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Todesküsse

Todesküsse

Titel: Todesküsse
Autoren: Jason Dark
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mein Blick richtete sich auf Jill.
    Sie stand vor dem Geküßten, hielt den Lippenstift in der Hand und hatte die Masse hochgedreht.
    Gelassen zog sie ihre Lippen mit diesem magischen Teufelszeug nach, um für einen neuen Kuß bereit zu sein.
    Den aber brauchte sie nicht zu geben. Eine Person namens Laureen war ausgesucht worden.
    Sie trat nur unruhig von einem Fuß auf den anderen, weil sie erst auf den Befehl der Sphinx wartete.
    Ich riskierte noch einen Blick auf den Geküßten. Er war tot, und er sah nicht mehr so aus wie sonst. Zur Hälfte bestand er aus einem Skelett, zuletzt würden von ihm nur mehr Knochen zurückbleiben, das war mir klar.
    Auch seine Leidensgenossen hatten von seinem Schicksal erfahren. Sie wußten auch, daß ihnen ein gleiches bevorstand, dennoch zeigten sie keine Angst.
    Der Gefesselte an meiner linken Seite sprach zum erstenmal und wandte sich direkt an die Sphinx. »Auch wenn du zurückgekehrt bist, wirst du es nicht schaffen.«
    Diese Sätze hatte ich nicht verstanden, aber die Sphinx übersetzte sie mir.
    »Ich werde es schaffen!« rief sie und tippte ihre zweite Dienerin, Laureen, an. »Geh hin!«
    »Soll ich es so machen wie Jill?«
    »Ja!«
    Laureen nickte. Sie lächelte bereits in wilder Vorfreude. Dieses Opfer hatte keine Chance, ihr zu entwischen. Ihre Augen glänzten dabei, sie schaute mich noch einmal an.
    Laureen war hübsch. Das rötlichbraune Haar bildete schon eine Flut um ihren Kopf. Auch ihre Figur konnte sich sehen lassen. Sie trug einen engen Rock in der satten grünen Farbe, wie sie in diesem Sommer modern war.
    Laureen brauchte nicht weit zu gehen. Auch sie baute sich zunächst vor ihrem Opfer auf, ohne es anzusprechen.
    Sie fixierte den Mann.
    Der gab den Blick zurück. Ob ängstlich oder nicht, konnte ich nicht erkennen, doch kein Laut der Klage drang über seine Lippen, obwohl er wußte, was ihm bevorstand.
    Laureen aber stieß einen Laut aus. Er hörte sich an wie ein hartes Knurren oder Grunzen, ein Geräusch der wilden Vorfreude. Laureen wollte küssen - und vernichten.
    Rowena de Largo beobachtete die Szene mit wachsendem Vergnügen. Es machte ihr Spaß zuzusehen, wie Laureen ihre Lippen auf den Mund des Gefesselten preßte und sich auch dementsprechend bewegte. Dabei schüttelte die Sphinx noch den Kopf, als gehörte auch er zu einem Raubtier.
    Ich zerrte an den Stricken. Manchmal verrutschten sie etwas an der glatten Säule, nur los bekam ich sie nicht. Ich konnte mich nicht herausschieben, auch wenn es mir gelungen wäre, hätte ich nicht sicher sein können, mit dem Leben davonzukommen. Einen wilden Schrei von sich gebend, sprang Laureen zurück. Arme und Hände hatte sie gespreizt. In ihrem Gesicht leuchtete die Freude über die schreckliche Tat.
    Aber konnte man sie dafür verantwortlich machen? Ich traute mich nicht, über sie zu richten. Jill und auch Laureen würden ganz anders denken, wenn sie die magische Farbe nicht auf ihren Lippen verteilt hätten. Nein, sie standen unter einem dämonischen Bann. Leider schafften es die Anführer meiner Feinde immer wieder, Menschen in ihren grausamen Kreislauf mit hineinzuziehen.
    »Es ist gut«, sagte die Sphinx. »Ihr wart beide wunderbar. Ich kann euch nur gratulieren.«
    »Und wer soll jetzt küssen?« Eine blonde junge Frau hatte die Frage gestellt. Sie selbst war begierig darauf, das las ich aus ihren Augen.
    »Du kannst es machen, Betty.«
    »Danke, ich werde…« Sie sprach nicht weiter, dafür holte sie den Stift hervor, zog die Kappe ab und zeichnete ihre Lippen noch einmal nach. Mir erklärte die Sphinx mit zynischen Worten. »Er ist fast kußecht, Sinclair.«
    »Das glaube ich dir sogar.«
    Die Hälfte der vier Aufrechten hatte bereits mit den Tod bezahlen müssen. In den nächsten Minuten folgten die beiden anderen Männer, danach kam ich an die Reihe.
    So hatte ich es mir vorgestellt, so rechnete wahrscheinlich auch die Sphinx, doch sie, die bisher still auf dem Fleck gesessen hatte, reagierte plötzlich ganz anders.
    Mit einem gezielten Sprung wuchtete sie sich vor und erreichte die drittoberste Stufe des Ranges, wo sie hockenblieb und ein Geräusch hören ließ, das mich wieder an das Fauchen einer Löwin erinnerte. Etwas mußte sie gestört haben…
    Ich wartete ab, auch sie tat nichts mehr. Nur drehte sie sich auf der Stelle, so daß ich auch in ihr Gesicht schauen konnte und den lauernden Ausdruck sah. Er war zudem noch suchend und gleichzeitig warnend. Etwas mußte sie gestört haben.
    Auch
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