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Todessaat

Titel: Todessaat
Autoren: Susan Arnout Smith
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all das hier auch ein Teil. Die Wohnung zu kaufen, um für Katie da sein zu können. Ich weiß ja nicht, wie das für uns enden wird.«
    Ein dunkelgrüner Müllwagen fuhr langsam auf den Parkplatz und wurde beim Rückwärtsfahren von einem Mann in Uniform, der aus dem Auto gestiegen war, zwischen die Müllcontainer gewunken.
    Mac sah Grace an, sein Blick war voller Emotionen. Leise redete er weiter. »Ein Leben ist so schnell vorbei. Daran denke ich die ganze Zeit, Grace. Ich erinnere mich an T. S. Eliot, der in einem Gedicht über Zukunft und Vergangenheit sprach und wie sie zu einem einzigen Augenblick zusammenschmelzen. Dem Hier und Jetzt.«
    Sie blickten einander an. »Deshalb frage ich, wäre es denn so schlecht, zusammenzubleiben.«
    Grace spürte einen Stich im Herzen. Ihr war die einzig richtige Antwort klar. »Ja, das wäre es.«
    Wenn er nicht mehr mit Freude auf sie zukommen würde, da war sie sich sicher, wenn seine Würde und sein Selbstwertgefühl als Mann ihn zwangen, bei ihr zu bleiben, dann würde es für immer vorbei sein. Und Katie hätte nur ein Abbild von Eltern, die höflich und zurückhaltend im Umgang miteinander waren. Dann gab es keine Landkarte, keinen Weg in ein Leben, in dem das Glück zwischen Katies Eltern sprudelte, in ein Land - so fürchtete Grace -, das Katie ohne die Hilfe eines Führers niemals finden würde.
    Grace musste ihn gehen lassen. Sie musste ihre Tochter
ziehen lassen an einen Ort, an den sie ihr nicht folgen durfte.
    Wieder sah sie aus dem Fenster. Wenn der Zaun an der Ecke nicht wäre, könnte sie beinahe ihr eigenes Haus sehen. Ein Auto fuhr an ihnen vorbei und bog in den Shelter Island Drive.
    »Ich habe verstanden, Mac, deshalb bin ich hergekommen. Du verdienst die Möglichkeit, sie kennenzulernen.« Eine Träne lief ihr über die Wange. »Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht. Über Vergebung. Was der Preis dafür ist. Was ich nicht dafür opfern möchte. Willst du es hören? Es dauert nicht lange.«
    Sie konnte beinahe fühlen, wie ihr Herz explodierte. Wie sich ihr die Kehle zuschnürte.
    »Grace.«
    Die Strömung war stark und schnell. Ein kräftiger Strom zog sie hinaus ins Meer, weg von allem, was sie liebte, weit weg von zu Hause.
    »Folgendes werde ich nicht opfern: Katies Lachen. Es ist das pure Gold. Die Art, wie sie ihren Kopf in den Nacken wirft und die Schultern dabei beben. Ihre zarten Gefühle. Katies Freude. Ihre Sicherheit. Die Wichtigkeit, ihr moralische Werte zu vermitteln. Ihr Bedürfnis, den eigenen Vater kennenzulernen. Und dein Bedürfnis - dein Recht -, sie kennenzulernen...«
    Sie öffnete den Mund, versuchte, Luft zu bekommen, doch alles, was dabei herauskam, war ein verzweifeltes Schluchzen: »... ohne mich.«
    Sie wehrte seine Berührung mit erhobener Hand ab und wischte sich die Tränen ab.
    »Nein, nein. Warte, hör mir zu. Neulich hat sie mich ins Wohnzimmer gezogen und gesagt: Schau mal, Mommy, ich kann Musik machen. Dann rannte sie barfuß über das Heizgitter, und die Gitterstäbe klangen wie Saiten einer Harfe.
Und sie hatte dieses starke, breite Lächeln auf dem Gesicht. Sie hatte mir etwas Großartiges gezeigt, nur mir . Und du verdienst die gleichen Möglichkeiten, aber wenn ich die ganze Zeit da bin...«
    Er beugte sich zum Beifahrersitz hinüber und zog sie an sich. Sie ließ es zu, schmiegte sich an ihn. Grace hörte sein Herz schlagen. Er streichelte ihr behutsam über den Kopf. Seine Berührung war ganz sacht. Sie spürte, wie er erstickt nach Luft rang. »Danke.«
    Mittlerweile hatte sie sich schon weit vom Ufer entfernt. Die ihr bekannte Welt verblasste immer mehr. Jetzt befand sie sich in einem kleinen Boot, und sie fror.
    Grace erwartete nicht, dass er etwas sagte. Als er es dennoch tat, klang seine Stimme rau. »Wir können noch mal neun lange Runden kämpfen, oder wir können einfach gemeinsam nach vorn blicken.«
    Sie ließ das Gesagte auf sich wirken und spürte eine Wärme in sich aufsteigen, die ihr fast unheimlich war.
    »Könntest du das denn?«, fragte sie ängstlich.
    »Könntest du denn bleiben?« Er zögerte. »Ich möchte, dass du bleibst.«
    Es war, als hätte Grace eine Boje gesehen, einen Leuchtturm, ein Feuer; als würden geliebte Menschen ihren Namen rufen und sie nach Hause bringen.
    Sie stiegen aus dem Wagen und liefen über den Parkplatz. Als sie die Eingangshalle betraten, begann es zu regnen.

Danksagung
    Himmlische Musik erfüllt mein Leben, und vor allem drei Menschen danke ich unendlich
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