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TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

Titel: TS 83: Der Mann, der ein Roboter war
Autoren: Michael Schenk
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Keith aus seinen Gedanken. Auf dem Schirm stand unbeweglich wie zu Beginn der Schichtung die Kontrollnummer des noch ,ungeborenen’ Humanoiden: ZZ 97 – 347 251.
    „Einwandfrei – wie immer“, murmelte Keith verdrossen, dann war er fast versucht zu lachen, als er daran dachte, daß er die zwei Verbesserungen noch erleben würde, die zum Modell ZZ 99 führten. Vor 566 Jahren hatte ein Rechenrobot ermittelt, daß die 61 875 Variationen einer vierstelligen Zahlen-Buchstaben-Kombination für Jahrtausende ausreichen müßten. Man vergaß einen Faktor einzubeziehen: die Humanoiden waren selbst bestrebt, sich zu vervollkommnen.
    Keith schob zwei Plastikkappen über seine Fingerspitzen, ehe er Modul und Begleitfolie in die Probenkapsel legte und sie dem Rohrpostkanal überließ.
    Die Schlußkadenz der Fuge brach sich zögernd an den Mauern des Domes.
     
    *
     
    Ein Gefühl im Unterbewußtsein, weit unter der bewußten Reizschwelle, machte Keith darauf aufmerksam, daß ihn jemand zu sprechen wünschte. Er drückte auf einen winzigen Knopf an seinem Unikom, und die klare Stimme eines jungen Mädchens kam aus dem uhr-ähnlichen Instrument an seinem Handgelenk:
    „Elmar?“
    „Ja, Joan?“
    „Papa möchte, daß du heute zum Abendessen kommst.“
    Keith zog eine Grimasse und sagte ausweichend: „Ich wollte heute eigentlich die Berechnungen für den Logiksektor von 98 abschließen und mich mit Betty darüber unterhalten.“
    „Kann dieses widerliche Positronengehirn nicht bis morgen warten?“ fragte Joan ärgerlich zurück.
    „Es schon, aber ich nicht!“
    „Ach? Das ist natürlich etwas ganz anderes!“
    Keith wollte ihre ironischen Worte unterbrechen, aber Joan fuhr energisch fort:
    „Du willst dich wohl absolut ruinieren? Von Rechts wegen könntest du jetzt erst mal ein halbes Jahr Urlaub nehmen. Es ist Mitte Mai, und du hast schon die gesamte Arbeitszeit für dieses Jahr auf der Karte. Schließlich ist es erst knapp drei Monate her, daß du aus dem Krankenbett gestiegen bist! Seit Wochen arbeitest du die Nächte durch. Sag mal, wann schläfst du eigentlich?“
    Keith hatte den Kopf auf die Faust gestützt und gleichgültig auf die eng beschriebenen Blätter vor sich gestarrt. Jetzt schaute er überrascht auf den Unikom. Woher, überlegte er blitzschnell, konnte sie wissen, daß … wenn sie noch immer Genesungsurlaub hatte …, dann aber lehnte er sich beruhigt zurück. Corell selbst wird ihr wohl erzählt haben, dachte er, daß er seit zwölf Tagen nicht mehr aus der Testzentrale gekommen war.
    „Aber, Joan“, sagte er gelassen, „du weißt doch, daß ich hier meinen Raum habe, in dem ich schlafe, wenn es mir zu spät wird.“
    „Natürlich, aber du … also, kommst du nun oder nicht?“
    „Na schön, wenn es sein muß. Was gibt’s denn Gutes zu essen?“
    „Laß dich überraschen! Kannst du gegen 7,5 bei uns sein?“
    „Also gut. Bis nachher!“
    „Aber vergiß es nicht, Elmar! Ach ja, du vergißt ja überhaupt nie etwas, außer mir, du Supermensch. Bis gleich!“
    Unmerklich sprang der kleine Knopf an seinem Unikom zurück, als sie die Verbindung unterbrach. Die Zeiger standen auf 6,9.
    Längst war man dazu übergegangen, den Tag statt in 24 in 10 Stunden, diese in je 100 Minuten und die Minute in 100 Sekunden zu unterteilen, um das Zeitsystem dem metrischen Maßsystem anzugleichen.
     
    *
     
    Keith zündete sich eine Zigarette an. Woher sollte Joan auch wissen, dachte er abwägend nach, daß er seit seiner Entlassung aus dem Klinikum überhaupt nicht mehr geschlafen hatte? Zuerst war es ein ziemlicher Schock für ihn gewesen, daß weder Schlafmittel noch Narkotika wirkten. Er war kein Mediziner und schob es lange auf den Heilschlaf, in dem er fast ein halbes Jahr gelegen hatte. Als sich aber zwei Monate später noch immer nicht das geringste Schlafbedürfnis einstellte, war er höchst beunruhigt zu Dr. Soltikow gegangen, dem er mehr oder weniger sein Leben verdankte.
    „Sie werden sich damit abfinden müssen, Keith, daß Sie keine Träume mehr erleben können“, hatte der nach einer enzephalographischen Untersuchung gesagt und bedauernd mit den Schultern gezuckt. „Es ist Ihnen doch bekannt, daß Ihr Schädel ziemlich mitgenommen war? Vor hundert Jahren hätten Sie diese Verletzungen mit Sicherheit nicht überlebt. Bei dem Unfall wurde ein Teil Ihres Gehirns verletzt, darunter Ihr Erinnerungszentrum und – wie wir jetzt wissen – auch der Teil, welcher den Schlafrhythmus bestimmt.“
    Dr.
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