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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
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knirschte unter ihren Füßen. Es war das einzige Geräusch, außer dem Zirpen der Insekten, die zum nächtlichen Liebesspiel riefen.
    Hier oben war vom Lärm der Stadt nichts mehr zu hören. Selbst die allgegenwärtige Musik drang nur noch gedämpft herauf. Abby und Patrick schwiegen. Abby genoss die Stille nach der Hektik der letzten Tage. Ihr Fuß schmerzte durch die ungewohnte Belastung, aber sie zwang sich, nicht zu hinken.
    Patrick ging stumm neben ihr. Abby nutzte die Gelegenheit ihn zu beobachten. Er sah unglaublich gut aus.
    Im schwachen Schein der Lampen, die den Pfad beleuchteten, wirkte er wie ein Wesen von einem anderen Stern. Die eine Hälfte seines Gesichts lag im Schatten, was ihm ein mysteriöses Aussehen gab.
    Abby roch das schwache Aroma seines Aftershaves, aber auch den männlichen Geruch von Schweiß. Erregung durchströmte sie.
    Wie mag es wohl sein, in seinem Armen zu liegen?
    Sie schalt sich selbst für diesen dummen Gedanken und doch war da die Sehnsucht nach einer Berührung, nach zärtlichen Fingerspitzen auf ihrer bloßen Haut.
    Patrick Ferre hatte das Abendessen bezahlt und für einen Moment hatte Abby befürchtet, er erwarte dafür eine Gegenleistung, aber er war der perfekte, charmante und höfliche Gastgeber geblieben und hatte sich lediglich angeboten, sie zum Hotel zu begleiten.
    „Geben Sie mir Ihre Hand“, sagte Patrick nun leise. „Der Weg wird ein wenig schlüpfrig und das Licht der Laternen reicht nicht bis hierher.“
    Abby griff nach seiner Hand, die kühl und trocken die ihre umfasste. Es war ein angenehmes, ein sinnliches Gefühl, aber gleichzeitig versteifte sich Abby innerlich.
    „Haben Sie etwas?“, wollte Patrick wissen.
    „Nein, ich versuche nur, nicht zu stolpern.“
    Der Weg war kaum noch erkennbar und schlängelte sich zwischen den duftenden Büschen dahin.
    Was tue ich, wenn er versucht mich zu küssen?
    Aber Patrick Ferre schritt ohne Zögern aus. Schließlich verließen sie den Park und vor ihnen ragte die Fassade des Hotels auf.
    „Wir sind da“, stellte Patrick fest.
    Abby wusste nicht so recht, was sie jetzt tun sollte. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen.
    Ferre nahm ihr die Entscheidung ab. Er beugte sich zu Abby hinab, hauchte einen Kuss auf ihre Wange und flüsterte ein leises ‘Adieu’.
    Dann verschwand er in den Schatten der Nacht. Abby stand noch eine Weile verblüfft vor dem Hotel, lauschte seinen Schritten auf dem Kiesweg, bis sie nicht mehr zu hören waren. Dann wandte sie sich um.
    Sie betrat die Lobby, ging zum Empfangstresen und ließ sich ihren Zimmerschlüssel geben. Der Junge, der bei ihrer Ankunft das Gepäck ausgeladen hatte, saß auf einem wackligen Stuhl und starrte gebannt auf einen kleinen Schwarzweiß-Fernseher. Er sah nicht einmal auf, als er ihr den Schlüssel reichte.
    Abby ging hinüber zu der breiten Treppe, die in den ersten Stock hinaufführte. Die Stufen waren mit einem verblichenen Teppich belegt, der an vielen Stellen Löcher aufwies. Im gedämpften Licht der Deckenbeleuchtung wirkte er schäbig.
    Warum hat er mich nicht geküsst?, grübelte Abby. Sie wusste nicht, wie sie auf einen Annäherungsversuch reagiert hätte, aber dass er nicht einmal versucht hatte, ihr nahe zu kommen, irritierte sie.
    Ich habe ihn nicht nach seiner Telefonnummer gefragt, fluchte sie innerlich. Der aufregendste Mann, dem ich je begegnet bin und ich lasse ihn gehen, ohne ihn nach seiner Nummer zu fragen.
    Inzwischen stand sie vor ihrem Zimmer. Als sie die Tür hinter sich schloss, wurde aus der Enttäuschung eine alles umfassende Müdigkeit. Sie schlüpfte aus ihrem Rock, warf die Bluse über eine Stuhllehne und ging ins Badezimmer. Sie ließ kaltes Wasser über ihren angeschwollenen Fuß laufen und hatte die Vorahnung, dass sie Patrick Ferre vielleicht doch wiedersehen würde.
     
     
    Ein Lächeln glitt über Ferres Gesicht, als Abby das Hotel betrat. Er stand von einem Busch verdeckt, abseits der Laternen, keine zwanzig Meter von der Stelle entfernt, an der er sich von Abby verabschiedet hatte. Der aufgehende Mond ließ seinen Umriss mit der Umgebung verschmelzen, während er ihr nachblickte und beobachtete, wie sie zur Rezeption schritt, um ihren Zimmerschlüssel abzuholen.
    Seine Hand fasste in die Seitentasche seines Jacketts und zog ein silbernes Zigarettenetui und ein silbernes Feuerzeug heraus. Er klappte das Etui auf und schob sich ein Stäbchen zwischen die Lippen. Als er die Zigarette anzündete, fiel der Schein des
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