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Toedliche Saturnalien

Toedliche Saturnalien

Titel: Toedliche Saturnalien
Autoren: John Maddox Roberts
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zwischen Capua und Rom erwies sich die Via Latina als die klügere Wahl. Unterwegs übernachteten wir in Gasthäusern oder Villen von Freunden und Verwandten.
    Nach etlichen Pferdewechseln, wundgeritten und verdreckt, sahen wir am neunten Tag unserer Reise endlich die Stadtmauern Roms vor uns.

2. KAPITEL
    Mein Vater blickte von den Schriftrollen auf dem Tisch vor ihm auf. »Warum hast du so lange gebraucht?« wollte er wissen.
    Es war seine typische Begrüßung.
    »Das Wetter, das Meer, die Jahreszeit, ein paar scheuende Pferde, das Übliche. Es freut mich zu sehen, daß es dir gut geht, Vater.« Für sein Alter hielt er sich tatsächlich prächtig.
    Die Narbe, die seine Nase und sein Gesicht beinahe in zwei Hälften geteilt hätte, wirkte etwas tiefer, und er hatte mehr Falten und weniger Haare, aber ansonsten wirkte er so lebhaft und energiegeladen wie immer. Mit dem Amt des Censors hatte er den Gipfel einer politischen Laufbahn in Rom erreicht, aber noch ruhte er sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Er kümmerte sich mehr denn je um die Karriere anderer Familienmitglieder.
    »Red nicht. Wie alle Söhne hechelst du nur deinem Erbe hinterher. Setz dich.«
    Ich nahm Platz. Wir saßen windgeschützt im Hof von Vaters Stadthaus, so daß es in der spätvormittäglichen Sonne fast warm war. »Warum werde ich hier gebraucht? Für Celers Beerdigung komme ich doch viel zu spät.«
    Er wischte die Frage beiseite. »Creticus hat mir von deinen Torheiten in Alexandria berichtet. Du hättest leicht ums Leben kommen können in Angelegenheiten, die für Rom völlig belanglos waren.«
    »Es hat sich herausgestellt, daß sie von größter Wichtigkeit für Rom waren!« wandte ich ein.
    »Aber das war nicht der Grund für deine Verwicklung!« rief er und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, daß Federn und Tintenfaß tanzten. »Es war deine widerwärtige Vorliebe fürs Herumschnüffeln und zweifelsohne auch deine Schwäche für die Gesellschaft leichter Mädchen.« »Nicht Mädchen«, murmelte ich. »Musen.«
    »Wie? Hör auf zu schwafeln. Hier in Rom ereignen sich wichtige Dinge, und dieses eine Mal kannst du mit dem Segen der Familie nach Herzenslust schnüffeln.«
    Das klang vielversprechend. »Was ist mit Clodius?«
    Er rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her, etwas, was er nur höchst selten tat. »Wir haben die Sache mit Caesars Hilfe ein wenig hingebogen. Solange er sich in der Stadt aufhält, wird dich das kleine Ferkel wahrscheinlich in Ruhe lassen. Aber Ende des Jahres wird Caesar die Stadt verlassen, genau wie du.
    Hast du schon von Caesars prokonsularischem Kommando gehört?«
    »In Ägypten hieß es noch, er und Bibulus würden mit der Instandhaltung der italienischen Trampelpfade und Jauchegruben beauftragt, aber auf Rhodos war zu hören, daß Vatinius dafür gesorgt hätte, daß Caesar Gallien und Illyricum erhält.«
    »Das ist richtig. Jetzt hat ihm der Senat auch noch das transalpinische Gallien dazu gegeben, und sein Prokonsulat läuft fünf Jahre.«
    Mir fiel der Unterkiefer runter. »Niemand hat je zuvor ein so großes Gebiet für eine solch lange Amtszeit bekommen!« sagte ich. »Jeder weiß, daß Gallien in Kürze hoch gehen wird wie ein Vulkan. Und man hat alles Caesar zugesprochen?«
    »So ist es. Die überwiegende Mehrheit des Senats hofft, daß er sich lächerlich macht oder umkommt. Jedenfalls wird er für fünf Jahre aus Rom weg sein.«
    »Das ist albern«, sagte ich. »Caesar hat mehr Verstand als der gesamte restliche Senat zusammen. In fünf Jahren wird er sich eine größere Klientel aufbauen als Marius und mächtig genug sein, gegen Rom zu marschieren.«
    »Meinst du, du wärst der einzige, der so denkt?« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das soll nicht deine Sorge sein. Jetzt, wo du zurück bist, werde ich eine Versammlung der Familienältesten einberufen. Sei heute abend kurz vor Sonnenuntergang wieder hier.« Mit diesen Worten wandte er sich wieder seinen Schriftrollen zu. Das war alles. Ich war entlassen.
    Das Ganze klang reichlich rätselhaft, aber ich empfand eine tiefe Erleichterung. Mit dem Besuch bei meinem Vater hatte ich meine oberste Pflicht erfüllt. Jetzt konnte ich tun, was ich wollte. Natürlich ging ich zum Forum. Ein Römer, der so lange wie ich vom Forum getrennt lebte, leidet an der Seele. Er welkt dahin. Egal, wie wichtig seine Arbeit ist, egal, wie reizvoll die Angebote seines Aufenthaltsortes sind, er weiß, daß er weit entfernt ist vom Mittelpunkt der
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