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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung
Autoren: Heyne
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zweiten vorbereitete. Muss wohl das Klicken beim Entsichern gehört haben, meinte Nathan, denn er hat mich todsicher nicht kommen hören, und dann hat er sich gerade noch rechtzeitig umgedreht, um die Ladungen beider Läufe auf sich zukommen zu sehen.
    Der Tote hatte natürlich keinerlei Papiere bei sich.
Schlüssel von einem Camry, der, wie sich herausstellte, nicht gemietet, sondern gestohlen war. Ein dicker Packen Hunderter und Zwanziger in einem Geldclip, ein mit Whisky gefüllter Flachmann in einer Gesäßtasche seiner Jeans. In der anderen fanden wir eine Congressional Medal of Honor, die höchste Tapferkeitsauszeichnung der amerikanischen Streitkräfte.
    J.T. kam zur Blockhütte zurück, um mir das zu sagen.
    »Sehr gut möglich, dass wir ihn dadurch identifizieren können«, sagte sie. »Immer vorausgesetzt, es ist sein Orden.«
    Aber ihn zu identifizieren und seine Spur zurückzuverfolgen würde uns keinen Schritt weiterbringen, wir würden uns nur im Kreis drehen. Das wussten wir alle. Wir alle wussten, woher er kam. Ein weiterer toter Soldat mehr oder weniger, mit Namen oder namenlos, das spielte im größeren Zusammenhang gesehen praktisch keine Rolle.
    »Dad?«
    Erst da registrierte ich, dass ich ihr nicht geantwortet hatte.
    »Wirst du klarkommen?«
    Natürlich würde ich klarkommen, mit der Zeit.
    »Du solltest nicht allein hier draußen sein. Komm mit mir in die Stadt und bleib wenigstens heute Nacht bei mir.«
    Aber ich lehnte ab und bestand darauf, dass allein zu sein genau das war, was ich im Moment am meisten brauchte.

    Immer wieder sagen Leute, in solchen Augenblicken würde alles ineinander verschwimmen, aber das ist nicht so. Obwohl alles unendlich schnell passiert, braucht jeder einzelne Moment eine Ewigkeit, um sich im Geist abzuspulen, jedes Bild steht einem klar und vereinzelt und in grelles Licht getaucht vor Augen. Irgendwo in meiner Erinnerung wird Val immer dort auf diesem Stuhl sitzen und vornübergesackt mit einem überraschten Ausdruck auf dem Gesicht auf den verschütteten Wein zeigen.
    Wenig später tauchte zuerst Lonnie auf, dann Don Lee mit Doc Oldham im Schlepptau. Einmal drohte Lonnie, mir Handschellen anzulegen und meinen Arsch in die Stadt zu schleifen, wenn es sein müsste. Durchgezogen hat er seine Drohung allerdings nicht. Die meisten von uns führen das eine oder andere nicht zu Ende; auch so eine Sache, auf die man sich todsicher verlassen kann.
    Eldon kreuzte als Letzter auf, nachdem die anderen alle schon gegangen waren, selbst Nathan - soweit ich weiß, schlich Nathan allerdings immer noch irgendwo dort draußen herum. Eldon setzte sich auf die Kante der Veranda.
    »Es tut mir unendlich leid, Mann«, sagte er.
    »Ja, uns allen.«
    »Du hast ja keine Ahnung.«
    Ich hatte keine Ahnung und auch sonst nicht viel.
    »Regen zieht auf.«
    »Gut.«
    Nach einer Weile sagte er: »Ich hab sie geliebt, John.«
    Nach einer Weile sagte ich: »Ich weiß.«
    »Was zum Teufel machen wir jetzt, Mann?«
    »Du wirst weitermachen, nach Texas fahren und zu all diesen Orten, über die ihr beide gesprochen habt, und du wirst spielen und singen, die Songs, die du mit Val zusammen gespielt hast.«
    Ich ging hinein und holte das Banjo.
    »Sie hat mir erzählt, dass du angefangen hast, zu spielen.«
    »Ich glaube kaum, dass man das, was das Banjo und ich zusammen veranstalten, spielen nennen kann. Es ist mehr ein gegnerisches Verhältnis.«
    Als ich es ihm gab, meinte er: »Das kann ich nicht annehmen.«
    »Natürlich kannst du. Es muss gespielt werden. Es muss das tun können, wofür es gemacht wurde.«
    Wir stritten noch eine Weile, und schließlich war er einverstanden. »Okay, ich nehm’s, ich werde sogar lernen, das Ding richtig zu spielen. Aber es ist nicht meins.«
    »Das ist genau das, was Val immer gesagt hat: Instrumente gehören einem Menschen nicht, wir borgen sie uns nur für eine Weile aus.«
    »Was ist mit dir? Was wirst du machen?«
    Ich werde hier auf der Veranda sitzen, antwortete ich ihm. Und als er fort war, tat ich genau das, ich saß dort auf der Veranda und blickte hinaus in die Bäume und zurück auf das Etikett der Weinflasche und dachte über die ausgefransten Ränder meines Lebens nach. In der Morgendämmerung, bei Tagesanbruch sah ich
Miss Emily am Waldrand, hinter ihr, in einer Reihe, ihre Jungen. »Val«, sagte ich laut, und als ihr Name als Echo von den Bäumen zu mir zurückkehrte, klang es sehr nach einem Gebet.
    Irgendwo, tief in meinem Innersten, sitze ich
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