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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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große dicke Johnny beaufsichtigte auch das und ging dann langsam zu dem Hauptgebäude zurück, in dem er verschwand.
    Die beiden Indianer ritten an die Agentur heran. Der schwarze Hund lief immer mit ihnen. Da Tobias bekannt war, wurden die beiden Reiter von den aufgestellten Posten nicht weiter beachtet. Die Indianer brachten ihre Pferde zu den anderen Tieren in die Koppel. Tobias leitete dann nicht auf den Mitteleingang des Hauptgebäudes zu, an dem ein lebhaftes Treiben herrschte, sondern lenkte den Schritt zu einer kleinen Seitentür. Durch diese traten die beiden Indianer in einen dunklen Vorraum ein, von da aus durch eine Zwischentür in eine unerwartet geräumige Gaststube.
    Auf einem der beiden rohgezimmerten Holztische brannte eine Petroleumlampe mit ihrem besinnlichen Licht. Draußen dämmerte der Abend; das einzige Fenster des Raumes war sehr klein, zudem verhängt, so daß es wenig Helle hereinließ und kaum etwas von dem schwachen Lampenschimmer nach draußen dringen konnte. Auf den Regalen an den Wänden waren Krüge, Schüsseln, Becher und Töpfe aufgestellt. In der rechten hinteren Ecke war der Herd eingebaut. Dort stand jetzt der riesige Johnny, der den Eintretenden den Rücken zukehrte. Auch als die Tür wieder ins Schloß fiel, drehte er sich nicht nach ihnen um. Beim Herd lehnte sein Schießeisen an der Wand. Es war eine große, vorsintflutliche Waffe.
    Die Indianer gingen zu der Wandbank an der dem Herd gegenüberliegenden Ecke und ließen sich dort nieder. Ohitika verkroch sich unter der Bank hinter den Füßen seines Herrn.
    Johnny schien das stille Verhalten seiner Gäste wohl zu gefallen. Er warf mit einem Löffel eben wieder einen großen Brocken Fett in die Pfanne. Das Fett schmolz und umbriet das in der Pfanne befindliche Fleisch mit brutzelndem Geknalle. Die Indianer konnten Johnny in aller Muße betrachten. In seinem Gesicht fielen die Fettpolster auf, die die knollige Nase umgaben. Seine schütteren Haare auf dem runden Schädel waren sorgfältig gescheitelt und unter reichlicher Anwendung von Salbe in die gewünschte Richtung gelegt. Er hatte den Rock ausgezogen und die Hemdsärmel aufgekrempelt, so daß man seine starken, Baumstämmen ähnlichen Arme sah.
    Als die Rippenstücke in der Pfanne fertig gebraten waren, schaute sich Johnny nach den Indianern um, die schweigend ihre Pfeifen rauchten. Er nahm drei gescheuerte Holzteller von der Wand und kam mit diesen und der Pfanne zu dem Tisch vor der Wandbank.
    Klappernd teilte er die Teller aus, setzte die rußige Pfanne auf ein Brett in die Mitte des Tisches und ließ sich auf einem Hocker nieder, der für seine massige Gestalt zu klein schien. Er zog sein Messer und legte von den vier Stücken, die sich in der Pfanne befanden, je eines auf die Teller seiner Gäste.
    »Hatte es für mich gebraten«, sagte er mit einer heiseren Trinkerstimme, »aber ihr könnt gleich mithalten.«
    Man aß. Die geteilte Ration war bald zu Ende. Der Wirt trug das Geschirr weg und brachte einen Krug mit Branntwein. Er goß die Becher voll und schob sie den Indianern hin. Den eigenen leerte er mit einem Zug. Auf den Trunk hin kam Leben in seine Züge. »Erzähl mal, Tobias!«
    »Weiß nichts Neues«, brummte der Delaware vor sich hin. »Wie geht’s dir? Verdienst du gut?«
    Der Wirt schenkte sich schon zum drittenmal ein und goß wieder den Inhalt des ganzen Bechers auf einmal hinunter, so daß man seine Gurgel bei dem großen Schluck arbeiten sah. Er duckte sich und beugte sich über den Tisch hinüber zu seinen Gästen; sie rochen seinen nach Branntwein stinkenden Atem. »Verdienen? Hier gibt’s nur einen, der wirklich gute Geschäfte macht, die Geschäfte mit den Lieferungen für die Agenturindianer – und die macht der Freddy Red Fox! Der braucht kein Gold mehr zu suchen, der verdient hier an einer Lieferung mehr als ein armer Goldsucher im ganzen Jahr. Aber mir hat er noch keinen Dollar gegönnt, der schmutzige Hund! Meint ihr, ich sehe mir das noch lange an?«
    »Du mußt es den Agenten melden«, ermunterte Tobias.
    »Dem feinen Herrn Offizier, der nie da ist? Ich werde mich hüten und mir den Mund verbrennen!« Der Wirt machte ein sehr bedenkliches Gesicht. »Der Red Fox, unter uns gesagt, das ist ein Hundsfott, und er ist auch heute noch imstande, einen in der Nacht kaltblütig niederzustechen. Nein, noch ist mir der Bursche zu gefährlich. Ich muß warten. Unterdessen wird sich der Beutel auch so ein wenig bei mir runden. Hier kehrt jeder gern
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