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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten
Autoren: Stefan Holtkötter
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zurückholen. Es gab gar kein anderes Thema mehr. Das war für
ihn wichtiger als alles andere.«
    Â»Ist das wahr?«, brachte Michael hervor.
    Â»Ja, das ist wahr. Ich glaube, du warst der einzige
Mensch, den er wirklich zu brauchen glaubte.«

24
    Seit Tagen hielt sich ein stabiles Hochdruckgebiet
über der Stadt. Es waren Schulferien, und wer nicht im Urlaub war, den drängte
es hinaus auf die Straßen und in die Cafés. Die Stadtbäder waren tagsüber
randvoll, und in den Nächten saßen die Leute in den Parks, mit Decken, Fackeln,
Musik und Wein.
    Michael war an diesem Tag früh aufgestanden, um zum
Grab seines Bruders zu fahren. Im blassen Licht der Morgensonne hatte er ein
paar Blumen aussortiert und sie durch frische ersetzt. Bei den sommerlichen
Temperaturen welkten sie innerhalb kürzester Zeit, und so hatte er es sich zur
Gewohnheit gemacht, täglich nach dem Rechten zu sehen.
    Anschließend war er wieder nach Hause gefahren. Seine
Vermieter waren im Urlaub, und er durfte in ihrer Abwesenheit den verwilderten
Garten vor der alten, zusammengeflickten Villa nutzen. So lag er tagsüber
einfach da, genoss den Blick auf die Rosenstöcke und dachte über seinen Bruder
nach. Über ihre verpassten Chancen. Christoph Schütz hatte ihm Daniels Tagebücher
gegeben. Bislang hatte er sich noch nicht überwunden, darin zu lesen. Es würde
noch etwas Zeit brauchen, bis er bereit dazu war.
    Bis zum späten Nachmittag blieb er im Schatten des
Sonnenschirms liegen. Allmählich verschwand die Sonne hinter der hohen Kastanie
am Straßenrand, und aus den Nachbargärten wehte der Geruch von Grillkohle
herüber. Michael stand auf, packte seine Sachen zusammen und ging hinauf in
seine Wohnung. Auf dem Display des Telefons sah er, dass Anke angerufen hatte.
Er rief sie unter ihrer Bürodurchwahl zurück.
    Â»Ich wollte mich einfach mal melden«, sagte sie. »Ich
bin seit heute wieder im Büro. Es sind zwar noch ein paar blaue Flecken zu
sehen, aber sonst ist alles wieder in Ordnung. Du siehst, Unkraut vergeht
nicht.«
    Â»Hört sich gut an.« Er setzte sich mit dem Telefon auf
den Küchenfußboden. »Wie läuft’s sonst so bei euch? Ist viel zu tun?«
    Â»Im Moment ist es ziemlich ruhig. Ein Tötungsdelikt,
bei dem es wohl um häusliche Gewalt geht. Ansonsten machen wir uns an die
Altfälle ran. Seit der Fall Treczok abgeschlossen ist, ist nicht mehr viel
passiert. Ein bisschen Ruhe war aber auch bitter nötig nach dem ganzen Ärger,
wenn du mich fragst.«
    Der Motor seines Kühlschranks sprang an, ein monotones
Surren erfüllte den Raum. »Wie ist es denn gelaufen?«, fragte er betont
beiläufig. »Wird gegen diesen Hendrik Soundso Anklage erhoben?«
    Â»Ja, natürlich. Er hat alles gestanden. Wird wohl auf
Totschlag hinauslaufen, wie es aussieht.«
    Â»Und Peter Stroh hatte nichts damit zu tun?«
    Â»Nein, gar nichts. Wir können froh sein, bei ihm alles
nach Vorschrift gemacht zu haben. Der hat seine Anwälte die ganze Sache prüfen
lassen.«
    Michael dachte an die Pension gegenüber vom Kink Klub,
in die er eingebrochen war. »Was ist mit Bernd Neubauer?«, fragte er. »Wie geht
es dem?«
    Â»Der ist inzwischen aus dem Koma erwacht. Sieht aber
nicht gut aus für ihn. Die Ärzte wollen sich nicht festlegen, wie seine Chancen
stehen. Mal sehen, wie er reagiert, wenn er erfährt, dass er beinahe einen
Unschuldigen getötet hätte.«
    Â»Das heißt, der Fall ist abgeschlossen?«
    Â»Ja, die Akten sind bei der Staatsanwaltschaft. Wieso
fragst du? Dachtest du, da kommt noch was hinterher?«
    Besser, er wog seine Worte genau ab. Er bewegte sich
auf dünnem Eis. »Wolfgang hat sich jedenfalls nicht bei mir gemeldet.«
    Â»Denkst du, ich schwärze dich an?«
    Â»Nein, natürlich nicht. Entschuldige.«
    Â»Das will ich auch meinen.«
    Kathrin hatte also geschwiegen. Anke wusste nicht,
dass Daniel sein Bruder war. Sie kannte die eigentliche Geschichte nicht,
genauso wenig wie Wolfgang. Kathrin hatte sein Geheimnis bewahrt.
    Â»Ich dachte nur, Wolfgang hätte auch so Wind davon bekommen.«
    Â»Davon kannst du ausgehen. Blöd ist er nicht. Aber der
Fall ist geklärt, alles ist wasserdicht, und es bleiben keine Fragen offen. Er
hat also nicht weiter nachgehakt. Du kennst ihn doch. Er hat ein strenges
Gesicht aufgesetzt und etwas
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