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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
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blieb auf der Straße stehen und sah
es mir an und fragte mich, wie dieser Bau mit der Vorliebe seiner Eigentümerin
für die behäbigen alten Matronen der Stadt — so sah ich die viktorianischen
Häuser — in Einklang zu bringen war. Dahinter wehte vom Golden Gate her feiner,
feuchter Dunst herein, der sich auf Eukalyptusbäume und Fichten legte. Ich
fröstelte, als ich auf die Lichter des Hauses zuging.
    Ein Mädchen im schwarzen Kleid mit
weißer Schürze öffnete mir und teilte mir mit, daß die van Dynes Gäste hatten.
Sie ließ keinen Zweifel daran, daß ich ihrer Meinung nach in dieser
Gesellschaft nicht willkommen war.
    »Ich denke, sie wird mich trotzdem
empfangen.« Ich kramte eine meiner Karten heraus und schrieb Richard Wintringhams
Namen darauf. Ich war überzeugt, daß das wirken würde.
    Minuten später hörte ich Schritte auf
den Schieferplatten des Flurs, und gleich darauf erschien Eleanor van Dyne im
kleinen Schwarzen mit Perlenschnur. Sie hatte eine erstaunliche Ähnlichkeit mit
dem Mädchen, nur das Schürzchen fehlte. Ihr Gesicht war eine glatte Maske, doch
die Hand, die meine Karte hielt, zitterte.
    »Wie kommen Sie dazu, unangemeldet um
diese Zeit hier hereinzuplatzen?« fragte sie scharf. »Sie hätten wenigstens
anrufen können.«
    Ich wußte, was ich von solchen
Anmeldungen zu halten hatte, und vermied sie, wo immer es ging. Wenn man sich
vorher anmeldete, gab man den Leuten nur Gelegenheit, sich eine Geschichte
auszudenken.
    »Larry French wurde heute abend in dem
Stick-Haus in der Steiner Street ermordet.«
    Eleanor van Dyne war einen Moment
sprachlos.
    »Ich fand, Sie müßten das wissen.«
    »In welchem, Haus, sagten Sie?«
    »In dem beigefarbenen Stick. Wo Sie am
Samstag vormittag mit David und Charmaine gesprochen haben.«
    Sie nickte.
    »Die Polizei wird vermutlich Charmaine
verhaften.«
    »Charmaine?« Sie krauste die Stirn.
»Hat sie ihn getötet?«
    »Ich weiß es nicht. Deshalb bin ich
hergekommen. Sie können mir helfen.«
    »Ich soll Charmaine in die Sache
hineinziehen?«
    »Sie sollen mir helfen, die Wahrheit
aufzudecken.«
    Sie lachte bitter. »Ist das alles, was
Sie interessiert? Die Wahrheit?«
    »Im Augenblick, ja.«
    »Und wieso glauben Sie, daß ich Ihnen
helfen kann?«
    »Prinz Albert ist mit dem Auge der
Tigerkatze zu Ihnen gelaufen. Weil er meinte, Sie würden die Lampe am ehesten
erkennen. Er sagte mir außerdem, Sie hätten Ihre eigenen Gründe, sich aus den
Ermittlungen über Richard Wintringhams Ermordung herauszuhalten.«
    Eleanor van Dyne blickte auf die Karte
in ihrer Hand, dann über die Schulter nach rückwärts, wo das Gemurmel
angeregter Stimmen zu hören war. »Ich verstehe. Gut, dann kommen Sie mit.«
    Wir stiegen eine mit flauschigem
Teppich bespannte Treppe hinauf zu einem breiten Flur, an dessen Wänden moderne
Gemälde hingen.
    Sie führte mich in den Salon. Die
Wandleuchten, die den Raum in weiches Licht tauchten, stammten aus einer Zeit,
als man noch Gaslampen hatte. Die schweren dunklen Möbel paßten zu der
burgunderroten Tapete. Auf einem Tisch in einer Ecke stand ein viktorianisches
Puppenhaus.
    Ich trat näher. Der Turm und die Giebel
kamen mir sehr bekannt vor. »Ist das —«
    »Ja, es ist eine Nachbildung von
Richards Villa.« Sie stand ganz ruhig da und betrachtete es. Sobald sie diesen
Raum, offensichtlich ihr ganz persönlicher Bereich, betreten hatte, war ihre
Nervosität nicht mehr wahrzunehmen. »Er hat sie vor langer Zeit für mich
anfertigen lassen.«
    »Dann waren Sie —«
    »Wir hatten über zwanzig Jahre lang
eine sehr innige Beziehung. Bitte setzen Sie sich doch.«
    Ich wählte einen Sessel, von dem aus
ich sie und das Puppenhaus sehen konnte. »Ist das allgemein bekannt?« Sie
lächelte. Im milden Licht der Wandleuchten wirkte sie jung und heiter. »In den
Kreisen, in denen Richard und ich verkehrten, ja. So etwas läßt sich auf die
Dauer nicht verheimlichen.«
    »Aber was ist mit...?« Ich deutete zum
Erdgeschoß hinunter.
    »Tja...« Sie seufzte. »Einige unserer
Freunde wissen Bescheid. Wie ich schon sagte, so etwas läßt sich nicht zwanzig
Jahre lang verheimlichen. Aber mein Mann? Nein, er weiß sicher nichts.«
    »Ist das der Grund, weshalb Sie damals
die Klage gegen Jake Kauffmann zurückzogen? Weil er Sie mit der Drohung
erpreßte, Ihrem Mann reinen Wein einzuschenken?« Eleanor van Dyne war ehrlich
entsetzt. »Aber nein, um Gottes willen. Erpressung würde ich das nun wahrhaftig
nicht nennen. Jake und ich sprachen
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