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Uferwechsel

Uferwechsel

Titel: Uferwechsel
Autoren: S Mann
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alle Nachrichten von Tobler mitlesen können, wäre ich sein nächstes Opfer gewesen.«
    »Das wäre ein Begräbnis geworden! Ein vermeintliches Sexdate mit einem Staatsanwalt hätte wohl nicht nur in deiner Familie für kollektives Hochziehen der Augenbrauen gesorgt!«, frotzelte José, während Manju mit gespieltem Entsetzen nach Luft schnappte und sich Miranda theatralisch die Hand vor den Mund schlug.
    »Ach ihr! Jedenfalls hat Tobler die ganzen Ermittlungen absichtlich verschleppt. Deswegen schien es auch, als käme die Polizei keinen Schritt vorwärts. Als er von Nils’ Tod hörte, wusste Tobler sicher, dass ihm jemand auf den Fersen war, schließlich hatte er kurz zuvor ein Techtelmechtel mit dem Jungen gehabt. Beim Tennisspieler geriet er dann vollends in Panik und brachte seine Familie in Sicherheit. Auf die Malediven.«
    »Es gibt unangenehmere Orte für ein Exil«, warf José ein, während Miranda erstaunt die Augen aufriss: »Stamenkovic hatte ein Profil auf einer schwulen Datingseite?«
    Ich nahm mein Smartphone zur Hand und startete den Browser.
    »Hier.« Ich hielt ihr das Telefon hin.
    »Ich sehe nur einen unbekleideten Oberkörper.«
    »Der gehört Marislav Stamenkovich.«
    »Das kann jeder behaupten. Und dann ›Matchpoint‹ als Benutzername? Wie bescheuert ist das denn?«
    »Was geschieht jetzt mit diesem Beat?«, fragte Fiona, nachdem das Gelächter etwas abgeflaut war.
    »Er ist in eine psychiatrische Klinik eingeliefert worden und wird wohl als nicht zurechnungsfähig erklärt werden.«
    Jeder am Tisch hing seinen Gedanken nach, bis José lauernd das Schweigen brach: »Ich nehme nicht an, dass du Toblers Akte noch hast?«
    »Die habe ich heute Nachmittag in einem an ihn adressierten Umschlag am Postschalter aufgegeben.«
    »Und du hast sie nicht zufälligerweise doch gelesen?«
    Ich grinste und schlenkerte erneut mit dem Kopf.
    »Was soll das nun wieder …?«
    »Und diese Organisation, wie hieß sie noch …?«, rettete mich Manju, bevor José seine Frage beenden konnte.
    » Sanduhr . Die werden selbstverständlich weitermachen, so lange die Nachfrage besteht. Belangen kann man sie weder für die Morde an den jungen Männern noch für Beats Zustand. Leider.«
    Ich räumte die benutzten Teller in die Küche, während im Wohnzimmer eine hitzige Diskussion über den Sinn von sexuellen Umpolungen entbrannte. Wider Willen musste ich grinsen. Nicht zuletzt wegen des großzügigen Betrags, den mein anonymer Auftraggeber heute Morgen auf mein Konto überwiesen hatte, nachdem ich ihn über den Ausgang der Mördersuche informiert hatte. Zudem hatte er der Gemeinde, in der Saids Leiche gefunden worden war, angeboten, die Beerdigungskosten zu übernehmen. Was diese strikt abgelehnt hatte. Nach längerem Hin und Her hatte man sich schließlich darauf geeinigt, die Rechnung zu teilen. Ich fragte mich, wie er die abgezweigte Summe seiner Frau erklären wollte. Aber das war nicht mein Problem.
    Ich hörte meinen Freunden eine Weile beim Streiten zu, bevor ich den Kühlschrank öffnete und fünf Bier herausnahm.
    »Für mich keins, danke«, wehrte Fiona ab, als ich ihr eine Flasche hinstellte.
    Besorgt beugte ich mich zu ihr hinunter. »Du hast bislang nur Wasser getrunken. Ist dir nicht gut?«
    Sie legte vielsagend die flache Hand auf ihren Bauch und lächelte. Ich riss die Augen auf, doch sie hielt sich einen Finger an die Lippen und blinzelte mir verschwörerisch zu. Niemand schien unsere halblaut geführte Konversation mitbekommen zu haben.
    »Was grinst du so dämlich?«, erkundigte sich José, als ich mich wieder gesetzt hatte. Sein Blick wanderte irritiert von mir zu Fiona und wieder zurück, während mich seine Freundin fixierte und unauffällig den Kopf schüttelte.
    Jetzt war mir plötzlich klar, weshalb sie José so bestimmt zu einer gemeinsamen Wohnung drängte. Der Ärmste hatte keinen blassen Schimmer, was in naher Zukunft alles auf ihn zukam.
    »Nichts. Es ist nichts. Gar nichts.« Ich war drauf und dran loszuprusten.
    »Lass uns noch mal die Fotos anschauen!«, rief Miranda gerade noch rechtzeitig und sprang auf, um die Umschläge mit den Hochzeitsofferten zu holen, die ich achtlos auf den Beistelltisch geworfen hatte. Bereits beim Apéro mit einigen Flaschen Prosecco waren sie ihr aufgefallen und wir hatten uns in der Folge prächtig amüsiert, als wir meine potenziellen Bräute durchgegangen waren.
    Kaum hatte Miranda die Fotos auf dem Tisch ausgebreitet, brach erneut Jubelgeschrei
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