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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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war es sein Bestreben, dem Bereich von Tokei-ihtos Pfeilen zu entkommen und die flachen Wiesen zu gewinnen, auf denen die Stute ihre ganze Schnelligkeit entwickeln konnte. Der Vorteil, der ihm blieb, war dieses Pferd; dem Dakota war das seine genommen. Der falbe Hengst hatte noch einmal versucht aufzukommen, aber er stolperte und brach wieder ein.
    Fred Clarke ritt unterdessen davon. Er ritt wie ein Indianer. Sorgfältiger noch als vorher hatte er sich hinter dem Körper seines Tieres versteckt. Nur die dicke Ledersohle eines schweren Reiterstiefels schaute über den Pferderücken heraus. Tokei-ihto versandte einige Täuschungspfeile, deren Knochenspitzen in der Stiefelsohle steckenblieben. Dadurch wurde der Weiße davon abgehalten, nach dem Indianer Ausschau zu halten und dabei seinen Kopf als Ziel zu zeigen.
    Der Dakota war unbeobachtet. Er benutzte den Augenblick, sprang auf und jagte hinter dem Davonreitenden her, tiefgeduckt, mit weichen, kaum hörbaren Sprüngen und vom Schatten des Hügelhanges geschützt. Er war Red Fox schon nahe gekommen, als dieser die ebene Prärie erreichte, auf der er nun die Schnelligkeit seines Tieres auszunutzen begann.
    Der Dakota wußte von sich, daß er auf eine kurze Strecke den Wettlauf mit jedem berittenen Pferd aufnahm. Er mußte den Feind bald einholen. Mit einem einzigen gewagten Sprung nahm er das letzte Stück des Hanges und gelangte ebenfalls auf das flache Land. Es zeigte sich, daß Red Fox seinen nacheilenden Verfolger in diesem Augenblick bemerkt hatte. Sein Lasso entwickelte sich in der Luft. Die weite Schlinge senkte sich über dem jungen Häuptling.
    Tokei-ihto wich nicht aus und warf sich nicht nieder. Er tat nichts, was dem Feind neuen Vorsprung verschafft hätte. Die Schlinge kam herunter, der Häuptling sprang geradezu in sie hinein. Mit starkem Griff faßte er den Riemen außerhalb der Schlinge, so daß sie sich nicht vollständig zuziehen konnte. Der übliche Ruck erfolgte.
    Fred Clarke hatte sich wieder in den Sattel geschwungen und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Pferd, das auf das Durchstehen eines Lassowurfes zwar dressiert, aber seit langem nicht mehr darin geübt war. Tokei-ihto ließ sich fallen, als sei er umgerissen worden.
    Der Feind trieb sein Tier zum Galopp an, und laut brüllend im Triumph zerrte er das vermeintliche Opfer am Lasso hinter sich her, um es zu Tode zu schleifen. Dabei wandte er dem Indianer, den er in der Schlinge eingeschnürt glaubte, wieder den Rücken. Der Dakota schnellte sich auf. Er kam auf die Füße, sprang aus der Schlinge heraus und eilte in langen Sätzen hinter dem Reiter her, während er das Lasso bei sich einzog.
    Die beiden Kämpfenden gelangten in ihrer schnellen Bewegung aus dem Schatten der Anhöhe hinaus auf das mondbeschienene Gelände. Red Fox hatte noch keinen Verdacht gefaßt, da das Lasso gespannt blieb. Er hieb auf sein Pferd ein, um es zu immer schnellerem Galopp anzutreiben. Die Gefährten des Red Fox aber konnten beobachten, was geschah. Sie schrien auf. Mit aufgeregten Armbewegungen versuchten sie Fred Clarke zu warnen, und einige schossen auf den Dakota. Aber dieser war schon durch das Pferd seines Feindes gedeckt, und die Kugeln trafen nicht.
    Red Fox hielt den Lärm, der bei seinen Freunden entstand, im ersten Augenblick für Siegerfreude, dann wurde er mißtrauisch und blickte sich um.
    Eine Pferdelänge hinter sich sah er den Indianer.
    Sein Gebrüll verstummte, und die Peitsche fiel ihm aus der Hand. Er riß den Revolver heraus, wandte sich im Sattel und zielte mit gestrecktem Arm auf den Indianer. Als er abzog, war Tokei-ihto im Sprung, die Kugel streifte den Dakota, fast ohne daß er es fühlte, und hielt ihn nicht mehr auf. Wie ein anspringender Wolf, mit einem einzigen Satz, war der Häuptling hinter dem Feind auf dem Pferd. Seine Rechte drückte die Hand am Revolver zusammen, so daß die Finger sich von der Waffe lösen mußten; mit der Linken hob der Häuptling das Dolchmesser.
    Red Fox wollte sich noch vom Pferd fallen lassen und dadurch den Rücken wieder frei bekommen. Aber der Augenblick, in dem er die Füße aus den Steigbügeln nehmen mußte, machte sein Vorhaben zunichte.
    Die Klinge fuhr ihm in den Rücken. Sein riesiger Körper wankte, und der Kopf mit dem breitkrempigen Hut sank in den Nacken.
    Für Tokei-ihto blieb keine Zeit, Gefühle des Sieges auszukosten, denn er war noch von Feinden umzingelt. Um die Skalpjäger zu täuschen, umfing er den toten Feind mit den Armen, als
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