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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: C. S. Forester
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vermeiden, dass er wieder lästig wurde, auch wenn sie es noch nie erlebt hatte, dass er zur Einstimmung darauf vor sich hin gemurmelt hatte. Zufrieden damit, dass sie schlief, zog Ted seine Hand wieder weg. Steif und reglos lag er im Bett – Marjorie hatte den Eindruck, dass er ungewöhnlich angespannt war –, und ein-, zweimal hörte Marjorie ihn erneut murmeln.
    Das alles war sehr seltsam, dieses frühe Erwachen, diese Anspannung, dieses Gemurmel. Einen Augenblick lang wusste Marjorie überhaupt nicht, was sie davon halten sollte, doch dann wurde ihr langsam klar, dass er wohl ernstlich betrübt war über Dots Tod – sehr viel betrübter, als sie vermutet oder erwartet hätte. Und darin lag ein echter Trost für Marjorie; das Wissen, dass sie in diesem Haus nicht allein war in ihrem Kummer, linderte ihr Unglück beträchtlich. Ihr Herz erwärmte sich ein wenig für ihren Ehemann; und sie hätte vielleicht sogar die Hand ausgestreckt und ihn berührt, wenn sie nicht gefürchtet hätte, dass er diese Geste missverstehen könnte. Und so blieb sie einfach nur still liegen, nahm seine Schlaflosigkeit wahr und spürte seine Anspannung.
    Allmählich setzten auch die anderen Geräusche des Morgens ein. Marjorie hörte das Fuhrwerk ihres eigenen Milchmanns die Straße heraufkommen und das harte Klirren, als er die Milchflasche auf die Stufe stellte. Weitere Züge fuhren vorbei, mit ihrem rhythmischen Rattern und begleitet vom leichten Zittern im Gemäuer des Hauses. Der Briefschlitz klapperte, als die Zeitung hindurchgesteckt wurde. Und dann hörte sie, wie Derrick zu singen begann – Derrick trällerte beim Aufwachen stets wie die erwachenden Stare vor sich hin, aber er war ein braver kleiner Junge und blieb in seinemKinderbett, bis man ihm sagte, dass er aufstehen dürfe. Anne schlief länger und viel fester.
    Heute würde sie früh aufstehen müssen, dachte Marjorie, damit sie all den Schwierigkeiten gefasst entgegentreten konnte, die schon bald unweigerlich auf sie zukämen. Der Sergeant hatte etwas von einer gerichtlichen Leichenschau zur Feststellung der Todesursache gesagt. Sie wusste nichts darüber, wie Todesursachen festgestellt wurden, und schon der Gedanke bereitete ihr Sorgen. Auch den Kindern würde sie eine Menge zu erklären haben; und Mutter würde sicher so früh wie möglich kommen, und sie rechnete damit, dass auch alle anderen Leute schnurstracks herbeieilen würden, wenn die Neuigkeit sich erst einmal herumgesprochen hatte. Mrs Posket, zum Beispiel, würde auf jeden Fall kommen, sobald sie davon gehört hatte. Und Mrs Taylor würde natürlich auch noch einmal mit ihr darüber sprechen wollen. Je früher sie aufstand, desto besser.
    Marjorie schlug die Decke zurück und schwang sich aus dem Bett. Erst als sie fest auf beiden Beinen stand, drehte sie sich zu ihrem Ehemann um, der dalag und die Zimmerdecke anstarrte – oder vielmehr durch die Zimmerdecke hindurch, direkt hinaus in den blauen Himmel über dem Haus, wie es Marjorie schien. Der Anblick seines Kummers rührte sie, so sehr, dass sie sich – was sehr selten geschah – zu ihm hinunterbeugte und ihm unaufgefordert einen Kuss gab. Der Kuss wurde nicht erwidert – Ted bemerkte ihre Nähe nicht einmal, bis sie ihn küsste, und sie schien ihn sogar erschreckt zu haben, denn er fuhr bei der Berührung zusammen. Und da dies auch das einzige Anzeichen blieb, mit dem er zu erkennen gab, dass er den Kuss überhaupt bemerkt hatte, wandte Marjorie sich, etwas verletzt, wieder ab und lief, ihre Kleider auflesend, im Nachthemd ins Badezimmer.
    Das Anziehen ging ihr so automatisch von der Hand, dass sie Muße genug hatte, ihr Unglück in all seiner Intensität zu empfinden, wenn auch nicht ganz so intensiv, wie es möglich gewesen wäre, da sie sich auch ein wenig über Teds so unerwarteten Kummer wunderte und darüber ebenfalls nachdachte. Als sie dann angezogen war, ergriffen sogleich die Aufgaben einer Mutter von ihr Besitz, und es blieb ihr nicht einmal mehr zwischendurch Zeit, sich unglücklich zu fühlen. Das Frühstück musste zubereitet werden, und sie musste Derrick beim Anziehen helfen – Derrick bemühte sich zwar redlich, sich selbst anzuziehen, aber er stülpte sich immer wieder die Ferse der Socken über die Zehen, und an diesem Morgen versuchte er höchst erfinderisch, verkehrt herum in seine Hose hineinzusteigen. Marjorie musste Speck braten und den Tisch decken und irgendwelche Antworten auf Derricks unablässiges Geplapper geben und
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