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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
Autoren: Mark Billingham
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Laura. »Das sind keine Haustiere.«
    »Allerdings wird niemand die Biester so gut füttern wie ich. Da draußen liegt eine halbe Lammhaxe.«
    »Und wenn sie Vegetarier sind?«
    Sie schauten eine weitere Viertelstunde hinaus, bis Frank meinte, das würde wohl nichts mehr werden und er wolle ins Bett gehen. Sie kam herüber und setzte sich neben ihn, blätterte durch das Magazin und deutete auf Immobilien, die ihr gefielen.
    »Hast du das Gefühl, ich hab dich im Stich gelassen?«, fragte Frank.
    »Wie viele Gläser Wein hast du getrunken?«
    »Sag schon?«
    Sie griff nach seiner Hand. »Sei nicht albern.«
    »Und danach? Nach der Sache in Wandsworth?«
    »Na ja, du kannst nicht von mir erwarten, dass ich das toll finde. Aber du hast es nur getan, weil es dir wichtig ist.« Sie senkte die Stimme. »Mir ist klar, du hast deine eigenen Methoden.«
    »Damit muss ich mich wohl zufriedengeben.«
    Nach einer längeren langsamen Passage baute sich in der Musik wieder Spannung auf. Die Solovioline zog bis in höchste Höhen.

    »Du hast auch Paul nicht hängenlassen.«
    Frank entging nicht, dass Laura dieses Thema unangenehm war, aber ihm war klar, letztlich würde sie ihm alles verzeihen. Sie war die Einzige, die ihm verzeihen würde. Er sah es in ihren Augen, spürte es in ihrer Umarmung, als sie sich zu ihm beugte und den Kopf an seine Schulter legte, ihn freisprach.
    Frank war allein, er schlief in seinem Sessel, als eine Stunde später die Lichter angingen und ein gut genährter rotbrauner Kater aus den Sträuchern kroch, sich an den Boden schmiegte und eine Minute abwartend die Lage überprüfte, bevor er über den Rasen zu seinem Futter lief.

42
    Nach knapp neun Stunden sagten sie, es sei beinahe geschafft.
    »Los, Herzchen, fast haben wir’s …«
    Aber das sagten sie schon eine ganze Weile.
    Jenny gab sich größte Mühe, ihr eine Stütze zu sein, ermahnte Helen, zu atmen und locker zu bleiben, wenn’s schlimm wurde. Dabei verzog sich ihr Gesicht, als spürte sie selbst jede Wehe. Jede einzelne packte Helen wie eine Welle, kam von der Seite an und schnitt durch sie hindurch. Wenn sie ihre Mitte erreichte, war Helen gelähmt, und sie fühlte sich eine Minute, als würde sie ausgequetscht wie eine Zitrone. Der Hals tat ihr beinahe so weh wie der Rest ihres Körpers, wenn der Schmerz nachließ.
    Sie nahm Lachgas, seit die Wehen regelmäßig kamen, und eine Weile war sie weggetreten, aber nach vier Stunden, als der Muttermund drei Zentimeter groß war, wollte sie nur noch eine Epiduralanästhesie. Sie brüllte die Hebammen an und die Wände und ihren beknackten Gebärmutterhals.
Nach einer weiteren Stunde – zumindest kam es ihr wie eine Stunde vor – ließ sich ein eingeschüchterter junger Anästhesist blicken und ratterte die Risiken herunter: Bei einem von zwanzig Fällen fiel der Blutdruck ab; bei einem von tausend Fällen riss die Rückenmarksmembran, und das äußerst geringe Risiko einer …
    Sie gab ihm deutlich zu verstehen, dass ihr das egal sei.
    Nach fünf Minuten schmerzhaften Herumstechens schüttelte er den Kopf. »Ich krieg das verdammte Ding nicht rein.«
    Jenny grinste ihn über das Bett hinweg an. »Das hat der Vater wohl auch gesagt.«
    Der Vater …
    Nur ein dummer Witz, das war Helen klar, und es war schrecklich, das Gesicht ihrer Schwester sehen zu müssen, als sie merkte, was sie gesagt hatte.
    »Ich hab nur gemeint …«
    Helen wollte sie beruhigen, es sei schon in Ordnung, aber die nächste Wehe raubte ihr bereits den Atem. Und weiter ging’s.
    »Ist eh zu spät«, meinte eine Hebamme. »Der Muttermund ist schon ziemlich weit offen, Schätzchen.«
    Es waren zwei Hebammen, ein eingespieltes Team mit einer prima funktionierenden Good-Cop/Bad-Cop-Masche. Die eine erklärte Helen, sie solle sich vorstellen, ihr Muttermund öffne sich wie eine Blume, während die andere sie nur dazu anhielt, »sich anzustrengen« und »härter zu arbeiten«. Sie übernahm auch das Kommando, als es ans Eingemachte ging und blutig wurde. »Konzentrieren Sie sich, Helen. Pressen. Jetzt.«
    Sie hasste diesen Schmerz. Nicht eine Sekunde lang glaubte sie diesen ganzheitlichen New-Age-Quatsch. Das war nicht etwas, das sie sich zweiundvierzig Wochen lang »verdient« hatte, und es war auch nicht »Teil der Erfahrung«. Jedes Mal
dachte sie, die nächste Wehe bringe sie um, und trotzdem, wenn sie dann kam, presste sie mit der ganzen Kraft, die sie noch hatte. Dieser Gefühlscocktail reichte zumindest, um den Schmerz
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