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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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zwischen Herstellern von Luxus und Komfort immer härter wurde. Wie wäre es, wenn die Unsterblichen vernichtet würden?
    Und doch, dachte er, allmählich wieder nüchtern werdend, und doch stand nicht etwas darüber im Wolgren? Nein, nicht im Wolgren. Sondern irgendwo in einer statistischen Theorie. Etwas über zufällige Bewegungen. Die Brownsche Bewegung der Moleküle? Das hatte Master Carl angenommen, fiel ihm ein. Die Torkelei des Betrunkenen – die ziellose Bewegung von einem festen Punkt aus, die immer langsamer, asymptotischer wurde, aber nie aufhörte. Eine gradlinige Bewegung hatte immer ein Ende; wenn die Unsterblichen sie lenkten, konnte sie nur so weit reichen, wie sie sie zulassen konnten. Sie waren nicht die Zukunft, erkannte er klar und deutlich. Keine übermächtige Kraft war die Zukunft; ein Hundezüchter konnte Hunde nur bis zu seiner eigenen Spezialisierung züchten, er konnte es der Spezies nicht ermöglichen, sich frei und endlos fortzupflanzen; und – Cornut, sagte ein schrilles wütendes Winseln in seinem Gehirn.
    Von Panik ergriffen packte er die Arzneiflasche Brandy und löschte die Stimme mit einem Schluck aus.
    Die Flasche ging langsam zur Neige. Sie mußten sich beeilen. Sie wagten es nicht, nüchterner zu werden.
     
    Senator Dane machte eine wütende Bewegung und stieß in Gedanken einen Fluch aus, der die Gesellschaft zum Lachen brachte. Lacht gefälligst nicht, ihr verdammten Narren, dachte er. Ich habe sie schon wieder verloren.
    »Süßer«, singsangte der uralte Backfisch aus Südamerika, Senhora Sant’ Anna. »Eiasantpanna. Weine nicht.« Das Gedankenbild eines fetten weinenden Babys mit Danes Gesicht.
    Pistolenfeuer, Senhora Sant’ Anna von tausend Schwertern durchbohrt, dachte der Senator.
    Nicht ich. »Warum machst du mir bange?« Gekicher.
    Du wirst bald unter der Erde lachen. Das Bild eines namenlosen Grabes. Eine obszöne Geste des Senators; aber in Wirklichkeit hatte auch er keine Angst. Er suchte mit seinen Gedankenwellen Cornuts Verstand, aber nur noch verzagt, und als er ihn nicht finden konnte, projizierte er das Gedankenbild eines torkelnden, kotzenden Betrunkenen, das ihnen ein Lächeln entlockte. Der Senator schleuderte sofort einen schmerzhaften Gegenstand gegen einen seiner schwarzen Diener und wartete fröhlich darauf, daß dieser ihm seine Süßigkeiten bringe.
    Senator Dane trank nie, aber er hatte die Kurzlebigen beim Trinken beobachtet, er wußte, was das Trinken bewirken konnte. Manchmal erlangten die Unsterblichen die gleiche selektive Befreiung durch Alkaloide. Genügend Alkohol, um die Selbstmordkontrolle auszulöschen, dessen war er sicher, würde auch die automatischen Reflexe auslöschen. Sie würden miteinander zusammenstoßen. Bestimmt würden sie diesen Ort nie finden – obwohl Masatura-sans Sinn ungeheuer klar gewesen war und es möglicherweise irgendwo ein Leck gegeben hatte, und – nein. St. Cyr hatte persönlich Masatura-sans Stamm für die Aufgabe der Ausrottung ausgesucht. Niemand konnte irgend etwas vor St. Cyr geheimhalten. Und der Ort war so gut wie unauffindbar.
    So gut wie. Es war früher ein Hotel gewesen, das solchen als Zufluchtsort diente, die die Öffentlichkeit meiden mußten; sie hatten es von einem Gangster erworben, der es seinerzeit von seinen (mehr oder weniger) legalen Erbauern erworben hatte. Der Gangster war lästig gewesen, so daß der Unsterbliche, der ihn tötete, sich recht ehrenhaft vorkam, denn er ermordete einen Mörder.
    Keine Straßen führten mehr zu dem Hotel, und es gab keine andere Behausung im Umkreis von zwanzig Meilen. Das war kostspielig gewesen, aber die Unsterblichen wußten seit einem halben Jahrhundert, daß dieser Sturm sich zusammenbraute, und hohe Ausgaben hatten sie bei keinem ihrer Pläne gescheut. Es waren Zimmer für alle vorhanden, fünfundsiebzig Unsterbliche aus der ganzen Welt, »Kinder« von Sechzig oder Fünfundsechzig, der älteste von allen ein Mann, der zu Caligulas Regierungszeit geboren wurde. (Es gab, wegen des geringen Beitrags des öffentlichen Gesundheitsdiensts zu ihrer Lebensdauer, nur sehr wenige, die vor dem 20. Jahrhundert geboren waren; aber diese wenigen schienen nicht gewillt zu sein, je zu sterben.) Es gab Frauen, die es durch wiederholte Schönheitsoperationen fertiggebracht hatten, zumindest von weitem ein jugendliches Aussehen zu bewahren. Es gab offensichtlich alte, wie St. Cyr mit seiner Zyanose und seinen Narben, der untersetzte alte Römer mit seinen großen,
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