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Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung
Autoren: Cornelia Kuhnert
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weit geöffneten Mund.
     

3
     
    Die Stille des Großen Moors wird durch einen klagenden Schrei eines Raben durchbrochen. Felix Rinsing zuckt erschrocken zusammen. Sein Herz schlägt vor Angst bis zum Hals. Er hätte nicht allein kommen sollen, das spürt er genau. Was ist, wenn sie ihn entdecken?
    Über ihm raschelt das Laub der Birken, einzelne gelbe Blätter segeln im sanften Luftzug auf ihn herab. Die anhaltende Trockenheit im August setzt den Bäumen zu. Erneutes Kreischen. Er lauscht. Das ist direkt über ihm. Felix hebt langsam den Kopf und entdeckt den Greifvogel, der seine Bahnen oben am Himmel zieht. Erleichtert atmet er auf und starrt wieder an der Seite des Schlehengebüschs vorbei zum Haus. Langsam beruhigt sich sein Herzschlag.
    Das ehemalige Landschulheim der Region Hannover ist ein rechteckiges Fachwerkgebäude mit zwei Etagen. Das Ziegeldach sieht marode aus. Die Wände könnten einen Anstrich vertragen, genau wie die quadratischen Fenster, vor denen vergilbte Gardinen hängen. Die hölzerne Eingangstür wird von zwei beflaggten Masten eingerahmt.
    Rechts neben dem Hauptgebäude steht ein eingeschossiger, lang gezogener Flachbau aus den dreißiger Jahren, erstellt in einfachster Bauweise.
    Ein durchtrainierter junger Mann um die zwanzig mit Springerstiefeln und rasiertem Schädel lehnt sich in seiner wattierten Fliegerjacke an eine der Fahnenstangen und raucht eine Zigarette. Auf dem Rücken seines Blousons prangt ein Totenkopf aus dem grellrotes Blut läuft. Immer wieder wischt sich das Muskelpaket den Schweiß von der Stirn. Kein Wunder, dass er schwitzt, es sind schon jetzt mindestens zwanzig Grad im Schatten.
    Die schwere Holztür quietscht. Zwei Jungen kommen heraus. Beide haben blonde, nicht allzu kurze Haare mit Seitenscheitel. Über schwarzen Jeans tragen sie dunkle T-Shirts. Bei dem einen ist die Zahl 88 groß auf den Rücken gedruckt, bei dem anderen die 18.
    Ein weiterer Druck auf den Auslöser der Digitalkamera und Felix hat alle auf seinem Chip festgehalten.
     

4
     
    Gut gelaunt öffnet Walter Streuwald die Tür seines Dienstzimmers, das er sich seit ewigen Zeiten mit Dieter Borgfeld teilt.
    »Mahlzeit!«
    »Morgen.« Borgfeld hebt kurz den Kopf und blinzelt mürrisch. Mit einem Bleistift zieht er eine gerade Linie in sein Notizbuch. Dann fischt er sich eine Karotte aus der Plastiktüte und legt sie quer über die aufgeschlagene Seite.
    »Das ist jetzt schon eine Hitze draußen. Sollen heute mehr als 30 °C werden.« Streuwald zieht seine blaue Uniformjacke aus und hängt sie an den Haken neben der Tür, ohne einen Blick auf seinen Kollegen zu werfen.
    »Wird bestimmt ein ruhiges Wochenende. Um zwei habe ich Anpfiff, da musst du dann mal auf mich verzichten. Ist zwar nur ein Freundschaftsspiel, aber gegen Heeßel.« Streuwald wirft Borgfeld einen viel sagenden Blick zu. »Du weißt ja, wie wichtig das für mich ist. Die Jungs aus Heeßel hätten uns letztes Jahr fast geputzt.«
    »Hmm«, kommt es grummelnd aus der anderen Ecke des Raums. Borgfeld starrt immer noch auf das Notizbuch. Schließlich nimmt er seinen Kugelschreiber und schreibt unter die akkurat gezogene Linie: Frühstück 0 Punkte.
    Streuwald will noch etwas sagen, hält aber den Mund, als er Borgfeld Auge in Auge mit der Mohrrübe sieht. Seit Borgfeld diese Diät macht, hat er zwar fünf Kilo abgenommen – sein sonst unerschütterlicher Humor ist dabei jedoch auf der Strecke geblieben. Selbst für ein Feierabendbier fehlt ihm die Lust. Das könnte Streuwald nie passieren. Ein Bier nach dem Training am Freitagabend ist Pflicht. Zwei sind die Kür. Bei dreien möchte er seine Kollegen von der Verkehrspolizei lieber nicht mehr treffen. Schon gar nicht nach vieren wie gestern Abend, als er an der Theke zum wiederholten Mal alle Höhepunkte des Spiels der ersten Herren gegen Hannover 96 zum Saisonauftakt mit dem Platzwart hat Revue passieren lassen. Zwei Tore von Mike Hanke – das hat man lange nicht gesehen. Dann der Anschlusstreffer von Maxime Menges zum 1: 2. Super Schuss. Gut, danach überrumpelten die Spieler aus Hannover den RSE. Stindl, Haggui, Schlaudraff, Forsell: Alle trafen. Selbst die, die sonst immer daneben schießen. Zum Glück war Alexander Homann zur Stelle. Der Torhüter des RSE parierte den Foulelfmeter von Hanke. Wenn man ehrlich ist, hatte er sich den allerdings selbst eingebrockt. Aber alles in allem war das Spiel gut. Und mit dem Endstand von 1: 6 kann man leben. Mal sehen, wie es in dieser Saison
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