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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung
Autoren: Arnold Kuesters
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Theissen nicht nur mit Raupen überschüttet, sondern ihr vorher auch noch Natronlauge zwischen die Schenkel gekippt.«
    »Um seine Spuren zu verwischen?«
    Mad Doc Leenders sah nachdenklich auf das Päckchen Tabak, das vor ihm lag. »Oder weil er ihr zusätzliche Schmerzen zufügen wollte.«
    »Kannst du das nicht genauer analysieren?«
    »Vielleicht. Mal sehen.«
    Frank hatte genug. Er wollte so schnell wie möglich an die frische Luft.
    »Ist dir nicht gut, Borsch?« Leenders lachte meckernd und begann, Tabak aus dem Päckchen zu zupfen.
    »Danke jedenfalls für deine Arbeit.« Ecki wollte neutral bleiben, obwohl auch er seine Meinung zu Leenders hatte.
    Der Gerichtsmediziner nickte gönnerhaft. »Immer wieder gerne. Ihr seid mir die Liebsten.«
    Frank stieg aus und verschloss den Dienstwagen. Nachdenklich lehnte er sich an die Karosserie. Die Fahrt von der Pathologie bis zum Präsidium war über weite Strecken schweigend verlaufen. Sie hatten sich noch nicht einmal über die Auswahl der Musik gestritten. Dafür hatte Ecki fast eine halbe Tüte Lakritzschnecken verdrückt.
    Jetzt stand er neben seinem Kollegen und sah zum frühlingsblauen Himmel hinauf. Genießerisch sog er die frische Luft ein. Wurde Zeit, dass er wieder mit dem Rad zum Dienst fuhr. »Was ist, willst du nicht ins Büro?«
    »Wer schießt Elvira Theissen an und schleppt sie dann in den Dohrer Busch?«
    »Und wer überschüttet sie eimerweise mit Raupen?«
    »Wann und wo ist sie ihrem Mörder begegnet?«
    »Im Bus.«
    »Wir können doch nicht Tausende Fahrgäste überprüfen.«
    »Warum nicht? Das werden wir mit den Verkehrsbetrieben klären. Die NVV haben mittlerweile diverse Überwachungskameras im Einsatz. Und ich will wissen, zu wem Elvira Theissen sonst noch Kontakt hatte. Wir müssen die Behindertenwerkstatt überprüfen. Ich telefoniere nachher mal mit den Neusser Kollegen. Damit die Bescheid wissen.« Ecki sah hinüber zum Eingang F , der zur K -Wache und zur Leitstelle führte, deren Fenster weit offen standen.
    »Die Behindertenwerkstatt übernehme ich. Was hat wohl die Bluesharp zu bedeuten?«
    »Vielleicht ist sie damit gelockt worden.«
    »Die Harp glitzert in der Sonne wie Silber und macht Musik.« Frank nickte nachdenklich.
    »Ein schönes Spielzeug.«
    »Und toller Schatz.«
    »Das musst du als Harpspieler ja wissen.«
    »Deine Witze kannste dir sparen. Ich meine das ernst. Wir haben jedenfalls genug Fragen und Arbeit für die MK ›Elvira‹.«
    »Habt ihr nix zu tun?«
    Frank und Ecki drehten sich um und erstarrten. Was sie sahen, war mindestens so spektakulär wie das Wunder von Bern. Die Fragen um den mysteriösen Tod von Elvira Theissen waren für einen Augenblick vergessen.
    »Was glotzt ihr so?«
    »Wie siehst du denn aus? Willst du zum Skilaufen? Mitten im Frühjahr?« Ecki musste sich zwingen, nicht laut loszuprusten. Wenn der Archivar der Mönchengladbacher Polizei eines nicht ausstehen konnte, waren das Bemerkungen über seine Figur. Heinz-Jürgen Schrievers brachte stattliche hundertzwanzig Kilogramm auf die Waage. Seinen Bauch schob er unter einer hellen Strickjacke mit Zopfmuster mit der gleichen unerschütterlichen Selbstverständlichkeit vor sich her, mit der er tagaus, tagein braun karierte Filzpantoffeln trug. Im Dienst, wohlgemerkt.
    »Eckers, du hast ja keine Ahnung. Geh du ruhig Gewichte stemmen. Ich gehe Walken.« Heinz-Jürgen Schrievers nahm die beiden Aluminiumstöcke hoch und schlug die Enden hörbar gegeneinander. »Dienstsport. Neigungsgruppe Walken.«
    Auch Frank konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Brav, Heini, äh, Heinz-Jürgen.«
    »Ein bisschen Sport könnte dir auch nicht schaden, Borsch.« Schrievers stützte sich auf die Walkingstöcke.
    Gleich brechen die Dinger durch, dachte Ecki.
    »Dein Bauch, ein Risikofaktor für Herzinfarkt. Hättest du ›ottokar intern‹ gelesen, wüsstest du Bescheid.«
    »Walken in der Strickjacke?« Ecki deutete auf das wollene Ungetüm.
    »Ich will meinen Oberkörper warm halten, bevor ich auf die Piste gehe. Reine Vorsichtsmaßnahme.«
    Unter der Strickjacke lugte ein giftgrünes T - S hirt hervor, auf dem Frank den Schriftzug Brasil erkennen konnte. Schrievers’ nackte Beine steckten in einer altertümlichen hellen Turnhose. Die viel zu weiten Hosenbeine ließen seine ohnehin schon käsigen Beine noch blasser und knubbeliger erscheinen. Der Höhepunkt waren aber die dunkelblauen Socken, die halb über die stattlichen Waden reichten.
    »Is was, Borsch?«,
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