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Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Autoren: Birgit Wilhelmy
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Waldes hallte durch das weit geöffnete Fenster.
    Hastig trat die Gestalt einen Schritt zurück und hielt den Atem an.
    Ihre Sorge war unbegründet, der Schlafende rührte sich nicht. Sie wusste, jetzt war der Augenblick gekommen, sie musste handeln. Als sie ihm die Spritze in den Oberschenkel stieß, erwartete sie ein Gefühl der Reue, doch es blieb aus.
    Mit fasziniertem Blick, so als ob sie das Geschehen von außen nach innen betrachten würde, registrierte sie den gequälten Gesichtsausdruck des durch die plötzlich verursachten Schmerzen erwachten Mannes.
    Sie erkannte die Überraschung und das Nichtverstehen in seinen Augen, als er versuchte aufzustehen und mit unkoordinierten Bewegungen auf sie zutorkelte.
    Wieder trat sie einen Schritt zurück und beobachtete mit Genugtuung, wie er sich stöhnend die Spritze aus dem Bein zog.
    Er hob den Kopf und starrte sie aus verzweifelten Augen an, doch sie erkannte auch die aufsteigende Wut, die sich in seinem Ausdruck zeigte, als er ihre Tat zu begreifen versuchte. Sie wartete nicht länger, sie drehte sich um und lief mit eiligen Schritten die Treppe hinunter. Diesmal achtete sie nicht auf die Geräusche, die ihre Schuhe auf den Stufen verursachten.
    Mist, was sollte sie jetzt machen? Was war, wenn er nicht sterben würde? Oh Gott, das durfte nicht geschehen.
    Schnell lief die Gestalt über den mit kleinen Kieselsteinen bedeckten Hof in die gegenüberliegende Garage.
    Hektisch schaute sie sich um und ihr Blick fiel auf die im hinteren Teil der Garage gelagerten unzähligen Werkzeuge. Ohne zu überlegen, schnappte sie sich einen Hammer, und genau in diesem Moment vernahm sie ein schlurfendes Geräusch an der Garagentür.
    Sie drückte sich fest an die Wand, den Hammer in ihrer Hand leicht angehoben, und wartete. 

D as kleine schmucke Fachwerkhäuschen lag etwas abseits von der Straße. Ein breiter Kieselweg, umrahmt von hohen Koniferen, führte zum Haus. Es war schon dunkel und die zwei altmodischen Laternen links und rechts hätten mit ihrem recht spärlichen Licht nicht viel dazu beigetragen, diesen Weg zu beleuchten.
    Doch die vielen blinkenden Lichter der Polizeiautos, des Krankenwagens und die Beleuchtung der Spurensicherung erhellten das gesamte Areal, als Reiser langsam die Auffahrt hinauffuhr. Er hörte die kleinen Kieselsteine unter seinen Rädern knirschen.
    Hoffentlich zerkratzen die Steine mir den Lack nicht , überlegte er ärgerlich, fuhr aber weiter.
    Er bemerkte die wenigen Schaulustigen, die sich hinter der rot-weißen Absperrung versammelt hatten und wie gebannt miteinander tuschelnd auf die dem Haus angrenzende Garage blickten.
    Fraglich, ob einer der Beamten so schlau gewesen war, die Personalien der neugierigen Nachbarschaft zu erfragen , dachte er.
    Müde stieg er aus dem Auto.
    Reiser versuchte sich die Gesichter einzuprägen. Er hatte sich diese außerordentliche Gabe zu Nutze gemacht, denn in vielen Fällen kehrten Verbrecher an den Tatort zurück und mischten sich unter die Schaulustigen.
    Ein Polizeibeamter in Uniform kam auf ihn zu und begrüßte ihn.
    „Toter, Mitte zwanzig, Todesursache bis jetzt unbekannt, keine sichtbar schweren äußeren Verletzungen. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau, ob ein Selbstmord, ein Unfall oder ein Tötungsdelikt vorliegt. Er liegt in der Garage, sein Name ist Christoph Stein.“
    „Wer hat ihn gefunden?“
    „Sein bester Freund. Er sitzt dort drüben am Haus unter dem Vordach und heult sich die Seele aus dem Körper.“
    Reiser blickte kurz in die Richtung des mit Efeu bewachsenen Fachwerkhauses und sah einen jungen Mann auf den Stufen vor der Haustür kauern, den Kopf auf die Knie gelegt und die Arme über den Kopf verschränkt. Seine Schultern zuckten. Er schien tatsächlich zu weinen.
    „Okay, ich werde später mit ihm sprechen. Ist die Rechtsmedizin schon eingetroffen?“
    „Ja, sie sind drinnen.“ Reiser wollte sich gerade umwenden, als der Beamte ihn noch einmal ansprach: „Der Junge“, er machte eine kurze Kopfbewegung, „faselte die ganze Zeit von Mord, und von einem Gedicht. Ich weiß nicht, ob die Spurensicherung schon etwas gefunden hat.“
    „Danke, ich gehe jetzt rein und mache mir mal ein Bild. Ach ja, habt ihr die Personalien von den Personen dort?“
    „Nein, noch nicht, wird sofort erledigt.“ Reiser stöhnte innerlich, sagte aber nichts.
    Durch eine doppelflügelige Tür betrat er die Garage, die eher wie ein kleines Holzhäuschen aussah als eine ihm bekannte
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