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Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Titel: Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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hinaus.
    Und dann zu den Häusern hinüber.
    Es herrschte eine geradezu unwirkliche Stille.
    »Ich kann mich für diesen Auftritt nur entschuldigen, Mister Voynich«, sagte Mr Bloom soeben.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Es ist nicht Ihre Schuld. Aber … Es ist seltsam …«
    »Was?«
    »Bis vor einigen Minuten war ich davon überzeugt, dass mich eine Reihe mehr oder weniger glücklicher Zufälle aus einem wichtigen Grund an diesen Ort hier geführt hatte …«
    Mr Bloom beschloss, dass es am klügsten war, jetzt nichts zu sagen.
    »Unsere Vorstellungskraft ist die heimtückischste unserer Fähigkeiten, Mister Bolton«, fuhr Voynich fort. Aus seiner Stimme war deutlich Enttäuschung und grenzenlose Bitterkeit herauszuhören. Er biss auf seiner Unterlippe herum. »Ich hatte geglaubt, heute sei ein Tag, der anders als andere Tage ist. Ich hatte es mir vorgestellt, weil ich es mir so sehr gewünscht hätte. Ich hatte Lust zu schreiben, es ging mir so gut. Diese wohltuende Seeluft hier hatte mich sozusagen aufgeblasen wie einen Luftballon. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Der Tag ist noch nicht vorbei, Mister Voynich …«
    »Aber meine Vorstellungskraft ist verpufft. Ihr Bekannter hat mich vorhin zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Er hat mich daran erinnert, wer ich bin und dass ich dazu verurteilt bin, es für alle Zeiten zu bleiben. Der Bruder meiner Schwester. Und er hat daran natürlich überhaupt keine Schuld, aber …«
    Das Geräusch von Blacks schnellen Laufschritten unterbrach Voynich mitten im Satz.
    »Habt ihr das gehört?«, fragte der Lokführer aufgeregt. »Hört ihr auch diese unnatürliche Stille?«
    Die Aufmerksamkeit der beiden Männer richtete sich zuerst auf die Stille, auf die Black sie hingewiesen hatte, und dann auf ein fernes Grollen, das an das Motorengeräusch eines Hubschraubers erinnerte.
    »Mehr als alles andere würde ich …«, fing Voynich gerade an zu erklären, doch Sekundenbruchteile später sprangen alle drei auf.
    Auf der Hauptstraße von Kilmore Cove schob sich eine gewaltige Wasserwand voran, die Blumenkübel, Bänke, Autos und Menschen mit sich riss. Noch bevor die drei begriffen hatten, was sie da eigentlich sahen, wurde auch der schwarze Bentley vom Wasser erfasst.
    »Weg hier!«, schrie Voynich panisch, als er die Flutwelle auf sie zukommen sah. »Weg! Weg! Lauft, so schnell ihr könnt!«
    Weder Mr Bloom noch Black Vulcano ließen sich das zweimal sagen.

Kapitel 30
Eine Nachricht aus der Vergangenheit
    Um Punkt ein Uhr hörte Nestor die ersten Schreie. Sie waren weit weg, aber es klang, als ob es Hilfeschreie wären.
    Er blieb mitten auf dem Gartenweg stehen. Die Grashalme wiegten sich im leichten Wind und zwischen den Blumen summten Insekten. Am Himmel zogen weiße Wölkchen dahin. Auf dem Meer war kein einziges Boot zu sehen.
    Die Schreie verstummten plötzlich und setzten dann wieder ein, so als ob die Hilferufenden gleichzeitig Luft geholt hätten, um dann gemeinsam weiterzuschreien.
    Sie kamen aus der Richtung, in der das Mausoleum der Familie Moore lag.
    Mit finsterem Gesicht ging er weiter. Aus der Tasche seiner Cordhose zog er einen großen Schlüsselbund und schloss die Tür zur letzten Wohnstätte seiner Vorfahren auf.
    Die Schreie waren nun deutlicher zu hören.
    »He! Hört uns jemand? Hilfe!«
    »Holt uns hier raus!«
    Aber … das waren doch die Stimmen von …
    Rick!
    Jason!
    Er antwortete nicht, weil er ohnehin gleich bei ihnen sein würde. Er hinkte die Treppe hinunter, betrat den Gang, der zu den Grabstätten führte, und ging dann immer weiter, vorbei an dem offenen, für ihn selbst bestimmten Grab und dem mit frischen Blumen geschmückten Grab seiner Frau.
    Wie er inzwischen begriffen hatte, kamen die Hilferufe der Jungen vom Ende des Korridors, der das Mausoleum der Familie Moore mit den unterirdischen Räumen unter der Villa Argo verband.
    Als er das Eisentor erreichte, hatte er Herzklopfen. Er schaltete die Laternen an.
    Und dann sah er sie.
    Sie waren zu fünft und standen direkt hinter den Gitterstäben des Tors, das die Gräber von der Brücke mit den Tierwächtern trennte.
    Jason, Rick und Anita.
    Und …
    »NESTOR!«, rief Jason, sobald er ihn erblickt hatte. »NESTOR! SUPER, DASS DU DA BIST! Ich wusste, dass du uns hören würdest!«
    Nestor wusste nicht, was er sagen sollte. Er stand mit den Schlüsseln in der Hand da und brauchte eine Weile, um ein unsicheres Lächeln zustande zu bringen. »Was in aller Welt macht ihr
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