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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache
Autoren: Anna Jansson
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geschnitten oder flambiert sein können, fand Maria und legte sich die Leinenserviette auf die Knie.

    Auf der Kühlschranktür im Aufenthaltsraum, dem offiziellen schwarzen Brett, hing eine Einladung zur Feier des vierzigsten Geburtstages von Kriminalinspektor Jesper Ek. Grillfest im Grünen, stand da. Sie hatte Ek einen Monat lang nicht gesehen. Beim letzten Mal, als sie ihn in seiner Zweizimmerwohnung in der Grönsångargatan besuchten, hatte er im Vertrauen gesagt, dass er daran dächte, seine Kündigung einzureichen. Er hätte sich noch nicht endgültig entschlossen, aber er tendiere dazu. »Als Zwanzigjähriger ist man unverletzlich. Später holt einen der Ernst des Lebens ein. Ich will ein normales Leben führen, nicht vorzeitig sterben oder wie ein Paket in der Rehaklinik liegen, nur weil es jemandem eingefallen ist, mir ein Messer in den Bauch zu stechen. Nicht für 18000 im Monat.«
    »Du bist wohl kaum der Bezahlung wegen Polizist geworden«, hatte Hartman entgegnet. »Irgendwann musst du doch der Meinung gewesen sein, dass es eine vernünftige Lebensaufgabe, ein sinnvoller Beruf ist.« Da hatte Ek gelacht, wie es nur Jesper Ek konnte, mit dem ganzen Körper, ohne schützendes Netz. »Ich will die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Ich bin Polizist geworden, weil ich hinter einer Frau her war, die gerade ihren Aufnahmeantrag für die Polizeischule eingeschickt hatte. Was für eine Frau! Sie war zwar verlobt, aber das habe ich nicht als besonders großes Hindernis betrachtet. Das Problem war, dass ich angenommen wurde, sie aber nicht. So sah das aus. Erst im Laufe der Jahre hat mir die Arbeit dann etwas bedeutet. Aber jetzt bin ich eben ein ängstlicher Polizist, und ein ängstlicher Polizist ist kein guter Polizist und auch kein guter Mensch, mit dem man gern zusammenleben will.«
    »Ich habe auch manchmal Angst gehabt. Das haben alle. Wie du schon sagst, das kommt mit den Jahren, wenn die Unverletzlichkeit dich im Stich lässt und die Wirklichkeit sich meldet. Ich möchte, dass du weißt, dass du ein guter Polizist bist, Ek.« So hatte er das gesagt, der gute alte Hartman, und Ek hatte sich entschlossen, noch einmal gründlich zu überlegen, ehe er irgendein Papier einreichte. Maria drückte die Daumen. Möge Ek wieder zum Dienst kommen und Örjan Himberg zur Schutzpolizei zurückversetztwerden.

    Die Sonne brannte durch das Fenster in Marias Büro, das daher schon um zehn Uhr kochend heiß war. Es war ein Raum, der sich wegen ungenügender Isolierung dem Wechsel der Jahreszeiten anpasste. Im Winter war er eiskalt und zugig, im Herbst konnte man nicht hinaussehen, weil die weinroten Blätter des Blutahorns gegen die Scheiben geklatscht wurden, und im Sommer kam man sich wie in einem Treibhaus vor. Maria schaltete den Computer ein und zog die Vorhänge zu, um auf dem Bildschirm überhaupt etwas sehen zu können. Clarence Haag war im Laufe der Jahre an einer Reihe von Zivilprozessen beteiligt gewesen, aber nie wegen eines Verbrechens verurteilt worden. Im Verkehrsregister war nichts zu holen. Ihm gehörte ein BMW , und alles hatte seine Ordnung. Rosmarie Haag war desto häufiger im Verkehr aufgefallen, darüber hinaus fand sich aber nichts. Maria stand auf und öffnete das Fenster. Die Luft stand still. Nachdem sie noch eine Weile gesucht hatte, fand sie eine Anzeige, die Rosmarie Haag vor etwas mehr als zwei Monaten erstattet hatte. Es ging um Diebstahl und Beschädigung. Jemand hatte im Kräutergarten Pflanzen ausgegraben. Täter unbekannt, stand in Örjan Himbergs knappem Bericht.

    Maria rief den Kindergarten an und ließ ausrichten, dass sie spät kommen würde. Eigentlich hatte sie vorgehabt, Überstunden abzubummeln, um drei Uhr Schluss zu machen und den Nachmittag mit den Kindern am Strand zu verbringen. Aber jetzt war sie mit dem Papierkram im Verzug und außerdem hatte Krister angerufen und sie gebeten, Dichtungen für die Wasserhähne zu kaufen, er selbst würde es unmöglich schaffen, vor Ladenschluss in ein Sanitärgeschäft zu kommen. Außerdem waren die Milch und der Käse alle, vom Toilettenpapier war nur noch eine angebrochene Rolle da und der Schadenexperte der Versicherungsgesellschaft wollte baldmöglichst angerufen werden. Und Emil mussten die Haare geschnitten werden, denn morgen sollte der Fotograf in den Kindergarten kommen. Zwei Mitglieder der Familie Wern würden deswegen ziemlich ungnädig werden. Hoffentlich ließen sie sich mit einem Eis
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