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Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)

Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)

Titel: Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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seltsam nebulös. Wie aus einem Traum, aus dem sie gerade erwachte und den sie nun langsam vergessen konnte.

    Ihr gesamtes Inneres schien durcheinandergewirbelt zu sein. Sie wußte nur daß dieser Mann sie interessierte. Sie konnte nicht sagen weshalb. Es war einfach so. Und sie hatte nicht die Absicht, sich dieser Regung entgegenzustellen. Nein, ganz im Gegenteil. Sie freute sich darauf, ihn wiederzusehen.

    2.

    Robert hielt sein Versprechen und tauchte im Frühstücksraum des Hotel Massilia auf, als sie vor ihrem Milchkaffee und dem Weißbrot saß. Sie war gerade damit beschäftigt, sich die Marmelade auf das Brot zu streichen.

    Es war Kakteenmarmelade, und sie empfand sie als ziemlich bitter. Aber es gab hier nichts anderes.

    Er setzte sich zu ihr an den Tisch.

    „Guten Morgen, Elsa.“

    „Guten Morgen...“

    „Gut geschlafen?“

    „Es ging.“

    „Na ja, verständlich - nach dem, was gestern abend geschehen ist. Du solltest die Sache so schnell wie möglich vergessen.“

    „Ich versuche es. Ehrlich. Aber das ist leichter gesagt als getan. Ich habe einen ziemlichen Schrecken gekriegt...“

    „Wenn wundert's?“

    „Ich meine, man hat solche Dinge so oft im Kino oder im Fernsehen gesehen, aber wenn es einem dann selbst passiert. Das ist dann doch etwas ganz anderes.“

    „Natürlich.“

    „Möchtest du auch etwas frühstücken, Robert?“

    „Nein, danke. Ich habe schon.“

    Sie musterte sein Gesicht, während sie sich das Brot in den Mund schob und abbiß. In seiner Gegenwart fühlte sie sich sicher, vielleicht war das ihre wichtigste Empfindung ihm gegenüber.

    Sie fand ihn auch sonst als anziehend, aber dieses Gefühl war beherrschend.

    Bei einem Mann war für sie schon immer das Wichtigste gewesen, daß er ihr ein Gefühl von Sicherheit gab. Und daß er wußte, was er wollte und was zu tun war. Ein Mann, der vorausblickte, der Gefahren kommen sah, lange vor allen anderen.

    Sie sah in sein Gesicht und dachte: Ja, er weiß was er will. Dies war das Gesicht eines entschlossenen Charakters, der keinen Moment zweifelt. Jedenfalls nicht an sich. Am Rest der Welt vielleicht, aber nie an sich selbst und seiner Kraft, seiner Intelligenz und seiner Überlegenheit.

    Elsa war ganz anders.

    Sie zweifelte ständig an sich, an ihrem Aussehen, ihrer Figur, ihrem Charakter, ihren Fähigkeiten, ihrer Intelligenz..., an allem, was sie betraf. Alles schien perfekt und schön und gut und überlegen zu sein, nur sie nicht.

    Sie wußte nicht, woher das kam, und sie mochte auch nicht darüber nachdenken. Schon gar nicht in diesem Augenblick. Nein, in diesem Augenblick, als sie Robert gegenübersaß schon gar nicht.

    „Was machst du?“ fragte er plötzlich.

    Seine tiefe, ruhige Stimme... Ja, es war nicht nur das Gesicht, das ihr Sicherheit vermittelte. Es war auch diese Stimme. Ein Mann, der eine solche Stimme hatte, die kein bißchen unsicher klang, der mußte sich seiner Sache einfach sicher sein, der konnte keine Zweifel haben.

    Diese zersetzenden Zweifel. Sie verscheuchte diesen Gedanken erst einmal erfolgreich. Sie wußte ohnehin, wohin das führte. Geradewegs in eine Depression hinein.

    Sie wußte es, weil sie es schon so oft erlebt hatte. Und sie war dumm genug, es immer wieder mitzumachen.

    Ihr Arzt hatte ihr geraten, in eine psychologische Beratung zu gehen, aber sie hatte das empört von sich gewiesen.

    Roberts Stimme drang wie ein blitzendes Messer durch ihre trüben Gedanken und durchtrennte den Nebel, der in ihrem Inneren herrschte.

    „Was ich mache? Wie meinst du das?“

    „Beruflich meine ich.“

    „Ach so.“

    „Also?“

    „Ich studiere.“

    „Was?“

    „Germanistik und Kunst.“

    „Interessant.“

    Der Klang seiner Stimme hätte jedem anderen verraten, daß er es nicht besonders interessant fand. Aber sie hörte das nicht. Sie hatte einfach keine Ohren dafür.

    „Auf Lehramt?“ fragte er.

    „Ja. Erst habe ich ein Magisterstudium begonnen, aber jetzt bin ich umgestiegen.“

    „Warum?“

    „Man muß ja schließlich irgendwann auch einmal damit anfangen, sein eigenes Geld zu verdienen.“

    „Ja, das ist richtig.“

    „Und was machst du, Robert?“

    Sie hörte ihre Stimme seinen Namen sagen, und auf einmal klang das, was über ihre Lippen kam, ihr selbst fremd. Sie blickte auf, direkt in seine hellblauen Augen. Und sie dachte: stell ihn dir mit grauen Haaren vor, dann könnte er dein Vater sein.

    Aber er hatte keine grauen Haare.

    Und er war auch nicht
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