Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
nicht sagen sollen. Aber ich habe trotzdem recht – oder?«
    Das letzte Wort war an Priscylla gerichtet gewesen. Das Mädchen starrte ihn an, schluckte ein paar Mal und wandte den Kopf, um seinem Blick auszuweichen. Ihre Lippen zitterten.
    Mit einem raschen Schritt trat ich auf sie zu, legte die Hand unter ihr Kinn und zwang sie, mich anzusehen. »Ist das wahr?«, fragte ich.
    Ihre Augen schimmerten feucht, als sie mich ansah. »Ja«, flüsterte sie. »Sie … rufen die Bestie nur, wenn … wenn sie ein Opfer für sie haben.«
    »Aber du hast mir doch gesagt, dass sie es nur bei Vollmond tun«, sagte ich ungläubig.
    Bannermann schnaubte. »Es ist Vollmond, Craven, wenigstens fast. Außerdem wird sich Donhill ein so prächtiges zusätzliches Opfer kaum entgehen lassen.«
    »Das ist nicht wahr«, murmelte ich. »Sag ihm, dass das nicht wahr ist, Priscylla.«
    Priscylla schluckte. Ihre Hände glitten mit kleinen, nervösen Bewegungen an meiner Brust empor, tasteten über meine Schulter und suchten die meinen. Ich zuckte schmerzhaft zusammen. Meine verbrannten Finger taten noch immer weh, und der Fausthieb, den ich Bannermann versetzt hatte, hatte die Wunden wieder aufbrechen lassen. Unter meinen Fingernägeln sickerte Blut hervor und hinterließ dunkle Flecke auf ihrem Umhang.
    »Es ist wahr«, flüsterte sie.
    »Und du hast es gewusst?«
    Sie nickte. »Ja. Ich … habe zwei von Donhills Helfern belauscht, als ich vorhin draußen war, um … die Kleider für euch zu beschaffen«, sagte sie stockend. »Aber es war die einzige Chance, Robert, versteh mich doch.«
    »Chance?«, fragte Bannermann wütend. »Für wen? Du wolltest mit dem Leben meiner Männer für deine Freiheit bezahlen.«
    »Und auch für unsere, Bannermann«, sagte ich grob. »Halten Sie endlich den Mund.«
    »Er hat recht«, sagte Priscylla leise. Ihre Stimme schwankte. Sie begann zu weinen. »Ich … ich muss hier weg, Robert«, wimmerte sie. »Und es gibt nur diese eine Möglichkeit. Während einer Opferfeier sind sie alle unten am Fluss, selbst die Wachen. Wir wären niemals so weit gekommen, wenn es nicht so wäre.«
    »Vielleicht«, antwortete ich ernst.
    »Und wir werden auch nicht weiterkommen«, sagte Bannermann wütend.
    Ich ließ Priscyllas Schulter los, drehte mich um und sah ihn nachdenklich an. »Sie wollen zurückgehen?«
    »Sie nicht?«
    »Aber das ist Selbstmord!«, begehrte Priscylla auf. »Sie können überhaupt nichts tun! Die ganze Stadt ist dort unten. Sie werden Sie und Robert umbringen.«
    »Ich lasse meine Männer nicht im Stich«, antwortete Bannermann wütend. »Und ich sehe erst recht nicht tatenlos zu, wie sie irgendeinem Seeungeheuer geopfert werden. Ihr beiden könnt von mir aus verschwinden, aber ich gehe zurück.« Er fuhr herum und wollte auf der Stelle losstürmen, aber ich hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück.
    »Lassen Sie mich los, Craven!«, sagte er wütend. »Sie müssen nicht mitkommen.«
    »Natürlich komme ich mit«, antwortete ich leise. »Aber wir können nicht blind losstürmen. In einem Punkt hat Priscylla nämlich recht, Captain – sie werden uns schneller umbringen, als Sie sich träumen lassen, wenn wir blind dorthin rennen.«
    Bannermann presste wütend die Lippen aufeinander, nickte aber dann widerwillig. »Und was haben Sie vor?«
    Ich schwieg einen Moment, drehte mich wieder um und sah Priscylla an. »Erklär uns genau, wie es dort aussieht«, sagte ich. »Gibt es eine Möglichkeit, ungesehen auf den Platz zu kommen?«
    Priscylla schüttelte erschrocken den Kopf. »Du kannst nicht zurück!«, keuchte sie. »Sie werden dich töten, Robert.«
    »Vielleicht«, antwortete ich ernst. »Aber Bannermann hat recht – wir können die Männer nicht einfach im Stich lassen.«
    »Aber was sollen wir denn tun? Donhill hat Dutzende von Männern, die ihm gehorchen. Wir haben keine Chance gegen ihn!«
    »Ich rede auch nicht von uns«, sagte ich betont. »Bannermann und ich gehen allein. Du gehst allein weiter. Wenn du dich beeilst, erreichst du noch vor Sonnenaufgang die Straße. Vielleicht nimmt dich ein Wagen mit.«
    »Ich gehe nicht allein«, sagte Priscylla. »Sie würden mich wieder einfangen, wie die anderen Male.« Plötzlich warf sie sich an meine Brust und schlang verzweifelt die Arme um meinen Hals, so fest, dass sie mir fast die Luft abschnürte. »Geh nicht zurück, Robert!«, flehte sie. »Sie werden dich töten! Es haben schon andere vor dir versucht, aber niemand ist der Bestie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher