Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
...und Don Camillo mittendrin...

...und Don Camillo mittendrin...

Titel: ...und Don Camillo mittendrin...
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
sie dir unsympathisch ist oder was weiß ich, so schreib ihr halt!»
    Milca indes lag etwas auf dem Magen; das konnte man schon an der Art sehen, wie er ständig den Hut in seinen Händen drehte.
    «Solange meine Frau noch lebte», murmelte er, «konnte ich mich mit ihr aussprechen. Aber wo kann ich jetzt meinen Kropf leeren? Hochwürden, wenn meine traurigen fünf Minuten über mich kommen, wem erzähle ich dann mein Leid?»
    Nun war der Hahn geöffnet, doch Don Camillo machte keine Anstalten, ihm zu helfen.
    «Hochwürden», erzählte Milca , «wie Ihr wißt, hab’ ich damals mit den Leuten vom Widerstand zusammengearbeitet, und sie hatten mir einen Radiosender zur Weiterleitung von Nachrichten anvertraut. Den Apparat hatte ich im Schuppen unter einem Faß versteckt. Am Abend des achtundzwanzigsten März neunzehnhundertfünfundvierzig ertappte mich Fritz ...»
    «Fritz hat dich ertappt?» unterbrach ihn Don Camillo verdutzt.
    «Ja. Es war wie an allen anderen Abenden, an denen ich senden mußte. Nach dem Abendessen sagte ich: Fritz antwortete wie üblich: Ich ging hinaus, überquerte die Felder, und als ich dann bei der Buche angekommen war, wartete ich eine Viertelstunde und kehrte zum Hof zurück. Auf der Hinterseite des Schuppens gab es eine kleine Tür, die nur ich kannte. Ich betrat den Schuppen, holte den Sender heraus und begann meine Arbeit. Das hatte ich schon hundertmal ohne Zwischenfälle gemacht. An jenem Abend passierte das Schlimmste, das überhaupt passieren konnte. Fritz trat, die Hände an der Pistolentasche, ein und überraschte mich ...»
    Milca unterbrach seine Erzählung und trocknete den Schweiß auf seiner Stirn.
    «Das Licht ging an», fuhr er fort, «ich drehte mich um, und Fritz stand vor mir. sagte er und griff nach dem Pistolenschaft . Ich hatte meine P 38 schußbereit und entsichert neben mir ... Ich schoß, bevor Fritz seine Pistole ganz herausziehen konnte ... Verdammter Krieg!»
    Milca wischte sich noch einmal den Schweiß von der Stirn.
    «Wenn er mich nicht genannt hätte, hätte ich vielleicht nicht geschossen ... klang für mich wie ein Todesurteil ... Es war inzwischen nacht geworden, und es regnete. Ich lud ihn auf die Schultern und trug ihn bis zum Ufer des Stivone . Dort warf ich ihn ins Wasser. Der Stivone führte Hochwasser und riß ihn drei Kilometer weit fort, wo er dann gefunden wurde. Niemand wußte davon, niemand hatte einen Verdacht. Nur meine Frau wußte es, und die ist gestorben.»
    Don Camillo grübelte schweigend über die Geschichte nach, die er gehört hatte, und brummte dann:
    « Milca , was soll ich dir sagen? Willst du, daß ich dir Komplimente mache, weil du ein verdienter Widerstandskämpfer bist? Oder soll ich dich verfluchen, weil du einen Menschen umgebracht hast? Du mußt selber mit deinem Gewissen ins reine kommen.»
    «Eben deswegen bin ich hier bei Euch!» rief Milca aus. «Hochwürden, ich denke nicht an den Widerstand, nicht an die Anforderungen des Krieges und dergleichen. Auch wenn man mir einen Orden verliehe, würde ich bloß daran denken, daß ich Fritz getötet habe. Dieser Gedanke läßt mich nicht schlafen. Hochwürden, als ich zum erstenmal der Deutschen gegenüberstand, als ich zuhören mußte, wie sie mir dankte für alles, was ich für ihren Mann getan hatte, bin ich vor Scham und Ekel fast gestorben. Hochwürden, ich habe ihren Mann getötet, und sie kommt mich besuchen, um mir zu danken! Und das Kind, dessen Vater ich umgebracht habe, streichelt mich und nennt mich Onkel Milca ! Nein, so kann es nicht weitergehen. Ich kann nicht einundfünfzig Wochen im Jahr in den Tag hineinleben und dann mit Schrecken auf die zweiundfünfzigste warten. Ich will diese Frau nicht mehr sehen. Ich will nicht herzkrank werden. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was ich in den zehn Jahren durchgestanden habe.»
    «Ich kann es mir sehr wohl vorstellen», sagte Don Camillo, «und ich bin froh, daß du leidest, denn das beweist, daß du ein Gewissen hast.»
    «Ja, ich habe ein Gewissen», schrie Milca erregt, «deswegen bin ich zu Euch gekommen ... Ich verlange keinen Trost. Ihr könnt mir erzählen, was Ihr wollt, aber ich weiß, daß ich Fritz umgebracht habe, und das sind die Tatsachen, die zählen. Ihr müßt mir mit der Deutschen helfen. Ich habe nicht den Mut dazu, aber Ihr werdet den Mut aufbringen und ihr alles erzählen.»
    Don Camillo riß die Augen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher