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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
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rein!“, rief Castor über seine Schulter, ohne seine Gefangenen aus den Augen zu lassen.
    Ein Wächter erschien. Es war der Mann vom Tor. Grob stieß er Jean in den Raum, der vor dem Tisch zusammensackte und sich nicht mehr rührte.
    „Was hast du vor?“, fragte Patrick.
    „Da haben wir ja alle beisammen.“ Castor hatte die Augen zusammengekniffen und fixierte einen nach dem anderen. „Sie müssen Abby Summers sein?“ Es war keine Frage und Castor schien auch keine Antwort zu erwarten. Er wandte sich wieder an Patrick.
    „Du bist genauso ein Schwächling, wie dein Vater“, knurrte er.
    Ferre blickte ihn schweigend an, aber Abby sah aus dem Augenwinkel, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten.
    „Habe ich dir schon von der Nacht erzählt, in der er starb?“, fuhr Castor ungerührt fort. Er grinste. „Ich fand ihn am hinteren Ende des Feldes. Er saß auf dem nackten Boden, war betrunken und weinte. Die wenigen Arbeiter, die ihm noch geblieben waren, weigerten sich auf die Felder zu gehen, solange er die ausstehenden Löhne nicht bezahlte. Die Bank saß ihm im Genick. Mehrere Zuckerrohrhändler hatten ihm die Abnehmerverträge gekündigt. Er war verzweifelt, jammerte davon, wie er seine Familie durchbringen solle, wenn er die Plantage verlor. Er bat mich um Hilfe.“
    „Was hast du getan?“, presste Patrick zwischen den Lippen hervor.
    „Dein Vater klammerte sich wie ein Kleinkind an meine Hosenbeine. Ich schlug seine Hand weg und sagte ihm, er solle sich wie ein Mann benehmen. Dann bin ich weggegangen. Wenige Stunden später fand ihn einer der Arbeiter. Er hatte sich aufgehängt.“
    „Du Schwein“, ächzte Ferre. „Er hatte auf deine Hilfe gehofft und du hast ihn im Stich gelassen.“
    „Ja, ich hatte andere Pläne. Noch am gleichen Abend bin ich zu deiner Mutter gegangen und habe ihr einen Vorschlag gemacht. Ich sagte ihr, wenn sie mich heirate, würde ich dafür sorgen, dass sie die Farm behalten könne.“
    „Was hat sie gesagt?“, fragte Patrick, obwohl er die Antwort ahnte.
    „Sie ohrfeigte mich und warf mich aus dem Haus. Am nächsten Abend ging ich wieder hin. Sie schlug mich wieder und sagte, ich solle verschwinden. So ging es eine Woche lang. Als ich am achten Tag auftauchte, hielt sie einen Brief von der Bank in der Hand, in dem ihr alle laufenden Kredite gekündigt wurden. An diesem Abend hat sie mich hereingebeten.“
    Abby sah, dass Patrick unkontrolliert zu zittern begann. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, der Mund war nur noch ein harter Strich. Dann entspannte er sich wieder.
    „Das alles wusste ich nicht“, sagte er mit einer ruhigen Stimme, die Abby verblüffte. „Aber es spielt auch keine Rolle, ich habe dich immer gehasst.“
    Noch nie hatte Abby jemanden gesehen, der sich so schnell bewegte. In einer einzigen fließenden Bewegung zog Patrick Ferre seinen Revolver aus dem Hosenbund und feuerte. Die Kugel traf Castor in die linke Schulter. Die Wucht des Einschusses warf ihn gegen den Wächter, aber es gelang ihm noch, den Abzugshahn der Schrotflinte nach hinten zu reißen. Mit ohrenbetäubendem Knall entluden sich beide Läufe. Ferre wurde regelrecht in die Luft gehoben und gegen die Wand geschleudert. Einen Moment lang stand er noch aufrecht. Sein Kopf senkte sich und er betrachtete erstaunt seinen aufgerissenen Leib, dann sackte er langsam zusammen. Sein Blut an der Wand war wie ein tanzender Schatten, der ihm folgte.
    Abby spürte einen stechenden Schmerz in ihrem Gesicht. Als sie mit der Hand danach tastete, stellte sie fest, dass sie ebenfalls blutete. Eine der von der Wand abprallenden Schrottkugeln musste sie getroffen haben. Sie wirbelte zu Linda herum, die mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen, aber scheinbar unverletzt, auf ihrem Stuhl saß. Jean Mitchard zuckte am Boden, als habe er Krämpfe.
    Ein Geräusch ließ Abby wieder herumfahren. Der Wächter hatte Castor gepackt und aus dem Kellerraum herausgezogen. Nun schlug er die Tür zu und schob den Riegel vor.
    Abby stand unfähig sich zu rühren mitten im Raum und starrte die geschlossene Tür an. Die Ereignisse der letzten Minuten verwirrten sie und sie war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Patricks Stöhnen riss sie in die Wirklichkeit zurück. Sie ging zu ihm hinüber.
    Es war ein Wunder, dass er noch am Leben war. Sein gesamter Unterleib war zerfetzt. Es war ein schrecklicher Anblick, wie er da auf dem Boden lag, die Hände auf den Bauch gepresst, als versuche er seine
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