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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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„da sehen Sie mal, wie viel Geld man bei uns verdienen kann. Mit den Zusatzprovisionen und Reisen sind das im Fall Landshut gut fünfzigtausend Mark.”
    Ich setzte mich wieder.
    „Fünfzigtausend Mark”, lachte er, „so viel braucht man nicht mal, um einen Bundestagsabgeordneten zu bestechen. Wahrscheinlich kann man zwei dafür kaufen!”
    Ich merkte, dass mein Mund austrocknete und wollte Kaffee nachgießen, es war aber keiner mehr da. Der Typ bot mir gleich einen seiner diversen Schnäpse an, ich lehnte aber ab, weil ich Angst hatte, jetzt unter dem Einfluss von Alkohol aggressiv zu werden. Ich wollte nicht aus seinem Büro Kleinholz machen, ich wollte Informationen für meinen Roman.
    Ich zierte mich, den Vertrag zu unterschreiben.
    Natürlich kam er gar nicht darauf, dass ich moralische Skrupel haben könnte. Er dachte, dass ich nicht an meinen Erfolg glaubte. Und das Glück noch gar nicht fassen konnte.
    „Ja”, versicherte er, „Sie werden mir bald schon dankbar sein. Ich verspreche Ihnen nicht, dass Sie bei mir rasch zum Millionär werden. Aber wenn Sie gut sind ...”
    „Wenn ich so eine Ehe vermittle”, fragte ich, „dann kann doch viel schiefgehen.”
    Ungläubig sah er mich an. „Was denn?”
    „Nun, zum Beispiel kommt die Frau, die beiden begegnen sich auf dem Flughafen zum ersten Mal und verstehen sich überhaupt nicht. Was dann?”
    „So etwas gibt es nicht. Das ist Theorie. In der Praxis ist das alles ganz anders.”
    „Warum denn?”
    „Wir übersetzen die Briefe. Vorher schreiben sich die beiden natürlich und klären alles ab. Es kommt immer zu einem intensiven Briefwechsel. Manchmal schreiben sie sich zwei- oder gar dreimal. Es geht nie Hals über Kopf. Sechs, sieben Wochen dauert es vom ersten Kontakt bis zur Ehe immer. Denken Sie alleine daran, dass das Aufgebot bestellt werden muss. Meistens dauert es sogar fast drei Monate. Es handelt sich um erwachsene Menschen. Sie werden sich doch in der Zwischenzeit klar darüber, ob sie sich mögen oder nicht.”
    Hielt der mich für so blöd oder glaubte der wirklich, was er erzählte? Ich fragte nach, was denn geschehe, wenn sich die beiden nicht verstehen, wenn es gleich wieder zur Scheidung käme, zu Eheproblemen.
    Lächelnd erklärte er mir, dass man Glück nicht kaufen könne, auch nicht bei ihm. „Sobald die beiden sich haben, ist meine Arbeit erledigt. Jede weitere Verantwortung lehne ich ab.”
    Ich fragte, ob es eine Nachbetreuung gäbe. Er lächelte mich an.
    Natürlich gab es so etwas nicht. Jetzt verspannte sich mein Rücken. Ich merkte, dass ich allein mit dem Wort Nachbetreuung nahe am Rand war, mich zu verraten. Das war Sozialarbeitervokabular. Das gehörte hier nicht hin. Ich musste mich bemühen, zwischen ihm und mir wieder eine unverkrampfte Atmosphäre zu schaffen, musste ihm zeigen, wie richtig ich seine Ansichten fand, denn ich wollte noch viel mehr von ihm wissen. Was er überhaupt über Menschen dachte. Über Frauen. Über seine Kunden speziell ...
    Er wurde hinausgebeten. Während er draußen telefonierte, brachte mir eine asiatische Frau lächelnd neuen Kaffee.
    Die meisten Menschen glauben, „Menschenhandel” sei in der Bundesrepublik verboten. Und in der Tat findet sich im Strafgesetzbuch unter dem Stichwort „Menschenhandel” der Paragraf 181.
    Wer einen anderen
1.  mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List dazu bringt, dass er der Prostitution nachgeht oder
2.  anwirbt oder wider seinen Willen durch List, Drohung oder Gewalt entführt, um ihn unter Ausnutzung der Hilflosigkeit, die mit seinem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, zu sexuellen Handlungen zu bringen, die er an oder vor einem Dritten vornehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen lassen soll, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
    Dieser Gesetzestext steckt den Rahmen ab, in dem der legale Menschenhandel stattfinden kann. Alle von mir befragten Mädchenhändler zuckten bei der Bezeichnung „Mädchenhändler” zusammen, wollten ganz und gar nicht so genannt werden, sondern bestanden darauf, Ehevermittlungsinstitute zu leiten oder zumindest eine Partnervermittlung zu betreiben. Denn Menschenhandel, so erklärte mir gleich jeder bereitwillig, sei in der Bundesrepublik verboten. Auch unter Mädchenhändlern hat sich diese Meinung breit gemacht. Nur: Ich behauptete, es ist legal.
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