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Überfahrt mit Dame

Überfahrt mit Dame

Titel: Überfahrt mit Dame
Autoren: Henry James
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getroffen, man hatte ihr auch Geld geschickt, und Mr. Gorloch hatte sie in seinem Testament berücksichtigt, nicht großzügig angesichts seines Reichtums, aber doch ausreichend.
    Und so gingen sie in Panama auseinander. Sie wollte ihm nicht einmal gestatten, mit ihr die Landenge zu überqueren,sondern drückte herzlich seinen Arm, als er sie am Bahnhof verließ. »Gott segne Sie!«, sagte er. »Und möge Gott Sie segnen, mein Freund!«, erwiderte sie.
    So brach sie allein nach England auf, und er reiste weiter nach Kalifornien.
    Bothnia, Cunard Line, gebaut von J. & G. Thomson & Co., Glasgow, 1874–1879

Die Nacht und das Meer
Nachwort
    »Ich fühle mich wie eine kleine braune Schnecke, die einer glanzvollen Antilope hinterherkriecht.« Mit diesen Worten beschrieb Henry James in einem Brief vom 2. Januar 1888 seinem alten Freund, dem erfolgreichen und überaus produktiven Schriftsteller William Dean Howells, seine momentane Lage. Seine letzten beiden Romane, The Bostonians (dt. Damen in Boston ) und The Princess Casamassima (dt. Die Prinzessin Casamassima ), in die der Autor große Hoffnungen gesetzt hatte, hatten bei Lesern und Kritikern keinen entsprechenden Anklang gefunden. Durch den Misserfolg schien das Interesse von Verlegern und Redakteuren an James’ Texten stark nachgelassen zu haben, denn obwohl er – nach eigenem Bekunden – in letzter Zeit etliche gute Geschichten verfasst hatte, wurde nichts davon veröffentlicht: »Die Redakteure halten sie monate- & jahrelang zurück, als ob sie sich ihrer schämten, & ich bin offenkundig zu ewigem Schweigen verdammt. […] Aber ich verzage nicht, denn ich glaube, ich bin nun wirklich in besserer Form, um zu arbeiten, als ich es je im Leben gewesen bin, & ich habedie Absicht, noch vieles zu schreiben. Höchstwahrscheinlich wird der Tag kommen, da meine ganze begrabene Prosa ihre verschiedenen Grabsteine gleichzeitig umzustoßen vermag.«
    Und tatsächlich: Nur wenige Wochen später erfüllte sich die Prophezeiung, die Grabsteine wurden umgestoßen, und nicht weniger als acht Erzählungen, Romane und Novellen, die heute zu Henry James’ besten gezählt werden und die Howells als eine Serie von Meisterwerken bezeichnete, wurden in kurzen Abständen in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Bis September 1888 erschienen Louisa Pallant , The Reverberator , The Aspern Papers , The Liar , Two Countries , A London Life , The Lesson of the Master und schließlich The Patagonia (dt. Überfahrt mit Dame ).
    James’ Geschichten basieren fast immer auf tatsächlichen Begebenheiten, persönlichen Erlebnissen und Anekdoten, die er aufgeschnappt hatte. So liegt zum Beispiel der Ursprung des Romans The Aspern Papers (dt. Die Aspern-Schriften ) im Zusammentreffen des amerikanischen Shelley-Verehrers Captain Edward Silsbee mit der steinalten früheren Geliebten Lord Byrons, Claire Clairmont, die angeblich freizügige Liebesbriefe der berühmtesten englischen Romantiker aufbewahrte. Der Dichter Eugene Lee-Hamilton hatte Henry James während eines Aufenthalts in Florenz davon erzählt. Die anderen oben erwähnten Werke gehen auf ähnliche Quellen zurück, dasheißt Klatschgeschichten, die im Freundes- und Bekanntenkreis kursierten.
    Ein erster Hinweis auf den Ursprung der Novelle The Patagonia findet sich in James’ Notizbüchern, anhand deren man den kreativen Prozess von der Inspiration bis zur endgültigen Fassung gut nachvollziehen kann. Hier ein Eintrag vom 5. Januar 1888: » The Patagonia. Der Name eines Schiffs (eine langsame Überfahrt mitten im Sommer von Boston – ein alter Dampfer der Bostoner Cunard-Reederei – nach Liverpool), auf dem sich die kleine tragische Geschichte abspielen soll, zur der mich Mrs. Kembles Anekdote über Barry St. Leger und die Dame (verheiratet mit einem Mann, der in England auf sie wartet), die zusammen von Indien aus in See stachen, inspiriert hat. Sie war jung und schön und wurde der Obhut des Kapitäns anvertraut. Zu einem bestimmten Zeitpunkt der Reise wurde der Kapitän darüber informiert, dass die Passagiere schockiert seien, wie sie mit B. St. L. flirtete und anbändelte. Sie erfuhr davon – und eines Nachts sprang sie über Bord. Bewundernswertes kleines trauriges Sujet.«
    James erkannte in der Anekdote, welche die berühmte Schauspielerin Fanny Kemble womöglich ursprünglich von ihrer engen Freundin Harriet St. Leger gehört hatte, sogleich den möglichen Kern einer neuen Erzählung. Er verlegte zunächst die Handlung
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