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Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung
Autoren: Cornelia Kuhnert
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weitergeht. Der Trainer ist zuversichtlich. Der Vereinsvorsitzende auch. Was kann da noch schief gehen? Versöhnt mit diesen Gedanken, stützt Streuwald sich mit den Armen auf Borgfelds Tisch ab.
    »Was gibt’s Neues?«
    »Neues?«, brummt Borgfeld und starrt weiter auf sein Notizbuch.
    Streuwald kneift die Augen zusammen und poltert los: »Was ist eigentlich mit dir los? Du muffelst mich hier am frühen Morgen an, als wenn ich dir sonst was getan hätte. Ich hab doch nur gesagt, dass ich heute Nachmittag mal kurz weg muss.«
    Borgfeld schaut auf. »Nichts ist los.«
    Streuwald glaubt ihm kein Wort. Er schaut auf die Uhr. Kurz vor halb neun. Der ganze Tag liegt noch vor ihnen – und dann diese miese Laune.
    »Haben sie dir das Knäckebrot etwa auch noch gestrichen?«, stichelt er in einem Tonfall, von dem er genau weiß, dass Borgfeld ihn nicht ausstehen kann.
    »Wieso?«, blafft dieser auch sofort zurück.
    »Weil du die Mohrrübe so böse anstarrst. Die hat dir doch nichts getan.«
    Kommissar Dieter Borgfeld blinzelt seinem Kollegen missmutig zu. »Ist ja schon gut, Walter. Du hast gewonnen. Ich muss heute sechs Punkte einsparen, noch besser acht oder zehn.« Er seufzt laut. »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte. Aber Maria meint, dass ich jetzt nicht aufgeben darf. Der Anfang ist immer …«
    Nicht schon wieder, stöhnt Streuwald auf. Seit Wochen geht das nun schon so. Er kann dieses Diätgequatsche über Punkte nicht mehr hören. Natürlich hat Borgfeld einen Bauch, aber so dick ist er nun auch wieder nicht, dass seine Frau ihn jede Woche zu den Weight Watchers auf die Waage schleppen muss.
    »Maria meint, dass ich …«
    »Und sonst?«, unterbricht Streuwald ihn.
    »Wie sonst?«, muffelt Borgfeld ihn an. »Ich habe dir doch gerade erklärt, dass Maria …«
    »Ich meine, was ist sonst so? Wie läuft’s zum Beispiel mit deinen Kindern?«
    »Wie soll’s schon laufen? Zuhause ist Nahkampf angesagt. Alexander ist mitten in der Pubertät. Seit der sechzehn ist, ist der überhaupt nicht mehr ansprechbar. Furchtbar ist das mit dem. Sonja ist zwar mittlerweile achtzehn und man sollte glauben, die sei damit durch, aber von wegen. Die ist nach wie vor unberechenbar. Wegen jeder Kleinigkeit zickt sie rum. Maria und sie streiten ständig. Über alles.« Borgfeld knabbert mit langen Zähnen an der Spitze seiner Möhre und wirft Streuwald einen nach Mitleid heischenden Blick zu. »Erst gestern Morgen gab es wieder Streit am Frühstückstisch. Das musst du dir mal vorstellen: Alexander sitzt schon vor dem Frühstück am Computer. Hat nicht mal Zeit, in Ruhe seinen Kakao zu trinken. Angeblich muss er was ernten.« Borgfeld tippt sich mit dem Finger an die Stirn. »Ernten am Computer? Und so einen Schwachsinn muss ich mir vorm Dienst anhören! Wo soll das noch hinführen? Überhaupt hängt der Bengel nur noch am Computer und …«
    Es folgt eine lange Tirade von Borgfeld über die Probleme mit seinen heranwachsenden Kindern. Streuwald verflucht sich, dass er seinen Kollegen danach gefragt hat. Wie blöd ist er heute Morgen eigentlich? Pubertät ist das zweite Lieblingsjammerthema von Borgfeld – und ein weiteres Problem, für das Streuwald kein Verständnis hat. Für ihn ist die Sache ganz einfach. In dem Alter wissen die Burschen einfach nicht wohin mit ihrer Kraft. Das sieht er doch ständig auf dem Fußballplatz.
    Streuwald verschränkt die Arme vor seinem Bauch.
    »Jetzt hör mir mal zu, Dieter. Die Sache ist doch ganz einfach: Deine beiden müssen mehr Sport treiben. Bewegung bringt die Hormone ins Gleichgewicht – und schon ist alles im Lot.« Streuwald geht zu seinem Schreibtisch, öffnet die oberste Schublade und holt einen Block heraus. »Ali war ewig nicht beim Fußballtraining. Darüber solltest du dir Gedanken machen.« Der Vorwurf in seiner Stimme ist nicht zu überhören.
    »Keine Zeit. Q 1«, nuschelt Borgfeld, der sich den Rest der Möhre in den Mund geschoben hat. Er kaut zu Ende und schluckt dann alles auf einmal herunter.
    »Erster Jahrgang in der Qualifikationsphase. Abitur nach acht Jahren«, erklärt er, als er Streuwalds fragenden Blick auffängt. »Er hat an drei Tagen bis Viertel vor vier Schule, und an den anderen bis halb drei. Danach noch Hausaufgaben. Da bleibt keine Zeit für andere Sachen. So sieht das aus.«
    »Überall das Gleiche«, stöhnt Streuwald. »Wenn das so weiter geht, kriege ich meine Mannschaft nicht mehr voll. Letzte Woche waren bloß acht Jungs beim Training. Wie
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