Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi
Autoren: Volker Backert
Vom Netzwerk:
in unserem Freistaat …«
    Salbungsvolle Routine, professionelles Politiker-Pathos. Charly schaltete automatisch auf Durchzug, nur noch einzelne Satzfetzen drangen zu ihm durch.
    »… ist es doch gerade Ihre sensible künstlerische Einfühlsamkeit auf allerhöchstem Niveau, liebe Frau Henderson … Dank und Anerkennung des Freistaates Bayern … darf ich Sie heute für Ihre großen Verdienste mit dem Bayerischen Maximiliansorden auszeichnen!«
    Im Blitzlichtgewitter des Riesensaals von Schloss Ehrenburg applaudierten dreihundertneunundneunzig geladene Gäste des Staatsempfangs, wie Charly, mit gefalteten Händen in die Runde blickend, interessiert feststellte. Sensible künstlerische Einfühlsamkeit auf allerhöchstem Niveau … mundus vult decipi …
    Die frisch dekorierte Nora Henderson tupfte sich ein unsichtbares Tränchen aus dem Augenwinkel. Professor Claus-Olaf Henze, in Frack und Fliege wie aus dem Ei gepellt, empfing Nora an ihrem Platz mit fürsorglich-liebevoller Umarmung. Erneutes Blitzlichtgewitter.
    »Was für ein schönes Paar!«, freute sich eine kleine silberhaarige Frau direkt vor Charly.
    Der Mann neben ihr nickte zustimmend. »Der kommt nächstes Jahr sicher in den Stadtrat! Kriegt Platz zwei oder drei auf unserer Liste.«
    Ein Fraktionsvorsitzender bedankte sich jetzt überschwänglich beim Ministerpräsidenten »für die großartige Unterstützung des Freistaats bei der Sanierung des Landestheaters … zweiundzwanzig Millionen vom Freistaat, nur acht Millionen von der Stadt …« Für ein Staatstheater, dachte Charly, muss die Stadt selbst Millionen zahlen. Während der Freistaat gleichzeitig für hundert Millionen ein neues Ägyptisches Museum in München errichtet … Es reichte.
    Charly orientierte sich nach hinten. Die Gelegenheit war günstig, keine knarrenden neuen Schuhe und höchstens zehn Schritte bis zum Ausgang.
    Von hinten zupfte ihn jemand am Ärmel. Löhlein – verstohlen reckte er den Daumen nach oben.
    »Diesmal klappt’s bestimmt mit der Beförderung … sehr gutes Gefühl!«, flüsterte er.
    »Freut mich … für dich, Heinz-Uwe!«
    Nichts wie raus hier.
    Und wie aus dem Nichts war plötzlich Barbara Antlkofer neben ihm und schlüpfte auf Zehenspitzen mit hinaus.
    »Gell, du hast auch nur drauf gewartet?«, fragte er.
    Sie lächelte ihm verschmitzt zu. »Scho …«
    Er atmete tief durch. Endlich wieder frische Luft.
    Am Reitstall blähte ein laues Lüftchen »mundus.vult.decipi. modernes tanztheater von nora henderson …« auf.
    Charly schaute auf die Uhr. »Noch vierzig Minuten bis zur Premiere. Komm, wir gehn die Treppe hoch auf die Arkaden.«
    Wortlos hakte sie sich bei ihm ein.
    Der Schlossplatz begann sich vor dem Landestheater bereits mit Autos zu füllen, eingewiesen von neongelb gewandeten Verkehrskadetten.
    »Hey, Papa!« Valerie kam strahlend auf ihn zu. Er drückte sie innig. »Hey, Töchterla … Geht’s dir gut?«
    »Alles okay. Endlich wieder!«
    Hinter Valerie stand das All American Girl aus New Jersey – Joyce, fröhlich und unbekümmert, ganz so, als ob nie etwas gewesen wäre.
    »Hi, Charly!« Küsschen links, Küsschen rechts.
    »Hi, Joyce«, brachte er mit leicht belegter Stimme hervor und fingerte nach dem Kuvert in der Innentasche seines Sakkos. »Hier. Ihr sitzt zwischen Staatssekretär Vöhringer und der Brennnesseltee-Brigitte aus dem Reformhaus.«
    »Hä?«
    »Na, die Lebensgefährtin von unserem Heinz-Uwe … Ach ja, noch was: Lass am besten Joyce neben Vöhringer sitzen!«
    »Wieso?«
    »Der sitzt im Verwaltungsrat des Amerikahauses … hat sicher noch irgendeine Stelle frei.«
    Joyce warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Danke, Charly … Dann hast du aber einen Wunsch frei«, zwinkerte sie ihm ungeniert zu. »Bis später …«
    Mundus vult decipi.
    »Schau dir die zwei da drüben an, ich werd verrückt!«
    Er zeigte auf ein Pärchen, das gerade aus einem schwarzen Škoda Fabia stieg.
    Corinna – und Bernie Winter, im seidig-schwarz schimmernden Showanzug, mit schmaler Krawatte und Stiefeletten.
    »Is des ned dei oider Spez’l?«
    »Freilich! Und meine platonische Jugendliebe Corinna aus Lichtenfels … jetzt professionelle Domina in Thüringen. Schau dir nur ihre unschuldig-weiße Robe an. Das ist heute ganz großes Kino, Barbara!«
    Gemeinsam stiegen sie die Steintreppe hinauf zu den Arkaden, einer kleinen Aussichtsplattform am Rand, hinter der sich der Hofgarten bis hinauf zur Veste erstreckte.
    »Und du willst es also mit deinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher