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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition)
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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ab und biss herzhaft in das Fleisch. Der Saft des Bratens lief ihm aus den Mundwinkeln und verfing sich in den Spitzen seines Schnauzbartes. Kauend nickte er Giacomo zu, er solle sich ebenfalls an der reich bedeckten Tafel bedienen. Der ehemalige Meisterschüler da Vincis folgte der Aufforderung nicht weniger heißhungrig, aber gesitteter als Bartolomeo.
    »Ihr sagt also, Ihr seid ein ehemaliger Schüler dieses Leonardo da Vinci?«, quetschte der Unterhändler des Söldnerführers zwischen dem Gemisch aus Braten und Brot in seinem Mund hervor. Giacomo nickte und schluckte, bevor er antwortete.
    »So ist es, mein verehrter Herr. In der Tat ist es so, dass zahlreiche Erfindungen, die da Vinci zugerechnet werden, auf meinen Ideen und Konstruktionen basieren.«
    »Hat er sie verfeinert?«
    Giacomo lachte schnaufend auf und versprühte dabei etwas von dem süßen Wein. Er konnte gerade noch den Kopf abwenden, damit er den Unterführer nicht versehentlich ins Gesicht traf.
    »Verfeinert? Der große Leonardo da Vinci und etwas verfeinern?« Giacomo lächelte bitter und winkte die Worte seines Gegenübers ab. »Mein guter Herr Bartolomeo, das einzige, das Leonardo da Vinci verfeinert, ist die hohe Kunst des Schmarotzens und die Zierde seiner Haare. Er ist wie eine Natter am Busen des wahren Genies.« Giacomo lehnte sich in seinem Stuhl zurück und warf in einer hilflosen und wütenden Geste die Hände in die Luft. »Leonardo da Vinci ist ein Dieb. Ja, ein Dieb. Er stiehlt kein Geld oder Geschmeide, das fürwahr nicht. Aber er stiehlt Ideen, nur um sie dann als die seinen auszugeben.«
    Bartolomeo nickte brummend, während er sich zwischen den verschiedenen Käsesorten zu entscheiden versuchte. Unschlüssig schwebte seine Hand über der Tafel.
    »Nun ja, das ist Eure Meinung. Und wenn er damit Erfolg hat … was soll´s?« Der Unterhändler zuckte mit den Schultern, und seine Hand stieß zielsicher wie ein Habicht auf ein großes Stück weißen Käses hinab. »Nur der Starke gewinnt auf Dauer. Egal ob es um eine Schlacht, einen Krieg, den Handel oder das Leben geht.« Der Käsebrocken verschwand in Bartolomeos gierigem Schlund. »Was zählt ist am Ende nur der Sieg«, nuschelte er, während halb zerkaute Käsestückchen aus seinem Mund purzelten. Giacomo bemühte sich um eine gelassene Miene, um seine Abscheu nicht in seinem Gesicht auftauchen zu lassen. Der Unterhändler stank wie ein Schwein, er fraß wie ein Schwein und das, was er als Volgare, als allgemeine Handelssprache, ausgab, hatte ebenfalls mehr Ähnlichkeit mit dem hirnlosen Grunzen, eines Borstenviehs, als mit echter, menschlicher Rede.
    Giacomo zuckte innerlich vor diesem Gedanken zurück. War er inzwischen etwa genauso sensibel und elitär, wie sein alter Meister geworden? Sicher, er badete einmal alle zwei Wochen, im Gegensatz zu da Vinci, der dieses Ritual jeden zweiten Tag vollzog. Er bevorzugte saubere Kleidung und ein gepflegtes Auftreten, ebenfalls wie sein Meister, den ein Fleck auf dem Rock schon zu den wüstesten Beschimpfungen der Waschmägde hingerissen hatte. Aber … begann er jetzt auch schon so zu denken wie da Vinci?
    Giacomo schüttelte den Gedanken ab und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. Bartolomeo hatte seine kurze Gedankenlosigkeit offenbar nicht bemerkt und beschäftigte sich eingehend mit der Zusammenstellung einer weiteren Portion Fleisch, Brot und Käse auf seiner Platte.
    Giacomo rieb sich das Kinn.
    »Ihr sagtet, dass am Ende nur der Sieg zählen würde.«
    »Gewiss. Die Geschichte kennt keine Verlierer, nur Sieger. Verlierer werden erwähnt, um die Glorie des Siegers abzurunden.«
    »Und wenn ich Euch und Eurem Herrn nicht nur einen Sieg ermöglichen würde, sondern eine Revolution der Kriegsführung insgesamt?«
    Bartolomeo ließ langsam seine Hand mit dem Braten sinken. Nachdenklich neigte er den Kopf und linste Giacomo listig unter schweren Augenlidern an. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
    »Was habt Ihr zu bieten?«
    »Eine Kutsche mit spannmechanischem Antrieb, der wesentlich länger und schneller fährt als die bisherigen Modelle.«
    »Auch wenn sie gepanzert ist?«
    »Das ließe sich bestimmt einrichten.«
    »Was noch?«
    »Einen fahrenden Turm. Schwer gepanzert und bewaffnet mit Armbrüsten, stärker als alles, was Eure Gegner aufbieten können.«
    »Wirklich?«
    Giacomo runzelte die Stirn.
    »Bei meinen ersten Versuchen haben sie einen schwer gepanzerten Ritter auf hundert Schritte Entfernung aus dem
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