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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt
Autoren: Sam E. Maas
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Antwort hatte sie nicht parat. Der Alte hatte sie kalt erwischt.
    „War auch mal dort.“
    „Army?“
    „Air Force.“
    „Wie hat es dir gefallen?“
    „Oh, prima. Alles schön sauber und ordentlich. Gute Autos, das Bier ist auch OK“, sagte Al.
    „Stimmt.“
    „Keine Anpassungsschwierigkeiten?“
    „Nein, ging schon irgendwie.“
    „Du kannst Deutsch reden?“, fragte er.
    „Ja, klar.“
    „Sag was, is' schon lange her.“
    „OK. Ich bin ein Berliner.“
    „Gefällt mir. Guter alter JFK. Mann mit Potential. Ich mochte den, war aber leider nicht mein Mann.“
    „Huh? Republikaner?“
    „Nein, keine Partei. Hat nur eben Dinge gesagt und gemacht, die er hätte sein lassen sollen. Ansonsten war er natürlich überaus charismatisch.“
    „Und wer hat ihn getötet … deiner Meinung nach?“, fragte Marie mit einem Lächeln auf den Lippen.
    „Ein Familienbetrieb“, sagte er lachend. „Der Mob, die CIA.“
    „Ein Inside-Job, glaubst du?“
    „Ja, klar. Die meisten Morde passieren innerhalb des Bekanntenkreises, der Familie eben.“
    „Kennedys Vater war kein Bootlegger, falls du das meinst“, sagte sie.
    „Nein, sein Geld kam von der Wallstreet.“
    „Klar, JFK's Wahlstimmen“, erinnerte sie sich.
    „Man beißt nicht die Hand, die einen füttert.“
    „Das hatte Sinatra auch lernen müssen.“
    „Ohhh, Sinatra! Ich liebe den Kerl. Weißt du, ich hatte seine Hand geschüttelt.“
    „Nie und nimmer! Du Arsch!“, rief sie glücklich aus.
    „Oh ja.“
    „Ich würde dafür töten“, sagte Marie kalt.
    Er lächelte sie an.
    „Lederhose und Sauerkraut“, sagte er auf einmal.
    „Haha, Lederhose!“
    „Ein unreligiöses Volk sind die Deutschen“, sagte er.
    „Mehr und mehr. Bist du religiös?“
    „Oh ja, sehr sogar. Gott ist mein Hirte.“
    „Katholik?“, fragte sie.
    „Nein! Ich gehöre einer kleinen, sehr kleinen Kirche an.“
    „Oh, ich auch. Noch eine Gemeinsamkeit. Ich liebe Vater — Ich meine Gott.“
    „Zurück zum Business.“
    „OK?“
    „Wie geht's weiter?“, fragte er.
    „Häh?“ Marie wusste nicht, worauf er hinaus wollte. „Keine Ahnung, wie es weitergeht. Heute war ein Meeting.“
    „Wie war's?“
    „Keine Ahnung.“
    „Du warst nicht da?“, fragte er.
    „Nein, nur mein Onkel und der engste Kreis.“
    „Dein Onkel wollte dich nicht dabei haben?“
    „Nein.“
    „Autoritärer Führungsstil, schätze ich.“
    „Oh ja, das kann man wohl sagen“, stimmte sie ihm zu.
    „Keine Angst, bist noch jung, deine Zeit wird kommen“, munterte er sie auf.
    „Ha, hoffen wir mal.“
    „Bei meinem Unternehmen ist es folgendermaßen. Wenn ich gehe, dann rücken meine Kinder nach. Meine ältesten Kinder denken natürlich, sie hätten das Recht auf ihrer Seite, aber die Jüngeren würden auch gerne ran.“
    „Große Familie?“
    „Ja.“
    „Hast du nicht das letzte Wort? Dein Unternehmen, dein Wille.“
    „Naja, irgendwie schon. Aber ich denke, sie sollten das ruhig untereinander ausmachen.“
    „Wieso?“, fragte sie.
    „Ich stecke in einem Dilemma. Tradition, Geburtsrecht und Kontinuität sind wichtig, aber es geht darum, was das Beste für das Unternehmen ist. Es soll ja wachsen und gedeihen.“
    „Keine Entscheidung von oben und es wird Krieg geben. Sie werden vor Gericht ziehen, meine ich … und Anwälte, Richter und Notare werden für sie entscheiden. Das Unternehmen wird darunter leiden.“
    „Wir werden sehen. Ich glaube, die Fähigsten werden sich durchsetzten.“
    „Darwinismus? Ich dachte, du glaubst an Gott.“
    „Hehe, jaja. Ich sehe, wieso dein Onkel Schwierigkeiten mit dir hat“, sagte er.
    „Ich auch. Aber das ändert nichts an der Situation.“
    „Weißt du, meine Kinder, sie sind wie Wölfe. Sie lieben einander von ganzen Herzen und trotzdem, sobald es ums Geschäft geht, schnappen sie nach einander. Wenn ich gehe, da hast du recht, dann gibt es Krieg. Ein und derselbe Vater und dennoch sind sie so verschieden. Traditionell und konservativ sind die einen, rebellisch, störrisch und wild … die anderen.“
    Wer war dieser Mann? Seine Augen verrieten es nicht.
    „Heute Glück gehabt?“
    „Beim Spielen?“, erkundigte er sich.
    „Ja.“
    „Viel?“
    „Oh ja.“
    „Na dann, Glückwunsch.“
    „Danke. Aber am Ende ist es egal, wie viel man gewinnt. Beim Spielen geht es ums Spiel. Wenn dir das Spiel keinen Spaß mehr macht, dann solltest du damit aufhören.“
    Er lud sie auf einen weiteren Cocktail ein, trank selber einen Whisky on the
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