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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween
Autoren: Valerie Frankel
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morgens geöffnet. Möglicherweise mußt du deine innere Uhr umstellen.«
    »Ich bin sowieso ein Nachtmensch.« Stroms Gesicht: im herkömmlichen Sinne war es nicht attraktiv zu nennen. Seine Züge waren zu scharf, seine Haut zu straff. Er war fast zu hart, um überhaupt noch zu leben, bis auf die vollen roten Lippen und den Orkan in seinen Augen. Sie waren übrigens grün. Wie meine. Wir hatten so viel gemeinsam. Seine Haare waren braun — Gl-Schnitt. »Wie alt bist du?« fragte ich.
    »Zweiunddreißig. Aber ich komme mir vor wie hundert.«
    »So siehst du auch aus.« Aber das tat er gar nicht. Er sah aus wie ungefähr fünfundzwanzig.
    Er sagte: »Du bist nicht besonders nett, Wanda Mallory.«
    »Nimm’s nicht persönlich.«
    Er sah mich eine Sekunde lang schräg an und sagte dann: »Ich finde dich eigentlich ganz nett.«
    »Und ich finde dich eigentlich auch nett und anziehend, Strom. Aber ich glaube nicht, daß wir zusammenarbeiten können. Zum einen ist Blackjack nicht mein Spiel.«
    »Was sind denn so deine Spiele?«
    »Rat mal.« Er wußte nicht, ob er’s wirklich tun sollte.
    »Okay, im Klartext«, sagte er. »Ein Croupier bei mir ist letzte Woche verschwunden, und ich brauche eine Frau mit deinem offensichtlichen Charme und Geschick, um ihren Posten zu übernehmen und gleichzeitig als Undercoveragent für mich zu arbeiten.« Flash: Strom, nackt im Bett, ein Laken spannt sich über seine Latte, mit einem Bademantelgürtel um die Handgelenke geschlungen. Ich war noch nicht einmal entfernt an jemandem interessiert gewesen, seit Alex mich verlassen hatte. Allerdings war ich ja auch kaum aus dem Haus gekommen.
    »Mein offensichtlicher Charme?« fragte ich.
    Er schaute mir voll auf meine Titten. Meine Nippel wurden hart. Ich kreuzte die Arme vor der Brust — ein Fehler. »Die Uniform wird dir passen«, sagte er, »gut knapp.«
    Ich machte eine Pause und überlegte, woher es kommt, daß ich immer genau den Männern blind vertraue, zu denen ich mich wie wild hingezogen fühle. Er sagte: »Was denkst du gerade?«
    »Daß ich vergessen habe, Milch zu kaufen.« Er blinzelte. Ich sagte: »Fang noch mal ganz von vorne an. Die ganze Story. Und laß besser nichts aus, denn ich werd’s sowieso rausfinden.«
    Seine tätowierte Linke glitt von seiner Gürtelschnalle hoch und rieb seinen Hals. Seinen rechten Daumen hakte er unter den Bund seiner Hosen, wobei die übrigen Finger über seine Weichteile streiften. Er sagte: »Ich bin in keiner besonders guten Lage, finanziell. Die Gang und der Club machen demnächst Bankrott. Die Mitgliederzahlen sinken, und einige private geschäftliche Vorhaben haben nicht so gut funktioniert, wie ich es mir erhofft hatte.«
    »Was für Vorhaben?«
    »Eigentlich nur eins. Es ist nicht wichtig.«
    »Es könnte wichtiger sein, als du denkst.«
    »Ich weiß, daß es nicht wichtig ist, und ich will nicht drüber reden.« Eine Ader pulsierte an seinem Hals. Strom schien gereizt. Das war offensichtlich ein sensibler Punkt. Ich hatte mir bislang kaum vorstellen können, was dieser Mann beunruhigend finden könnte.
    »Weiter. Nächstes Kapitel.«
    »Ich habe mir von einem Freund Geld geliehen, und der Termin für die Rückzahlung ist nächste Woche.«
    »Wieviel und von wem?«
    »Hundert Riesen.«
    »Von wem???«
    »Das ist nicht wichtig.«
    Strom litt unter einem schweren Fall von Blockierung. Als Detektivin hatte ich die Verpflichtung, genau da hineinzugraben. Ich sagte: »Ich glaube, wir sollten mal ein paar Regeln festklopfen. Nur um sicher zu sein, daß alles glatt vonstatten geht und daß wir uns weiterhin ganz nett und anziehend finden. Erstens, ich stelle Fragen. Zweitens, du beantwortest sie ehrlich und anständig. Extravagante Handbewegungen sind nicht nötig, werden aber durchaus geschätzt. Wenn du glaubst, daß du das nicht leisten kannst, wirst du jemand anderem die Zeit abkaufen müssen.«
    »Ich will das auf meine Art machen.«
    »Das wollen alle.«
    »Ich werde dir alle Informationen, die du brauchst, in dem Moment geben, in dem du sie brauchst.«
    »Dafür kann ich mir nichts kaufen, mein Freund...«, sagte ich. Strom hob eine Augenbraue an, ein klasse Trick.
    Er sagte: »Saint Nick gab mir das Geld.«
    Die glückseligen Weihnachtsfeiertage waren vor zwei Wochen von uns gegangen. Mit ihrem letzten Röcheln hatten sich die Reklamen für Kitschfigürchen, die aufgeblähten Preise und die gräßlich festliche Atmosphäre der Stadt verabschiedet. Einen Tag nach Neujahr wurden die
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