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Todesstoß / Thriller

Todesstoß / Thriller

Titel: Todesstoß / Thriller
Autoren: Karen Rose
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war auch gar nicht nötig, denn sie kannte dieses Foto in- und auswendig. Dass Callie ihre Reaktion auf Websters Eintreffen gesehen hatte, war schlimm genug. Aber hatte noch jemand etwas mitbekommen? Und bemitleidete sie jetzt womöglich wegen ihrer albernen Schwärmerei für einen Mann, der noch nie mehr als »Bitte« oder »Danke« zu ihr gesagt hatte?
    Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
Nicht das auch noch.
Sie wusste, dass die Narbe, die unter ihrem Make-up kaum zu erkennen war, nun grellweiß in ihrem puterroten Gesicht hervorstach. Sie wandte sich ab und griff aus reiner Gewohnheit nach einer Tonic-Flasche. Dann stellte sie sie wieder zurück. Wie es aussah, war Webster gekommen, um Phelps zu holen. Sie würden nicht bleiben.
    Hastig gab sie Kaffee in zwei Thermobecher und rührte Zucker hinein. »Kannst du die verdammte Zeitung endlich weglegen?«
    »Eve, es ist mir nur aufgefallen, weil ich deine Freundin bin. Niemand sonst hat etwas bemerkt.«
    Eve lachte bitter. »Das sagst du nur, damit ich mich besser fühle.«
    Callie grinste schief. »Und? Hat’s geklappt?«
    »Nein.« Eve sah, wie Jack Phelps seinen Mantel anzog. »Aber sehen wir es positiv: Jack Phelps geht, und ich muss ihn nun doch nicht fragen, ob er das blöde Cover signiert.«
    »Dummerweise wird er wiederkommen.«
    Wie sein Partner.
Aber das nächste Mal bin ich darauf gefasst. Und das nächste Mal schaue ich nicht einmal hin.
Eve drückte die Deckel auf die Becher. »Tu mir einen Gefallen und bring den beiden einen Kaffee. Es ist kalt draußen.«
     
    »Danke.« Noah nahm Sals neuer Wochenendkraft den Becher aus der Hand. Die Stammkunden hatten schon über sie geredet. Sie war blond, kurvig und sehr nett anzusehen.
    Aber sie war nicht der Grund, warum er seit Monaten immer wieder herkam. Sie war nicht diejenige, an die er schon Stunden, bevor er montags im Sal’s eintraf, dachte und die sich auch danach nicht aus seinen Gedanken verbannen ließ. Diese eine war die große, gertenschlanke Dunkelhaarige mit den dunklen Augen, die hinter der Bar stand.
Und mich beobachtet.
    Die alle Gäste beobachtete. Sie erinnerte ihn an ein Reh, das stets wachsam war, stets den Kopf hoch hielt. Er hätte gern gewusst, warum sie so geworden war. Sie hatte etwas Zerbrechliches, Verletzliches an sich, das ihre Augen nicht immer verbergen konnten. Was immer ihr zugestoßen war, es musste grausam gewesen seinj.
    Um das herauszufinden musste man kein Detective sein. Bis vor einem halben Jahr hatte sie das sichtbare Mal dieser Grausamkeit – eine auffällige Narbe – auf der Wange getragen. Gerüchten zufolge war ihr plastischer Chirurg ein Meister seines Fachs, und tatsächlich war die Narbe nun kaum noch zu sehen. Und Gerüchten zufolge verbarg sich unter dem schwarzen Lederband um ihren Hals eine noch schlimmere Narbe.
    Noah hatte es aufgegeben, die Male zu zählen, die er nur einen Mausklick davon entfernt gewesen war, im Internet nachzuforschen, warum hinter Eves äußeren Ruhe eine solche Wachsamkeit steckte. Aber er hatte nicht recherchiert. Am liebsten hätte er behauptet, dass er zu anständig war, um in ihrem Privatleben herumzuschnüffeln, aber in Wirklichkeit wollte er es gar nicht wissen. Denn sobald er es wusste, würde sich … alles ändern. Und diese Erkenntnis erschütterte ihn.
    Eve Wilson dagegen schien praktisch nichts zu erschüttern, nicht einmal die ungeschickten Annäherungsversuch betrunkener Gäste. Mehr als einmal im vergangenen Jahr war Noah versucht gewesen, ihr zur Hilfe zu kommen, aber sie hatte es immer geschafft – entweder allein oder mit Unterstützung eines anderen Cops.
    Die Männer passten auf sie auf. Sie mochten sie. Sie waren scharf auf Callie und mochten Eve, worüber Noah verdammt froh war. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte er an den Montagen, die er sich an sein Tonic klammerte, wohl wenig Freude gehabt, denn er begehrte sie mehr als jede andere Frau, die ihm in den vergangenen Jahren begegnet war. Aber er musste sich nur umsehen und die Bierkrüge und Schnapsgläser wahrnehmen, die auf jedem Tisch und auf der Theke standen, um zu begreifen, dass er nicht alles haben konnte. Manche Dinge – oder Menschen wie Eve – blieben lieber in Ruhe.
    Doch obwohl Eve so schwer zu erschüttern war, hatte er sie heute aus irgendeinem Grund aus der Bahn geworfen. Einen kurzen Moment lang hatte sie ihre dunklen Rehaugen weit aufgerissen und gezeigt, was sie empfand. Und einen kurzen Moment lang hatte sein Herz
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