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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen
Autoren: Léo Malet
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wichtig? Sie haben uns ja dem Korsen zum Fraß
vorgeworfen. Und mit dem ist nicht zu spaßen! Ich befürchte, unseren Geist
können wir nur noch hier in diesem stinkenden Zimmer versprühen, bevor wir ihn
aufgeben. Weder Sie noch ich werden irgend jemand oder irgend etwas k.o.
schlagen! Dafür müßten wir erst mal hier rauskommen... Lassen Sie mich
nachdenken, vielleicht kann ich Paoli doch noch umstimmen...“
    Ich warf meinen Hut auf den Tisch, zündete mir
eine Pfeife an, lehnte mich zurück, faltete die Hände im Nacken und tat so, als
stünde die Lösung unseres Problems an der Decke geschrieben. Oder als würde sie
uns das Lösungswort zuflüstern. Von manchen Wänden wird behauptet, sie hätten
Ohren. Aber von schreibenden oder sprechenden Decken hab ich noch nie was
gehört!
    Galzat beendete die Schweigeminute.
    „Sie halten sich wohl für ganz besonders schlau,
was?“ giftete er.
    Seine Stimme zitterte ein wenig. Hörte sich an
wie bei einem Kind, das die anderen nicht mitspielen lassen. Ich vertiefte mich
ganz in meine Deckenbetrachtung. An einigen Stellen kam der Putz runter.
    „Besonders pfiffig!“ Die Stimme wurde lauter. „So
scharfsinnig wie Sie bin ich schon lange! Soll ich’s Ihnen beweisen?“
    „Sparen Sie sich die Mühe“, knurrte ich, den
Blick nach oben gerichtet. „Ihren Scharfsinn kenne ich! Und Ihr Geschick! Und
Ihre Fairneß! Genau diese Eigenschaften haben uns hierhergebracht. Seien Sie
still!“
    „Nein! Ich bin nicht still!“ kreischte Galzat,
außer sich. „Gefällt Ihnen wohl nicht, daß ich dieselben Schlüsse gezogen habe
wie Sie, hm? Ob’s Ihnen gefällt oder nicht, Sie werden mir jetzt zuhören! Dr.
Blouvette-Targuy ist der Giftmörder!“
    „Natürlich! Bin ganz Ihrer Meinung. Und jetzt
lassen Sie mich nachdenken.“
    Er ließ mich nicht.
    „Sie verdächtigen ihn auch, stimmt’s?“
    „Nein, aber das ist egal. Mir ist meine Pfeife
oder eine Minute Ruhe wichtiger als eine eigene Meinung. Wenn Sie sagen, daß er’s
war, dann war er’s eben.“
    „Verdächtigen Sie ihn wirklich nicht?“ Der
scharfsinnige Journalist lachte listig. „Dann sagen Sie mir doch, warum Sie
geglaubt haben, er hätte mich umgebracht?“
    „Sieh an, der Monsieur Galzat!“ rief ich
überrascht. „Macht einen Punkt nach dem anderen. Man muß ihn nur besser
kennenlernen, um ihn zu schätzen. Wie alle Journalisten! Sie könnten durchaus
einen passablen Mitarbeiter abgeben... vorausgesetzt, Sie wollten nicht gleich
das Geheimnis k.o. schlagen!“
    „Erstens will ich nicht für Ihre Agentur
arbeiten“, erwiderte Galzat, „und zweitens werde ich sehr wohl das Geheimnis
k.o. schlagen. Und Sie gleich dazu!“
    „Das möchte ich sehen.“
    „Sie werden sehen! Sobald ich hier raus bin,
liefere ich Blouvette-Targuy ans Messer!“
    Ich richtete mich schwungvoll auf.
    „Schluß mit dem Quatsch!“ sagte ich. „Reden wir
ernsthaft miteinander. Ich weiß gar nicht, warum wir solche Probleme wälzen...
in unserer Situation! Aber wenn wir schon mal diskutieren, dann bitte
vernünftig! Sie verdächtigen also Blouvette-Targuy, Jean Tanneur, Irma Denoyel
und vielleicht noch einige andere, bisher unbekannte Personen umgebracht zu
haben. Haben Sie Beweise?“
    „Subjektive, ja“, erwiderte Galzat lebhaft. „Der
Mann haßt alle Menschen. Er hat mal ‘ne Streitschrift verfaßt, die daran keinen
Zweifel läßt. Er terrorisiert seine Familie. Catherine ist nämlich seine
Schwägerin. Hab es erst erfahren, als ich den Doktor mal zufällig erwähnte. Sie
starrte mich daraufhin aus schreckgeweiteten Augen an. Und das bei bloßer
Nennung seines Namens! Seitdem ist sie wie verwandelt. Bestimmt weiß sie was...“
    Er äußerte dieselben Vermutungen, die ich auch
schon gehabt hatte: Catherines Wagen vor Blouvettes Haustür, ihr Ausruf „Das
ist bestialisch!“ undsoweiter.
    „Alles nur Vermutungen“, bemerkte ich. „Subjektive
Beweise, wie Sie es schon so richtig nannten.“
    „Nur Geduld, andere werden folgen! Zum Beispiel
das Geständnis des Mörders. Werd ihn nämlich dazu zwingen, verlassen Sie sich
drauf! Dazu die Zeugenaussagen seiner Schwägerin. Catherine wird gar nicht
anders können, sonst...“
    Er verstummte.
    „Sonst?“ echote ich.
    „Ach nichts“, sagte er trotzig.
    „Sie lieben sie, nicht wahr?“
    „Geht Sie das was an?“
    „Nein. Aber Sie sind nicht der einzige!
Blouvette liebt sie ebenfalls. Oder hat sie zumindest geliebt. Catherine könnte
aussagen — und das meinten Sie
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