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Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)

Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)

Titel: Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Autoren: Bianca Balcaen
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und sahen ihm nach, wie er seinen
     langen Mantel um sich schlang und in der Dunkelheit der Nacht
     verschwand.
     
    Als Loraine wieder
     zu sich kam, war sie nicht mehr die, die sie einmal war…

 
    Heimlicher Besuch
     
    J etzt

     oder nie, dachte Amy.
    Sie rutschte auf
     die vorderste Bettkante vor und probierte vorsichtig
     aufzustehen. Leicht wackelig ging sie danach zum
     gegenüberliegenden Wandschrank und zog ihren meergrünen
     Morgenmantel vom Bügel. Die dünne Seide raschelte, als sie
     reinschlüpfte.
    Schon diese kleine
     Anstrengung löste ein Schwindelgefühl aus und schnell stützte
     sie sich an der Wand ab. Trotzdem biss sie die Zähne zusammen
     und fixierte die gegenüberliegende Tür in zwei Metern
     Entfernung. In ihrem Zustand eine fast unüberwindbare Distanz.
     Zögernd setzte sie einen Schritt vor den anderen, ohne die Hand
     von der stützenden Mauer zu nehmen. Wenn ich das ganz alleine
     schaffe, dann sehe ich endlich einen Fortschritt, dachte sie und
     schluckte schwer. Es war seit drei Wochen das erste Mal, dass
     sie für einen Augenblick alleine war.
    Ohne dass
     andauernd irgendjemand um sie rumwuselte und dabei immer alle
     ihre Bewegungen oder Zuckungen an ihrem Körper mit Argusaugen
     beobachtete. Angespannt blickte Amy auf ihre Armbanduhr.
     Vierzehn Uhr.
    Jetzt waren alle
     Ärzte und Schwestern im Stationszimmer versammelt, um die
     morgendliche Visite auszuwerten. Das Mittagessen war abgeräumt
     und die Besuchszeit begann erst um drei Uhr. Unternehmungslustig
     sprach sie sich selber Mut zu.
    Eine Stunde sollte
     reichen, um von der ersten Etage in die dritte zu gelangen.
    Leise öffnete sie
     die Tür.
    Niemand war weit
     und breit auf dem langen Flur zu sehen. Mit beiden Händen an der
     Wand schlich sie haltesuchend den fünf Meter langen Korridors
     entlang, bis sie die Glastür zum Treppenhaus erreicht hatte.
    Schon seit zwei
     Tagen hatte sie sich ihre Strategie ausgearbeitet. Darum nahm
     sie auch absichtlich nicht den Aufzug, denn die Gefahr dort
     entdeckt zu werden, war viel zu groß. Die Tür knackte ins
     Schloss und Amy starrte entgeistert auf die unzähligen
     Treppenstufen.
    Doch schließlich
     siegte ihre Abenteuerlust. Fest umklammerte sie das Geländer,
     bis ihre Handknöchel weiß hervortraten, setzte dabei zaghaft den
     linken Fuß auf den ersten Absatz und zog dann bedächtig das
     zweite Bein nach. Stufe für Stufe kämpfte sie sich vor. Als sie
     endlich das zweite Stockwerk erreicht hatte, blieb sie stöhnend
     stehen und ihr Atem ging  stoßweise. Sie spürte wie ihr der
     Schweiß aus allen Poren ausbrach und im Rücken in einem dünnen
     Rinnsal wieder hinunterlief.
    Oh nein, so kurz
     vor dem Ziel nicht schlappmachen, flüsterte sie sich selber Mut
     zu. Es war ihr von Anfang an klargewesen, dass ihr Kreislauf
     nach so langem Liegen  rebellieren würde. Wie durch eine
     Nebelwand sah sie die Stufen vor sich verschwimmen und schwarze
     Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen. Das Zeichen einer
     drohenden Ohnmacht.
    Verzweifelt
     schloss sie die Augen und konzentrierte sich darauf, tief ein
     und aus zu atmen.
    Langsam griff sie
     in die Tasche ihres Morgenmantels, zog ein Stück Traubenzucker
     heraus und schob es in den Mund.
    Nach einigen
     Minuten flaute die die Übelkeit ein wenig ab. Neuen Mutes
     blickte sie auf die restlichen fünfzig Stufen und holte noch
     einmal tief Luft.
    Achtundvierzig…
     neunundvierzig… fünfzig….
    Mein Gott, ich
     habe es tatsächlich geschafft, flüsterte sie andächtig.
     Halleluja. Genauso musste sich Edmund Hillary bei seinem
     Aufstieg zum Mount Everest gefühlt haben, davon war sie fest
     überzeugt.
    Ihr Schnaufen
     ähnelte jetzt stark dem eines Arbeitspferdes beim Pflügen eines
     trockenen Ackerlandes. Aber sie strahlte mit neugewonnenen
     Selbstvertrauen über das ganze Gesicht. Schleppend schlurfte sie
     die letzten Meter weiter und blieb vor der Tür Nr.34 stehen.
     
    ****
     
    Nachdem sie auf
     ihr zaghaftes Anklopfen keine Antwort bekam, drückte sie leise
     die Klinke runter. Ihr Blick glitt zu dem einzigen Bett in dem
     Krankenzimmer. Darin lag eine kleine und zierliche Person mit
     einem unendlich traurigen Gesichtsausdruck, die sich jetzt
     ruckartig aus den Kissen erhob und erschrocken auf die geöffnete
     Tür starrte. Als sie Amy erkannte, begann sie zu strahlen und
     winkte sie ins Krankenzimmer. Amy kicherte verschwörerisch,
     betrat das Zimmer und setzte sich stöhnend auf
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