Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
überlegen sie, was sie sagen werden, und wie das ihrer Beförderung zugute kommen könnte oder was dabei für sie heraussehen würde. Es hatte keinen Sinn, diesen Jungen hier anzuöden, der trotz seines Infanteriekampfabzeichens, dem Purple Heart und den anderen Bändchen, die er trug, in keinem Sinn ein Soldat war, sondern nur ein Mann, der gegen seinen Willen in eine Uniform gesteckt worden war, und der aus persönlichen Gründen vorgezogen hatte, in der Armee zu bleiben.
    «Was haben Sie im Zivilleben gemacht, Jackson?» fragte er.
    «Mein Bruder und ich, wir hatten zusammen eine Garage in Rawlins, Wyoming, Sir.»
    «Wollen Sie dahin zurück?»
    «Mein Bruder ist im Fernen Osten ums Leben gekommen, und der Kerl, der die Garage führte, taugte nichts», sagte der Fahrer. «Wir haben alles verloren, was wir hineingesteckt hatten.»
    «Das ist schlimm», sagte der Colonel.
    «Sie haben recht, verflucht noch mal, es ist schlimm», sagte der Fahrer und fügte «Sir» hinzu.
    Der Colonel blickte die Straße entlang.
    Er wußte, wenn sie auf dieser Straße blieben, würden sie bald an die Biegung kommen, auf die er wartete, aber er war ungeduldig.
    «Halten Sie die Augen auf und biegen Sie auf der Straße, die vor dem Schlagbaum da abgeht, nach links ein», sagte er zu dem Fahrer.
    «Glauben Sie, daß diese tiefliegenden Straßen hier für unseren großen Wagen taugen, Sir?»
    «Das wird sich herausstellen», sagte der Colonel. «Teufel noch mal, Mann; es hat drei Wochen lang nicht geregnet.»
    «Ich trau diesen Seitenstraßen hier im Flachland nicht.»
    «Wenn wir festfahren, lasse ich Sie mit einem Ochsengespann rausholen.»
    «Ich hab nur an den Wagen gedacht, Sir.»
    «Na, denken Sie an das, was ich Ihnen gesagt habe, und biegen Sie in den ersten linken Seitenweg, den Sie sehen, ein, falls er befahrbar ist.»
    «Das da zwischen den Hecken sieht mir wie einer aus», sagte der Fahrer.
    «Hinter Ihnen ist alles klar. Halten Sie direkt davor, und ich werde rübergehen und es mir ansehen.»
    Er stieg aus dem Wagen und ging über die breite, feste Straßendecke und besah sich den schmalen Sandweg mit dem schnellfließenden Kanal daneben und der dichten Hecke dahinter. Jenseits der Hecke sah er ein niedriges rotes Bauerngehöft mit einer großen Scheune. Der Weg war trocken. Nicht einmal Karrenspuren hatten sich eingegraben. Er stieg wieder ins Auto.
    «Ist der reine Boulevard», sagte er. «Hören Sie schon auf, sich Gedanken zu machen.»
    «Jawohl, Sir. Es ist Ihr Wagen, Sir.»
    «Ich weiß», sagte der Colonel. «Ich zahl immer noch dafür. Sagen Sie mal, Jackson, leiden Sie immer so sehr, jedesmal, wenn Sie von einer Hauptstraße auf eine Straße zweiter Ordnung kommen?»
    «Nein, Sir. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen einem Jeep und einem Wagen, der so tief liegt wie dieser. Wissen Sie, wieviel Bodenfreiheit Ihr Differential und Ihr Fahrgestell hier haben?»
    «Ich habe eine Schaufel im Koffer, und wir haben Ketten mit. Warten Sie mal erst ab, wo wir hinfahren, wenn wir Venedig verlassen.»
    «Fahren wir den ganzen Weg mit diesem Wagen?»
    «Ich weiß nicht; ich muß mal sehen.»
    «Denken Sie an Ihre Stoßdämpfer, Sir.»
    «Wir werden die Stoßdämpfer abhauen, wie es die Indianer in Oklahoma tun. Ist viel zu stark gedämpft. Ist alles zu viel und zu stark außer dem Motor. Aber Jackson, der Wagen hat wirklich einen tollen Motor. 150 Ponies.»
    «Weiß Gott, den hat er. Es ist ein Mordsspaß, diesen großen Wagen auf guten Straßen zu fahren. Deshalb möchte ich nicht, daß ihm irgendwas passiert.»
    «Das ist sehr nett von Ihnen, Jackson, aber hören Sie jetzt schon auf zu leiden.»
    «Ich leide gar nicht, Sir.»
    «Schön», sagte der Colonel.
    Er litt auch nicht, denn er sah gerade jetzt, jenseits der Reihe dicht zusammenstehender brauner Bäume vor sich, ein Segel vorbeiziehen. Es war ein großes rotes Segel, das von der Gaffel straff nach unten gespannt war, und es zog langsam hinter den Bäumen vorbei.
    Warum es wohl immer dein Herz rührt, wenn du ein Segel durchs Land ziehen siehst, dachte der Colonel. Warum rührt es mein Herz, wenn ich die großen, langsamen, fahlen Ochsen sehe? Es muß ihre Gangart sein und nicht nur ihr Aussehen und die Größe und die Farbe.
    Aber ein großes, schönes Maultier, oder eine Kette von Packeseln in gutem Zustand, rührt mich auch. Und auch ein Kojote, jedesmal, wenn ich einen sehe, und ein Wolf, der sich wie kein anderes Tier sonst bewegt, grau und selbstbewußt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher