Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Titel: Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
Autoren: Mary Janice Davidson
Vom Netzwerk:
lasziv.
    »Also wirklich! Machen Sie doch . . . Schlafen Sie es doch einfach aus!«, blaffte ich ihn an, und zu meiner Überraschung ließ er den Kopf hängen und begann zu schnarchen.
    Betrunken. Natürlich. Ich hätte es riechen müssen.
    Ich betrachtete ihn genauer und verfluchte mich selbst.
    Natürlich war er der Hausmeister. Das war deutlich an seiner Uniform mit der Aufschrift »D & E Reinigung – Wir räumen den Dreck weg!« zu erkennen. In meiner Panik hatte ich die erste Person ergriffen, die mir in der Kirche über den Weg gelaufen war. Und er hatte zurückgegrabscht, das war nur fair.
    Nachhaltig erstaunt war ich allerdings darüber, dass ich mich in einer Kirche befand, ohne in Flammen aufzugehen.
    Nicht dass ich zu meinen Lebzeiten ein besonders eifriger Kirchgänger gewesen wäre. Als Kind bin ich hingegangen, aber vor allem, um meinem Stiefmonster für einige Stunden zu entfliehen. Und natürlich wegen des Traubensafts, den es umsonst gab. Aber nach meinem Auszug von zu Hause bin ich nicht mehr in der Kirche gewesen, abgesehen von einigen religiösen Feiertagen. Insofern war ich ein strenggläubiger Ostern-und-Weihnachten-Christ.
    Und jetzt ein toter Christ. Deshalb war ich überrascht, dass ich das Heiligtum hatte betreten können, ohne zu explodieren. Die Tür war leicht zu öffnen gewesen, und 34

    die Kirche hatte ausgesehen, wie Kirchen eben aussahen: unfreundlich und doch tröstlich, wie ein geliebter, aber gestrenger Großvater.
    Behutsam setzte ich mich auf eine Bank und erwartete fast, dass ich mir böse den Hintern verbrannte. Aber nichts passierte. Ich berührte die Bibel, die vor mir lag. Nichts.
    Rubbelte die Bibel über mein Gesicht. Immer noch nichts.
    Verdammt! Also war ich wohl ein Vampir. Schockierend, aber langsam gewöhnte ich mich an den Gedanken. Nur –
    Vampirregeln schienen für mich nicht zu gelten! Ich sollte eigentlich eine wandelnde Feuersäule sein und mich vor Schmerzen krümmen. Stattdessen saß ich ungeduldig auf dieser Bank und wartete darauf, dass Gott meine Seele endlich in die Hölle schickte.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Es war nach vier Uhr morgens. Die Sonne würde bald aufgehen. Vielleicht würde ein kleiner Morgen-spaziergang mir endlich den Rest geben.
    Ich seufzte und sank auf meiner Bank in mich zusammen.
    »Was geht hier vor, lieber Gott?«, jammerte ich. »Okay, ich bin nicht gerade im Bonusprogramm für Kirchgänger. Was aber habe ich getan, um das hier zu verdienen? Ich war ein braves Mädchen. Meistens jedenfalls. Ich war freundlich zu Kindern und dämlichen Tieren. Ich habe ehrenamtlich in Suppenküchen gearbeitet, verdammt noch mal! Vielleicht war ich ein bisschen materialistisch, zugegeben. Aber Qualität ist nun mal nicht billig. Ich denke nicht, dass es eine Sünde ist, die besten Schuhe besitzen zu wollen, die man für Geld haben kann. Zum einen halten sie ewig. Und dann gibt es noch so etwas wie Besitzerstolz. Habe ich nicht 35

    recht? Also, komm schon . . . Wenn Hitler kein Vampir war, warum bin ich dann einer?«
    »Mein Kind?«
    »Jahaaaa . . . « Ich sprang auf die Füße und stolperte fast aus der Bankreihe.
    Etwas zu spät roch ich Stärke, alte Baumwolle und Af-tershave, wirbelte herum und sah, dass der Pfarrer durch den Mittelgang auf mich zukam. Er war um die fünfzig, mit einer kleinen Glatze und einem weißen Haarkranz. Er trug schwarze Hosen und ein schwarzes Kurzarmhemd; an seinem Kragen war ein kleines Kreuz befestigt. Seine Wangen waren noch gerötet vom Rasieren. Er trug dicke Brillengläser und beeindruckte mit einer heroischen rö-
    mischen Nase. Am Ringfinger schimmerte ein Ehering.
    Für seine Größe hatte er ungefähr zwanzig Pfund Über-gewicht, wahrscheinlich konnte man wunderbar mit ihm kuscheln.
    Vorwurfsvoll sagte ich: »Sie haben mir Angst gemacht.
    Ich dachte, Sie wären Gott.«
    »Nicht ganz, mein Kind.« Er erfasste die Szenerie mit einem Blick: Hausmeister liegt schnarchend am Boden, totes Mädchen steht neben der Kirchenbank und sieht aus wie ausgekotzt.
    Er lächelte mich an. »Heute muss Montag sein.«
    Schließlich erzählte ich ihm die ganze Geschichte, während er uns Kaffee im Aufenthaltsraum machte. Dann setzte er sich mir gegenüber und hörte aufmerksam zu.
    Nach den Strapazen der letzten Nacht waren die Stühle sündhaft bequem. Ich trank drei Tassen Kaffee mit viel Sahne und Zucker. Zukünftig würde ich mir ja wohl keine 36

    Sorgen mehr um meine Linie machen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher