Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald
Autoren: Paul Stewart
Vom Netzwerk:
der Mitte des Schiffsrumpfes angebrachten käfigartigen Vorrichtung, hielt sie mit dem Fuß offen und hob eine lange Harpune.
    »Jetzt!«, rief Klotzkinn dem Steinpiloten zu.
    Der Steinpilot ließ seine Last vorsichtig los. Einen Augenblick schwebte der Stein in der Luft und drehte sich um sich selbst. Dann begann er zu steigen, langsam zuerst, dann schneller. Klotzkinn stützte sich an einem Ast ab. Der Stein kam näher. Er würde die Halterung verfehlen! Klotzkinn beugte sich vor und stieß den Stein behutsam mit der Harpune an. Der Stein bewegte sich etwas nach links und stieg weiter.
    »Los, mach schon«, rief Slyvo dem fliegenden Stein zu. Er wandte sich an Haudrauf. »Sobald er drin ist, kommt ihr alle sofort an Bord«, zischte er. Twig hörte aufmerksam zu. »Und wenn Tem Waterbork sich weigert, packst du ihn einfach, kapiert?«
    Mit einem dumpfen Rumpeln glitt der Stein in die Halterung. Klotzkinn stieß die Tür mit dem Fuß zu. Es klickte. Er bückte sich und schob den Riegel vor. »Geschafft!«, brüllte er triumphierend.
    Twigs Herz raste. Das wundervolle Piratenschiff war wieder himmelstüchtig. Er stimmte in das Freudengeheul der anderen ein.
    »Es sei dir nicht vergessen, Klotzkinn«, rief Slyvo. »Gut gemacht!«
    »Jawohl!«, kam eine zweite, tiefe und voll tönende Stimme. »Gut gemacht!«
    Alle fuhren herum.
    »Captain!« Tem Waterbork grinste. »Sie haben es geschafft!«

    »Allerdings, Tem«, sagte der Ankömmling ernst.
    Twig starrte ihn an. Der Captain bot einen prächtigen Anblick. Er war groß und hatte im Unterschied zu dem gebeugten Slyvo eine kerzengerade Haltung. Sein Backenbart war gewachst, ein Auge hinter einer schwarzen Lederklappe verborgen. An seinem langen Piratenmantel hing eine Vielzahl von Objekten, von einer Schutzbrille und einem Fernrohr bis hin zu verschiedenen Enterhaken und Dolchen. An seiner Seite hing ein lang geschwungener Säbel, der im Mondlicht silbern schimmerte. Twig zuckte zusammen. Hatte er den Säbel mit dem edelsteinbesetzten Griff und der Scharte in der Klinge nicht schon einmal gesehen?
    In diesem Augenblick trat eine achte Gestalt aus den Büschen. Twig erstarrte. Es war ein Banderbär, der freilich ganz anders aussah als sein alter Freund. Dieser hier war weiß und hatte rote Augen, ein Albino. Der Bär ließ das tote Hammelhorn, das ihm über die Schulter hing, auf den Boden fallen und nahm seinen Platz hinter dem Captain ein.
    »Aha, Hubble«, sagte der Captain. »Dich brauche ich jetzt. Fessle den Flachkopf wieder.«

    Der Banderbär zeigte auf den Sturmpfeil . »Wu?«, fragte er.
    »Nein«, sagte der Captain, »an einen Baum. Aber an einen dicken, bitte.«
    Haudrauf fauchte und hob trotzig eine Faust. Der Banderbär schlug sie weg und packte den Kobold an der Kette, die er um seinen Hals trug. Fast hätte er ihn daran in die Höhe gehoben.
    »Vorsicht, Hubble«, sagte der Captain.
    Der Banderbär senkte den Arm und zog an der Kette. Haudrauf wurde abgeführt.
    »Halten Sie das für klug, Sir?«, fragte Slyvo näselnd. »Wir befinden uns mitten im Dunkelwald. Da kann alles Mögliche passieren … Haudrauf könnte uns nützlich sein, wenn wir überraschend angegriffen werden.«
    Der Captain drehte sich zu ihm um und durchbohrte ihn mit seinem gesunden Auge. »Glaubst du, ich kann deine verräterischen Gedanken nicht lesen, Slyvo?«, sagte er. »Deine Freunde von der Liga der freien Kaufleute aus Unterstadt nützen dir hier im Dunkelwald reichlich wenig. Wir sind nicht von ihnen abhängig. Hier gebe ich die Befehle. Noch ein Wort und ich lasse dich in den Himmel schießen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    »Was bedeutet ›in den Himmel schießen‹?«, wandte Twig sich leise an Zacke.
    »Man bindet den Betreffenden an den brennenden Ast einer Bluteiche«, flüsterte der Eichenelf. »Er steigt dann auf wie eine Rakete und schreit die ganze Zeit.«
    Twig erschauerte.
    »Wir bleiben die Nacht über hier und brechen im Morgengrauen auf«, sagte der Captain. Er gab dem toten Hammelhorn einen Tritt und sah Tem Waterbork an. »Na denn, Schiffskoch. An die Arbeit!«
    »Zu Befehl, Captain«, sagte Tem eifrig.
    »Zacke, du überlegst, auf welchem Weg wir nach Unterstadt zurückkehren. Ich will in diesem verdammten Wald nicht länger als nötig festsitzen.« Er sah nach oben. »Wie lange brauchst du noch für die Reparaturen, Klotzkinn?«
    »Ein paar Stunden, Captain«, kam die Antwort. »Ich muss nur noch die neue Halterung für das Steuerruder anbringen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher