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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende
Autoren: Iny Lorentz
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Notar der Stadtverwaltung verheiratet. Nun war sie bestrebt, Cirios Verlobung mit Francesca zu ihrem eigenen Aufstieg in der Gesellschaft zu nutzen. Sie trat in das Zimmer, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, blieb vor Francesca stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Ihr benehmt Euch schamlos, meine Liebe! Fast könnte man meinen, Euch wäre eine Ehe mit meinem Bruder zuwider. Dabei ist er voller Nachsicht mit Euch. Mein Gemahl Goffredo würde solches Verhalten bei mir nicht dulden.«
    Francesca zog eine Augenbraue hoch. »Ich kann Euch nicht ganz folgen, meine Liebe. Habe ich Eurem Bruder die Wachtel auf sein Gewand fallen lassen oder er mir? Es liegt an ihm, sich bei mir zu entschuldigen.«
    »Ihr habt ihn einen Bauern genannt!«, schäumte Celestina Iracondia auf.
    »Wenn er sich wie einer benimmt, darf er sich nicht beschweren, wenn er so genannt wird«, konterte Francesca scheinbar gelassen. Doch in ihr kochte die Wut nicht weniger hoch als in ihrer Besucherin. Seit ihre Verlobung mit Cirio d’Specchi beschlossene Sache war, versuchten die vier Cs, wie sie seine Schwestern Celestina, Clementina, Concettina und Cristina insgeheim nannte, ihr vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten habe.
    »Mein Bruder benimmt sich nicht wie ein Bauer«, schrie Celestina ihre künftige Schwägerin an. »Ihr hingegen führt Euch auf wie eine Hure!«
    »Ich glaube, der Familienname Eures Mannes färbt auf Euch ab, meine Liebe, denn ich erkenne unzweifelhaft Anzeichen von Jähzorn an Euch«, spottete Francesca.
    »Ihr werdet es noch erleben, wohin Euer Hochmut Euch führt! Doch glaubt nicht, dass ich Mitleid mit Euch haben werde, wenn mein Bruder Euch mit der Rute züchtigt.« Diese Drohung war das Einzige, das Celestina noch einfiel, doch auch damit erreichte sie bei ihrer zukünftigen Schwägerin keinen Sinneswandel.
    »Euer Bruder verkehrt wohl oft im Hause Eures Ehemanns, weil auch er so vom Jähzorn gepackt zu sein scheint«, antwortete Francesca herausfordernd.
    Celestina war kurz davor, ihr ein paar Ohrfeigen zu versetzen. Nur der Gedanke, dass Francescas Vater Gewalt gegen seine Tochter zum Anlass nehmen könnte, die Verlobung aufzukündigen, hielt sie davon ab. »Ich habe Euch gewarnt«, fauchte sie Francesca an und verließ wutschnaubend das Zimmer.
    Diese sah ihr nach und drehte sich dann zu Annunzia um. »Wenn das der gewohnte Umgangston im Hause d’Specchi ist, werde ich wohl darauf bestehen müssen, dass die Schwestern meines Verlobten so selten wie möglich zu Besuch kommen. Bei Gott, in der Zeit, in der Celestina hier herumgebrüllt hat, hätte ich mich dreimal anziehen können.«
    Der letzte Satz war in Annunzias Augen eine Frechheit, denn nichts deutete darauf hin, dass ihre Herrin umgehend in ein anderes Kleid schlüpfen wollte.
    Francesca ließ sich von der Dienerin ein Glas mit dem Fruchtsorbet füllen und trank in kleinen Schlucken.
    »Wisst Ihr, dass Ihr selbst einen Heiligen zum Weinen bringen könnt?«, fragte die Zofe düster.
    »Wirklich? Das muss ich morgen gleich in Sankt Peter ausprobieren. Wenn die Statue des heiligen Apostels in meiner Gegenwart Tränen weint, werde ich vielleicht sogar selbst zur Heiligen ernannt!«
    Während es Annunzia angesichts dieser Blasphemie die Sprache verschlug, wurde die Tür erneut geöffnet, und Francescas Mutter trat ins Zimmer.
    »Du solltest längst wieder unten bei den Gästen sein«, tadelte Contessa Flavia ihre Tochter.
    Auf Francescas Antlitz trat ein schelmisches Lächeln. »Liebste Mama, ich wäre längst wieder unten, wenn nicht diese unsägliche Celestina hier erschienen wäre und mir Vorwürfe gemacht hätte. Dabei habe ich mir die Wachtel gewiss nicht selbst in den Schoß fallen lassen.«
    »Ich gebe zu, es war reichlich ungeschickt von Signore Cirio. Aber deswegen hättest du ihn nicht einen Bauern nennen dürfen.«
    Wie gewöhnlich gelang es Flavia Orsini auch jetzt nicht, sich gegen ihre Tochter durchzusetzen. Sie war schon froh, dass Francesca sich nun dazu bequemte, das Kleid auszusuchen, in dem sie wieder vor die Gäste treten wollte, und sich von Annunzia hineinhelfen ließ. Dabei musterte Flavia ihre Tochter und fand, dass es nur wenige Mädchen in Rom gab, die sich mit ihr messen konnten.
    Francesca war einfach vollkommen. Dem makellosen Gesicht verliehen hochsitzende Wangenknochen einen Hauch von Exotik. Die vollen Lippen waren blass geschminkt, und die großen, graugrünen Augen wirkten wie klare Bergseen, die von den schmalen
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