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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde
Autoren: H Nygaard
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den Mund.
    »Als Beamter habe ich dem Staat meine Seele verkauft.
Und meine Zeit.«
    Der Kriminaldirektor lächelte mild. Er kannte Lüders
und wusste, dass es manchmal schwierig war, dem kantigen Mann eine klare
Antwort zu entlocken.
    »Gut«, entschied er. »Hören Sie sich die Sache einmal
an und erstatten Sie mir morgen früh Bericht, wie sich der Fall entwickelt
hat.«
    »Willkommen an Bord«, begrüßte Kremer das neue
Mitglied im Ermittlungsteam.
    »Hoffentlich bleibt das Fahrwasser ruhig, wenn ich
mitfahren muss. Ich bin zwar seefest, kann es aber nicht gut leiden, wenn
andere Mitsegler ständig am Spucken sind, weil sich der Törn zunehmend in raue
See begibt«, kommentierte Lüder Lüders sein neues Engagement.
    *
    Böttcher, der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes,
hatte die beiden Kripobeamten über das Werftgelände geführt.
    Wer noch nie einen großen Schiffbaubetrieb von innen
gesehen hat, ist erstaunt über das scheinbare Durcheinander. Es herrschte eine
hektische Betriebsamkeit wie in einem Ameisenhaufen: Lkws, Gabelstapler mit
quer stehenden Lasten, andere Flurförderfahrzeuge, dazwischen jede Menge
Menschen.
    Die Arbeiter, erkennbar an ihrer grauen Kluft und den
gelben Schutzhelmen, traten fast immer in Rudeln auf. Sie schleppten ihre
persönlichen Gegenstände, aber auch die Werkzeuge, in groben Zampelbüdel mit
sich herum. Wer sich an der zentralen Materialausgabe ein Werkzeug auf seinen
Namen besorgt hatte, achtete darauf, dass er es nicht aus den Augen verlor. Es
war sonst unwiederbringlich verschwunden, und der Mann musste persönlich für
den Verlust einstehen.
    Zwischen diesem Gewimmel huschten Angestellte und
Techniker über das Gelände, die es gewohnt waren, von einer entgegenkommenden
Arbeiterkolonne mit Schmähungen begrüßt zu werden. Gemeinhin lachten alle über
die derben Scherze. Auch die wenigen Frauen, die sich in das Gewimmel stürzten,
sahen über die Verbalattacken hinweg, wussten sie doch, dass sich außer einem
Bellen nichts weiter dahinter verbarg.
    Vollmers staunte besonders über die Stapel von
Stahlplatten, die im Freigelände lagerten und mit ihrem Rostüberzug für den
Laien wie Schrott aussahen. Ein Außenstehender würde nie verstehen, wie die
Fachleute in diesem Tohuwabohu jederzeit die richtige Stahlplatte in exakt den
vorgegebenen Ausmaßen wiederfinden konnten.
    Böttcher begleitete sie in ein Gebäude, dessen Eingang
von einem uniformierten Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes bewacht wurde. Sie
mussten ihre Ausweise ein weiteres Mal vorlegen und sich eintragen lassen.
    Von dem Flur ging eine Tür ab, deren Türschild auf
ihren nächsten Gesprächspartner hinwies: »Dr. Ing. Sönke Vollquardsen,
Bereichsleitung Marinetechnik« war dort zu lesen.
    Böttcher klopfte an der Tür des benachbarten Büros und
trat ein. Er wirkte fast schüchtern, als er sich an die ältere der beiden dort
arbeitenden Frauen wandte.
    »Ich habe eben mit Ihnen telefoniert. Hier sind zwei
Herren von der Polizei, die mit Herrn Dr. Vollquardsen sprechen möchten.«
    Die dezent geschminkte Mittfünfzigerin mit den
brünetten Haaren und einer langen Perlenkette über der cremefarbenen Bluse sah
auf.
    »Ich weiß Bescheid«, sagte sie. »Nehmen Sie bitte
Platz. Herr Dr. Vollquardsen ist noch im Gespräch.« Dabei wies sie auf eine
kleine Sitzgruppe in der Ecke des Raumes. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Gern, wenn es keine Umstände bereitet«, antwortete Vollmers.
Die Frau warf ihrer Kollegin, einer blassen Angestellten, die sich hinter einem
Bildschirm versteckt hatte, einen Blick zu. Die Jüngere verstand auch ohne
Worte, dass es ihre Aufgabe war, diese Dienstleistung zu verrichten.
    Die beiden Beamten nahmen Platz. Auch Böttcher wollte
sich hinsetzen, als die Brünette mit schneidender Stimme entschied: »Ich
glaube, Ihre Anwesenheit ist bei diesem Gespräch nicht erforderlich.«
    Der Mann vom Sicherheitsdienst verharrte für den
Bruchteil einer Sekunde in der hockenden Stellung, richtete sich dann wieder
auf und ging zur Tür. »Wenn Sie mich noch benötigen, können Sie mich jederzeit
ansprechen.« Dann verschwand er in den Flur.
    Der Kaffee war heiß und gut und wurde stilvollendet
auf einem kleinen Tablett serviert. Nicht einmal der Begleitkeks fehlte.
    Es dauerte noch zwanzig Minuten, bis die Brünette
aufstand, ohne dass Vollmers und Horstmann mitbekommen hatten, in welcher Weise
sie eine Nachricht erhalten hatte.
    »Wenn Sie mir bitte folgen würden«, bat sie und ging
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