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Träum ich?: Roman (German Edition)

Träum ich?: Roman (German Edition)

Titel: Träum ich?: Roman (German Edition)
Autoren: Adena Halpern
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Stimme war mir vertraut. So vertraut und tröstlich, dass ich Angst bekam. Wer warst du? Wieso hast du behauptet, wir wären verheiratet? Danach konnte ich nicht mehr schlafen. Die ganze Nacht versuchte ich, mich zu erinnern, woher ich diese Stimme kannte. Als ich dich dann das erste Mal in meinem Büro sah, kamst du mir auch vertraut vor, aber wieder konnte ich nicht sagen, warum. Es war, als wären wir gemeinsam zur Schule gegangen oder hätten irgendwo gearbeitet, wo wir uns täglich gesehen hätten. Ich hab meine Jahrbücher durchforstet«, gesteht er lachend. »Ich wollte herausfinden, woher ich dich kannte, warum mir deine Stimme und dein Gesicht so vertraut waren. Weißt du, warum ich deinen Auftrag angenommen habe? Ich war mir nicht sicher, ob dein Gerede von dem Fluch nicht doch wahr war. Ich musste den Auftrag annehmen, und zwar nicht nur, weil ich die Beförderung brauchte. Die war mir eigentlich egal. Ich hab den Auftrag angenommen, weil ich in deiner Gegenwart mehr ich selbst war als seit langer, langer Zeit. Aber welche Wahl habe ich jetzt? Wenn ich meine Frau verlasse, um mit dir zusammen zu sein, bin ich immer noch verflucht. Denn wie ich Rhonda kenne, werde ich mein Kind dann niemals zu sehen bekommen. Ich werde nicht miterleben, wie es heranwächst. Deshalb weiß ich einfach nicht, was ich tun soll.«
    Er sieht mich tieftraurig an. Im Gegensatz zu ihm weiß ich, was ich tun muss. Ich weiß, dass ich Gogo nicht länger wehtun darf.
    »Es tut mir alles so leid. Verzeih mir, dass ich dir all das angetan habe. Es war meine Schuld. Der Fluch meiner Familie hat vor allem auch dich getroffen, und damit muss ich leben. Die ganze Sache begann damit, dass meine Ururgroßmutter meiner Ururgroßtante den Mann ausgespannt hat. Ich liebe dich sehr, Gogo, aber irgendjemand in unserer Familie muss den Teufelskreis durchbrechen. Lieber bleibe ich mein ganzes Leben allein, als einer anderen Frau einen solchen Schmerz zuzufügen. Eines habe ich aus meinem und Emmalinas Unglück gelernt: Nichts ist schlimmer, als einen geliebten Menschen zu verlieren. Emmalinas Schmerz war so groß, dass sie die Macht bekam, Astrid und ihre gesamte Nachkommenschaft zu verfluchen. Ich könnte das niemandem antun. Rhonda ist deine Frau, und ganz gleich, was ich über sie denke oder ob sie real ist oder nicht: Ich kann ihr das nicht antun. Daher bleibt mir nichts anderes übrig, als dich gehen zu lassen. Ich bin stark. Ich kann mein Leben auch ohne dich weiterleben. Es wird nicht leicht sein, aber zumindest weiß ich, dass es jemanden gibt, der mich liebt.«
    Gogo nimmt meine Hand. Wir blicken uns an und wissen, dass wir uns jetzt zum letzten Mal sehen.
    »Was wirst du tun?«, fragt er mich.
    »Weiterleben«, sage ich, weil mir sonst nichts einfällt. »Ich werde mein Leben leben und genau wie Selma und Dolly versuchen, das Beste draus zu machen.«
    »Selma und Dolly«, seufzt er. »Die beiden werde ich echt vermissen.«
    »Sie werden dich auch vermissen«, erwidere ich und streichle seine Hand. »Sie verstehen, warum ich all das getan habe. Dies ist das einzig Positive an der ganzen Sache: Sie haben dich kennengelernt und Zeit mit dir verbracht. Und sie lieben dich, so wie ich dich liebe.«
    Noch einmal sehen wir uns tief in die Augen. Mein Blick wandert hinunter zu Gogos Mund. Ich wünschte, ich könnte ihn ein letztes Mal küssen, aber das geht nicht. Es hat keinen Sinn, das Ende hinauszuzögern.
    »Das war’s also«, sage ich zu ihm.
    »Ich möchte nicht, dass du gehst«, entgegnet er.
    »Ich möchte auch nicht gehen«, sage ich.
    Doch dann senke ich den Blick und sehe zu, wie ich meine Hand aus seiner löse.
    »Ich wünsche dir alles Glück dieser Erde«, sagt er zu mir.
    »Das wünsche ich dir auch«, erwidere ich. »Das ist mein einziger Wunsch. Aber bevor wir uns trennen, sag mir noch eines.«
    »Natürlich.«
    »Sag mir, dass es dir gut gehen wird. Sag mir, dass du dein Leben leben und glücklich sein wirst. Sag mir, dass ich mir niemals Sorgen um dich machen muss.«
    »Versprochen«, sagt er. »Ich verspreche dir, es wird mir gut gehen. Du hast mich zum Positiven verändert. Du denkst, du hättest den Fluch auf mich gelenkt, aber die Begegnung mit dir war ein Segen für mich. Ich werde klarkommen. Du musst dir niemals Sorgen um mich machen.«
    Er lächelt mich an.
    Ich lächle ihn an.
    Ich berühre ein letztes Mal seine Hand.
    Dann stehe ich auf.
    Ich werde klarkommen. Das weiß ich. Ich weiß, dass ich’s überleben werde,
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