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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
Autoren: Michael Böckler
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Gegenleistung könntest du dich ein bisserl umhören und versuchen herauszufinden, was vor zehn Jahren wirklich passiert ist.»
    «Meine liebe Theresa, ich wüsste nicht, wovon ich mich erholen müsste. Ich tue seit Monaten nichts, was in irgendeiner Weise anstrengend wäre. Vielen Dank für deine Einladung, aber es würde nichts dabei herauskommen.»
    «Komm, gib dir einen Stoß!» Theresa sah ihn hoffnungsvoll an. «Nur ein bis zwei Wochen, ich komme für alle Kosten auf. Du kannst mir auch eine Honorarrechnung stellen, kein Problem.»
    Er schüttelte den Kopf. «Ein Honorar? Von dir? Nein, wirklich nicht, kommt nicht in Frage.» Dann fielen ihm wieder Frank ein und seine misslichen Außenstände. «Nun ja, einen kleinen Vorschuss würde ich schon akzeptieren.» Er hüstelte. «Aus rein formalen Gründen, um die Sache sozusagen offiziell zu machen.»
    Theresa griff zu ihrer riesigen Handtasche, die neben dem Tisch auf dem Boden stand, entnahm ihr einen Umschlag. «Hier, ist bereits alles vorbereitet. Ich hoffe, die Summe ist adäquat.»
    Emilio nahm den Umschlag entgegen und steckte ihn unbesehen ein. «Davon bin ich überzeugt.» Nach einer kurzen Pause, die in seiner Phantasie von den kräftigen Duftaromen eines Gewürztraminers überlagert wurde, fuhr er fort: «Aber wie stellst du dir das vor? Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte?»
    Wieder griff sie in ihre Handtasche und entnahm ihr eine schwarze Ledermappe. «Hier! Du kannst sofort anfangen. Ich habe alles Wesentliche zusammengestellt: das Untersuchungsprotokoll der Polizei und ein Bericht der Bergrettung. Eine Liste mit den Namen, Adressen und Telefonnummern seines damaligen Bekanntenkreises, jedenfalls so weit ich seine Freunde in Erfahrung bringen konnte. Ansprechpartner vor Ort, die dir vielleicht weiterhelfen können. Außerdem habe ich in einem Heft alles aufgeschrieben, was ich von Nikis Leben weiß, was er beruflich so gemacht hat, seine Hobbys und so weiter. Ich hoffe, du kannst meine Schrift lesen. Dazu die Kopien einiger Dokumente. Zeitungsartikel, die nach seinem Tod erschienen sind. Außerdem ein Reiseführer Südtirols und ein Wanderführer. Eine Bestätigung, dass du in meinem Auftrag Erkundigungen zum Tode meines Sohnes anstellst. Und die Adresse einer alten Freundin, bei der ich für dich ein Zimmer reserviert habe.»
    Er sah sie erstaunt an. «Du hast dir viel Arbeit gemacht», stellte er fest.
    «Ich sagte ja, es ist mir wichtig.»
    «Und ein Zimmer hast du auch schon reserviert? Du traust dich was. Darf ich fragen, ab wann?»
    Theresa lächelte. «Ab morgen. Ich dachte, wir sollten keine Zeit verlieren.»
    Emilio zuckte zusammen. «Wie bitte? Ab morgen?»
    Sie nickte. «Wir könnten heute Abend zusammen essen, dabei erzähle ich dir, was mir sonst noch alles zu Niki einfällt. Du kannst Fragen stellen. Und dann könntest du gleich morgen losfahren.»
    «Du bist verrückt.»
    «Bitte etwas Respekt. So spricht man nicht zu einer alten Dame, die dir mal die Windeln gewechselt hat.»
    «Du hast mir die Windeln gewechselt? Das wird ja immer toller.»
    «Na, siehst du, ich hab was gut bei dir.»
    Emilio konnte nicht anders, er musste lachen. Dann erbat er sich Bedenkzeit bis zum Abend. Was natürlich Unsinn war, den Vorschuss hatte er bereits eingesteckt. Sie tranken noch ein Glas Riesling-Sekt und verabschiedeten sich. Die Mappe mit den Unterlagen nahm er mit. Dabei fiel ihm ein, dass es auch in Südtirol sehr guten Riesling gab.

[zur Inhaltsübersicht]
    5
    Meran hat eine glanzvolle Geschichte als Kurstadt – was angesichts von unzähligen Reisebussen und Pauschalurlaubern gelegentlich in Vergessenheit gerät. Im 19. Jahrhundert war die Stadt am Zusammenfluss von Etsch und Passer eine noble Destination für die erschöpfte Oberschicht aus ganz Europa, für den Adel und für gekrönte Häupter. Luxuriöse Residenzen legen von dieser Epoche Zeugnis ab, zum Beispiel im Stadtteil Obermais mit seinen Villen und Ansitzen. Marco war die Geschichte von Meran scheißegal. Das nahegelegene Schloss Trauttmansdorff? Ein hässlicher Kasten! Kaiserin Elisabeth, die hier zweimal überwintert hatte? Die magersüchtige Sissi konnte ihm gestohlen bleiben! Der berühmte Botanische Garten? Etwas für verblödete Touristen, die nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wussten!
    In Obermais gab es viele Gärten. Marco lehnte an einem Zaun und wartete. Er tat so, als ob er in einer Zeitung las, tatsächlich beobachtete er eine Villa auf der anderen
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