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Toete John Bender

Toete John Bender

Titel: Toete John Bender
Autoren: Vincent Voss
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der beließ es bei dieser Begründung. Den Angriff mit dem fehlenden Mut hatte er ignoriert. Tom mutmaßte, dass Frederik schon das ein oder andere Führungs- kräftecoaching hinter sich und wohlüberlegt nicht die Attacke gekontert hatte.
    »Doris, du warst aufgeregt, stimmt´s? Warum?«
    Doris seufzte und überlegte.
    »Ich weiß auch nicht. Vielleicht ist ja das der Grund, weswegen ich hier bin.«
    Tom war überrascht über die Antwort. Wurde sie tatsächlich von ihren Vorgesetzten gezwungen an dieser – in seinen Augen hochwertigen – Maßnahme teilzunehmen oder spielte sie die Naive?
    »Weil du aufgeregt bist? Doris, ich glaube wir alle in diesem Raum können uns Aufgeregtheit in unserem Beruf kaum leisten, oder?«
    »Du hast recht«, antwortete sie schnell. »Ich weiß nicht, warum ich so aufgeregt bin.«
    Aber sie hatte eine Ahnung, ein Gefühl, wie man gelegentlich weiß, dass das Wetter umschlagen wird.
    »Gut«, antwortete Tom, der aus Doris nicht ganz schlau wurde.
    »Und bei dir Wolfgang? Du hoffst, dass das bald vorbei ist? Warum?«
    »Damit ich endlich wieder einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen kann, anstatt meine Zeit mit diesem Firlefanz zu vergeuden. Jede Stunde, die ich hier verbringe, bleiben Sachen unerledigt.«
    »So? Ist das so? Ich dachte in so einem großen Betrieb gäbe es mehrere Angestellte?«
    »Ja, die gibt es. Aber ich bin der Geschäftsführer. Viele Dinge können nur durch mich angestoßen oder beendet werden. So ist das nun mal.«
    »Es gibt niemanden, dem du dein Vertrauen schenken kannst, sodass du beruhigt auch mal fernbleiben könntest?«
    »Nein, so jemanden gibt es nicht«, antworte Wolfgang knurrend und redete sich anschließend in Rage. »Ich war letztes Jahr zwei Wochenenden nicht in meiner … in der Firma. Und nach diesen beiden Wochenenden herrschte Chaos, sodass wir zwei Wochen brauchten, um es zu bereinigen. Und ich weiß, womit … du gleich kommen wirst; nämlich damit, dass ich die Strukturen so geschaffen habe, um unverzichtbar zu sein.«
    Tom lächelte. »Na ja, der Verdacht liegt auf der Hand, oder?«
    Wolfgang wollte wieder das Wort ergreifen, doch Tom schnitt es ihm ab: »Vertrauen ist etwas, das sich tagtäglich zeigen muss, das tagtäglich auf dem Prüfstand steht. Jeden Tag müssen wir Führungskräfte, das uns entgegengebrachte Vertrauen beweisen. Das Vertrauen, welches uns unsere Kunden, unsere Mitarbeiter, unsere Vorgesetzten, der Aufsichtsrat entgegen bringen. Aber auch das Vertrauen in uns selbst. An diesem Wochenende werden wir Strategien kennenlernen, wie wir uns selbst und anderen optimal vertrauen können. Weil wir uns an diesem Wochenende vertrauen müssen.« Tom setzte eine dramaturgische Pause, in der er jeden Einzelnen ansah. Seine Worte hatten die Teilnehmer erreicht. »Auf der wunderschönen und geheimnisvollen Insel Tyreholm werden wir zu Schatzsuchern und Überlebenskämpfern. Wir werden nur das Nötigste mitnehmen, uns unser Trinkwasser suchen müssen; lernen, wie man ein Feuer ohne Feuerzeug entfacht; wie man ein Lager in der Wildnis aufschlägt. Und wir werden uns auf die Suche nach einem Schatz begeben.«
    Tom hatte bewusst reißerische Worte gewählt. Zumindest Doris und Frederik hatte er aus ihrer Komfortzone geholt. Sie sahen ihn überrascht bis entsetzt an. Tom lächelte.
    »Du siehst so ungläubig aus, Doris.«
    Tom hoffte, sie würde einen von ihm erwarteten Kommentar abgeben.
    »Na ja, in der Seminarbeschreibung stand, wir würden in Zelten schlafen und auf offenem Feuer kochen. Aber davon, dass wir nichts zu trinken haben werden, stand dort nichts.«
    Tom nickte. Treffer!
    »Wir alle kennen das. Ein Projekt steht an und schon im Vorfeld wirkt es, als sei es nicht im vorgegebenen Zeitkorridor zu realisieren. Und was passiert dann? Ein verantwortlicher Mitarbeiter fällt aus, Systeme stürzen ab, Liefer- engpässe lassen wichtige Fertigungselemente vermissen. Jeden Tag umschiffen wir gefährliche Klippen, die unser Radar vorher nicht erfasst hatte.«
    »Tsunamis, Vulkanausbrüche«, steuerte Sascha bei und erinnerte sich an die Folgen in seinem Berufsalltag, die beide Katastrophenarten verursacht hatten.
    »Genau!«, pflichtete Tom ihm bei und deutete ermutigend auf Sascha. »Und so ist es auch hier. Ihr haltet euch an die Seminarbeschreibung und unverhofft taucht die erste Klippe auf. Kein Wasser, kein Feuer! Zwei Klippen sogar. Und an dieser Stelle könnt ihr noch entscheiden, ob ihr dabei sein wollt.«
    Tom öffnete ihnen
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