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Und abends etwas Liebe

Und abends etwas Liebe

Titel: Und abends etwas Liebe
Autoren: Mary Scott
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vorbildlich. Und dieses Verhalten trug ihm in unserer Gegend für alle Zeiten den Ruf eines fairen Burschen mit einer guten Portion Humor ein. Freundlich sagte er Paul: »Das geht schon in Ordnung. Der Kleine wollte ja nur ein bißchen Spaß haben.«
    Der Abgeordnete suchte in sämtlichen Taschen nach, aber er fand den Autoschlüssel nicht. Die Umstehenden zeigten sich merklich beunruhigt. Einen Ausruf der Ungeduld von seiten seiner Frau schnitt der Abgeordnete kurz und energisch ab. Fröhlich bemerkte Larry : »Keine Sorge. Ich werde ihn schon finden, an der Stelle wo Sie hingefallen sind. Ich werde ihn sofort wiederfinden. Die Stelle erkennt man doch sicher.« Und wie ein Hase spurtete sie los, eine Geste von Sympathie, aber in Wirklichkeit von dem Wunsch diktiert, einen Lachanfall zu verbergen.
    Peinlide Stille trat ein. Christopher war sich nunmehr ganz der Tragweite seiner Untaten bewußt. Hektisch tappte er bei seinem Versuch, die verschiedenen Anlagen abzuschalten, die er leichten Herzens in Gang gesetzt hatte, nach den verschiedenen Knöpfen und Schaltern.
    In den Leben eines Mannes gibt es gewiß nur wenig Dinge, die so erniedrigend für ihn sind, wie von einem kleinen Kind herausgefordert zu werden. Und dazu noch von einem kleinen Kind, daß sich hinter einer blockierten Türe in Sicherheit befindet. In Wahrheit hatte Christopher jetzt nur noch den einen Wunsch: aus dem Wagen zu entkommen und zu fliehen. Aber leider hatte ihn sein angeborener Einfallsreichtum völlig verlassen. Er starrte reuevoll durch das Seitenfenster, wobei er seinen Vater bittend, den Colonel aber flehend ansah. Der Colonel war schon immer Christophers bester Freund gewesen und ließ ihn auch diesmal nicht im Stich. Mit der ganzen Autorität der britischer Armee im Rücken übernahm er das Kommando und brachte es fast auf der Stelle fertig, den zunehmenden Unmut von Mrs. A. zu besänftigen. »Ich fürchte, alle diese technischen Dinge üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Kinder aus. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Christopher je in seinem Leben ein so tolles Auto zu Gesicht bekommen hat.«
    Hier handelte es sich um einen besonders bemerkenswerten, sehr diplomatischen Schachzug des Colonel, der ihn wirklich Überwindung kostete. Denn er hatte wie alle konservativ eingestellten Engländer eine tiefe Abneigung gegen jede prahlerische und übertriebene Ausstattung von Autos. Humorvoll fügte er dann noch hinzu: »Ich glaube nicht, daß der Kleine irgendwelchen Schaden angerichtet hat, außer vielleicht, was das Gemüt seines Vaters angeht.«
    In diesem Augenblick kam auch der kleine, stille Priester gerade zur richtigen Zeit zu Hilfe. Aufgeräumt sagte er: »Der kleine Mann hat sich selbst wahrscheinlich eine sehr gute Lektion erteilt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er jemals in seinem Leben ein Auto stehlen wird.« Wir alle waren von diesen netten, freundlichen Worten sehr beeindruckt.
    Paul hörte endlich mit seiner Brüllerei auf und beschränkte sich darauf, mit düsterer Miene abzuwarten. Entgegenkommend meinte dann Mrs. A., der Kleine habe als erster die ganzen Vorzüge des Wagens einmal voll ausgekostet. Ihr Mann stimmte dieser Ansicht eifrig zu und erklärte, nicht der geringste Schaden sei angerichtet worden.
    Larry hatte schnell gehandelt. Sie hatte den Schlüssel gefunden, und zwar »ich kann euch sagen, der war ganz schön tief im Boden vergraben«, wie sie später sagte. Sie hatte inzwischen ihre Fassung wiedergewonnen und händigte Mrs. A. den Schlüssel mit einem leisen Ausdruck höflichen Bedauerns aus. Dann drehte sie sich rachsüchtig nach ihrer Tochter um. Leider mußte Larry feststellen, daß Christina mit ihrem angeborenen Scharfsinn die Chance erkannt hatte, die ihr das allgemeine Durcheinander bot. Die Kleine war spurlos verschwunden. Erst sehr viel später zog Larry dann Christina unter unserem Wagen hervor, ein Bild des Jammers, aufgelöst in Tränen und Motoröl.
    Der Abgeordnete schloß seinen Wagen fast mit der gleichen Würde auf, mit der seine Frau die Schulpforte aufgeschlossen hatte. Und der Applaus war hier noch ungleich stärker. Wie ein Aal wand sich Christopher aus dem inzwischen verhaßten Auto. Um Haaresbreite kam er an seinem Vater vorbei und suchte instinktiv Schutz bei Colonel Gerard. Mr. A. besiegelte ein für allemal seine Popularität durch die Worte: »Jetzt, meine Freunde, werden sie immer den Wagen des Abgeordneten erkennen, sollte er einmal in dieser Gegend auftauchen.«
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