doch sie war weg, daran änderten auch der Knutschfleck am Hals und alles Seufzen nichts.
    Der Morgen schien es mit Nicole gar nicht gut zu meinen. Beim Ankleiden schaffte sie es, einer Bluse gleich zwei Knöpfe abzureißen, die Hose war plötzlich zu eng, und der zweite Strumpf, den sie wie eine Stecknadel im Heuhaufen suchte, blieb verschwunden. Schließlich gab die Kaffeemaschine auch noch ihren Geist auf. Röchelnd setzte sie dem Traum von einem belebenden Schuss Koffein ein herbes Ende.
    Missgelaunt und mit dem Gefühl, von der ganzen Welt, einschließlich der seelenlosen Apparate, verraten worden zu sein, löffelte Nicole ihren Joghurt. Heute konnten sich ihre Kunden freuen, dachte sie sarkastisch, denn sie würde ihnen schonungslos die Wahrheit über die von ihnen gewünschten Schuhmodelle um die Ohren schlagen. Wieso kauften eigentlich Frauen immer Fußbekleidung, die überhaupt nicht zu ihrem Stil passte? Und warum mussten die Schuhe immer mörderisch hohe Absätze haben, die weder für den Fuß noch für die Gelenke gesund waren? Und überhaupt, warum mussten Damenschuhe teurer als Herrenschuhe sein, obwohl bei den ersteren in der Regel wesentlich weniger Material verarbeitet wurde?
    Nicoles Lächeln hatte einen fast bösartigen Anstrich, als sie sich vor dem Spiegel ihr kurzes Haar kämmte.
    Wie jeden Morgen warf sie, ehe sie sich auf den Weg in ihr Geschäft machte, einen prüfenden Blick auf die Pinnwand. Dort hingen Notizen, Zettel und Listen von Dingen, die sie auf keinen Fall vergessen durfte. Zwar hatte es Nicole wie jede andere Business-Woman mit einem Organizer versucht, doch den hatte sie immer endlos lange suchen müssen, so dass sie auf ihr altbewährtes, aber unhandliches System zurückgegriffen hatte.
    Neben der kleinen Karte mit der aufgedruckten Adresse ihres
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