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Totenwache - Thriller

Totenwache - Thriller

Titel: Totenwache - Thriller
Autoren: PeP eBooks
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Nick wiederum verkörperte Sherman Pettigrew alles, was er am akademischen Betrieb, an der traditionellen Entomologie und an den Südstaaten nicht leiden konnte. Sherman Pettigrew war ein stattlicher Mann von Mitte fünfzig, aber mit dem Gesicht eines Kindes: rund, weich und auch an solchen Stellen noch gut gepolstert, wo andere Männer Muskeln und Sehnen hatten. Dies alles ergab ein Gesicht, das Nick einfach nicht ernst nehmen konnte, nicht einmal wenn die beiden erbittert stritten. Pettigrew ging - wie es in den alten Südstaaten üblich war - stets weiß gekleidet. Er trug gestärkte weiße Hemden, die unten an den Manschetten zugeknöpft waren, dazu weiße Bügelfaltenhosen mit Aufschlag, weiße Socken und weiße Schuhe, die Nick besonders grässlich fand. Dazu kam noch das unvermeidliche blütenweiße Taschentuch, mit dem sich der Mann unentwegt die Schweißperlen von der fleischigen Stirn tupfte. So gelang es ihm, seine ohnehin unangenehme körperliche Erscheinung durch seine Garderobe vollends zu ruinieren. »Helle Farben lassen einen Raum größer erscheinen«, hatte Nick einmal zu ihm gesagt. »Gibt es denn hier im Süden eigentlich keine Innenarchitekten?« Nick hatte für Dr. Pettigrew eine ganze Sammlung von Spitznamen parat: etwa Große Weißhaut oder Pummelbär. Trotzdem redete er ihn seit der ersten Sitzung des Fakultätsrats, an der die beiden gemeinsam teilgenommen hatten, konstant mit »Sherm« an, nicht etwa mit »Sherman« oder »Pettigrew« - und erst recht nicht mit »Dr. Pettigrew«.
    »Mag sein, dass Sie dieses Verhalten witzig finden«, sagte Dr. Pettigrew. »Ich dagegen finde Ihre dreisten Eskapaden schlicht geschmacklos. Während wir hier sitzen,
beschäftigt sich die Universitätsleitung gerade mit den Beschwerden der Eltern, die ernstlich erwägen, Sie wegen Ihres unverschämten Verhaltens juristisch zu belangen, Dr. Polchak. Während Ihre Kollegen fleißig arbeiten und ihre Forschungsergebnisse in bedeutenden Fachorganen publizieren, setzen Sie sich über sämtliche akademischen Gepflogenheiten hinweg und spielen hier den Anarchisten.«
    » Ihre letzte Publikation habe ich gelesen«, sagte Nick. » Der Maiszünsler - larvaler Parasitenbefall und die Folgen für ausgewählte Wirtspflanzen in North Carolina . Eine echte Schlaftablette.«
    »Dr. Ellison, ich werde diese Unverschämtheiten nicht länger dulden …«
    Der betagte Leiter des Instituts für Entomologie wusste, dass es höchste Zeit war zu intervenieren, obwohl er dem Schlagabtausch zwischen den beiden nur zu gerne noch ein wenig zugehört hätte. Die Auseinandersetzungen zwischen Dr. Polchak und Dr. Pettigrew waren nämlich für ihn jedes Mal der Höhepunkt der endlosen Ausschusssitzungen. Außerdem behagte es ihm nicht recht, dass ihm bei diesen Gelegenheiten stets die Rolle des Friedensstifters und Oberlehrers zufiel.
    »Nicholas, Dr. Pettigrews Vorwurf ist natürlich mehr als berechtigt. Wo kämen wir denn hin, wenn wir jetzt auch noch unsere Studenten mit chirurgischen Instrumenten traktieren?«
    »Aber wieso muss dieser Student auch mitten in meiner Vorlesung einschlafen?«, sagte Nick verdrießlich.
    »Vielleicht hat er dafür seine Gründe gehabt«, gab Dr. Pettigrew zu bedenken.
    Nick sah ihn finster an. »Sie können den jungen Leuten ja mal was von Ihrem Maiszünsler erzählen. Ich bin sicher, die werden Sie mit stehenden Ovationen feiern, Sherm.«

    »Mein Herren«, sagte Ellison. »Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass Dr. Polchak mit der - zugegeben denkwürdigen - Disziplinarmaßnahme, zu der er sich heute Morgen hat hinreißen lassen, weit übers Ziel hinausgeschossen ist. Deshalb liegt es jetzt an uns, darüber zu befinden, wie wir in dieser Angelegenheit am besten weiter vorgehen.«
    »Für diesen skandalösen Auftritt gibt es nur eine angemessene Reaktion«, sagte Dr. Pettigrew. »Ich plädiere dafür, Dr. Polchak fristlos zu entlassen.«
    Der gesamte Fakultätsbeirat stöhnte gequält auf.
    »Das war nun allerdings mal wieder ein echter Rohrkrepierer, Sherm«, flötete Nick. »Wie peinlich .«
    »So weit möchte ich trotz allem nicht gehen.« Dr. Ellison sah Dr. Pettigrew skeptisch an. »Allerdings bleibt uns gar keine andere Wahl, als gegen Dr. Polchak eine empfindliche Strafe auszusprechen. Nicholas, Sie verstehen hoffentlich, dass die Universität gar nicht umhinkann, angemessene Sanktionen gegen Sie zu verhängen. Andernfalls wäre eine juristische Auseinandersetzung fast unvermeidlich.«
    »Sie
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