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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi
Autoren: Volker Backert
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Puls sich langsam beruhigte, wie die innere Verkrampfung mit jedem Atemzug nachließ und Ohnmacht und Beklemmung immer schwächer wurden.
    Mit geschlossenen Augen sog er die abgestandene Luft ein, roch Schweiß, Parfüm und Puder, roch Anspannung und Emotion … Seine Finger ertasteten weiches Gewebe, freudig erregt fühlte er seidig fließenden Stoff: Ein paar Stunden im Paradies lagen vor ihm, frei und ungestört, allein im Allerheiligsten. Hier würde niemand es wagen, ihn zu stören und zu belehren!
    * * *
    Die Reifen quietschten, als Kim kurz entschlossen den Mini Cooper in das Gässchen zwischen Palais Edinburgh und dem Landestheater lenkte und direkt vor dem Künstlereingang abstellte.
    Die Uhr im Display zeigte 01:08 Uhr.
    Nur schnell das Handy aus der Maske holen – Tür aufschließen, Licht an und rauf zur Garderobe.
    Eilig lief sie durch den langen Korridor. Die letzte Leuchtröhre ganz hinten im Gang flackerte nervös. Ihr Surren schien das einzige Geräusch in dem riesigen Gebäude zu sein … aber wie hatte ihr einstiger Choreograf immer geheimnisvoll geraunt: »A theatre never sleeps!«
    Der gute alte Sam aus New Orleans, damals an der Staatsoper im Schillertheater in Berlin. Kurz darauf fiel er der großen Einsparungswelle zum Opfer und verschwand spurlos. Ein paar Monate später fanden ihn ein paar jugendliche Kiffer im Keller einer alten Fabrikhalle.
    Erhängt.
    Angeblich war Sams Leiche bereits mumifiziert …
    Kims Schritte wurden schneller.
    Endlich, die Tür …
    * * *
    Alle Arroganz und Gehässigkeit, alles Böse und Feindselige waren Lichtjahre entfernt, hier war ein anderer Planet … 2.000 light years from home! Genießerisch strich er über das glänzende glatte Gewebe … kühler Satin auf seinem Körper, auf seiner nackten Haut … welche Erlösung aus Zwang und Enge …
    Sein Blick fiel in den Spiegel; kritisch beäugte er sein gerade begonnenes Make-up. Die weiße Theaterschminke war vielleicht doch etwas zu dick aufgetragen …
    Abwarten – erst mal den burgunderroten Lippenstift … Erwartungsvoll schürzte er seine Lippen, genoss es, den Stift wie in Zeitlupe sinnlich sanft entlanggleiten zu lassen … hin und her … immer wieder …
    Endlich schlug er die Augen wieder auf.
    Eisiges Entsetzen packte ihn, sprang ihn frontal aus dem großen Spiegel an: Mitten im kalkweißen Gesicht blutrote, wie von Kinderhand verschmierte Lippen – nur eine Fratze, eine gespensterhafte Fratze!
    Was machst du hier … DAS wird SIE herausbekommen, unter Garantie …!
    Die Tür wurde aufgerissen.
    Sein Herzschlag setzte aus.

Samstag
    18:29 Uhr – Landestheater Coburg
    Monika Jahn, mit achtundfünfzig Jahren die dienstälteste Garderobiere, summte vor Freude. Der heiß ersehnte Premierenabend, endlich war er da! »L’Orfeo« von Claudio Monteverdi, die historische Wiedereröffnung des ehrwürdigen Landestheaters, nach dem längsten Umbau der Coburger Theatergeschichte.
    Endlich kehren wir heim: Schluss mit der unwürdigen, jahrelangen Odyssee durch Fabrikgebäude, Theaterzelt und Turnhallen; wir sind wieder zu Hause, in unserem »Großen Haus« am Schlossplatz! Die Premiere war seit über einem Jahr ausverkauft, das ganze Haus auf Hochglanz gebracht.
    Jetzt schnell die Garderoben aufschließen, die ersten Künstler mussten jeden Moment eintreffen. Und dann gleich einen guten Platz am Fenster sichern, wenn der bayerische Ministerpräsident samt Gattin und Gefolge zum Festakt um neunzehn Uhr eintraf!
    Beschwingt klapperte sie mit dem Schlüsselbund, als sie um die Ecke bog und den engen Gang zu den Garderoben entlanglief. Seltsam: ein, zwei rostrote Flecken vor der Tür, hier noch ein kleinerer – wie konnte die Putzfrau so etwas gestern übersehen haben?
    Ärgerlich steckte sie den Schlüssel ins Schloss. Vor den Schminkspiegeln standen doch immer die weichen Kosmetiktücher …
    18:30 Uhr – A9 München–Nürnberg, Höhe Tennenlohe
    »Kruzitürken, foahr hoid zua!«, fluchte Herbert Wimmer leise. Der Chauffeur blickte unruhig auf die klassisch-elegante Analoguhr im Armaturenbrett, eine von vielen Sonderanfertigungen für den gepanzerten 7er BMW des Ministerpräsidenten. Achtzehn Uhr einunddreißig, und erst bei Tennenlohe. Um neunzehn Uhr begann der Festakt im Landestheater, und vor ihm, auf der einspurigen Fahrbahnverengung, zuckelte dieser elendigliche Kleintransporter. »Fränkischer Kren aus dem Knoblauchsland.«
    Wär alles kein Problem, dachte Wimmer grimmig, wenn die Gemahlin des Chefs
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